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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition)
Autoren: Alfred Döblin
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einen Schrei aus, aber zu seinem Entsetzen fuhr ein greuliches Gebell aus seiner Kehle. Als er sich umdrehte nach seinen Freunden, liefen da zwei starke Bulldoggen; er selbst wedelte mit dem Schwanz, war ein rippendürrer brauner Fleischerhund, der sich die Brust begeiferte. An einem Galgen unweit des Orts hat man später die drei Hunde erschlagen und eingescharrt.
    Der Grasboden federte unter den Tritten der Pferde, sie fielen in ruhige Gangart. Die Erde wurde weich, spitze Halme stellten sich mit rauhen Scheiden auf, scharrten an den Pferdehälsen. Die Hufe planschten in Pfützen, das schwarze Wasser spritzte an den Bug der Tiere, über die Beine der Herren. Der weiße Windhund Ferdinands, ebenmäßiges hohes Gebäude mit langen Behängen, lief spielend. Als sie die Schlagbrücke hinter sich hatten, die wüste Uferfläche des Untern Werd durchritten, kreischte Jonas, auf einem Maulesel kläglich nachtrabend, jenseits zwischen den Halmen fast verschwindend, streckte am Häuschen des Brückenwärters Arme und Beine nach ihnen aus: »Weh, weh!« Zwei Herren trabten zu ihm. Seine braune Bergmannsgugel mit dem Hahnenkamm schüttelte sich heftig, die hohen Eselsohren klatschten herum. »Ich nehme Abschied von Wien. Nehmt Abschied mit mir.« Und zottelte über die schallende Brücke, schwenkte drüben vor den wartenden Reitern sein Mäntelchen, listig lächelnd, spitz lachend, schlug die Klapper. Die Donau lag vor ihnen, ein feuchtwarmer Wind blies herüber. »Stäubt ab, edle Herren. Nehmt nichts mit von Wien. Versagt es der ehrbaren Stadt nicht, ihr Hab und Gut wieder zu erstatten, die Häscher könnten sonst hinter uns kommen.« Sie folgten belustigt, schaukelten Umhang und Überwurf gegen den rollenden Fluß. Ferdinand sah das braune verwachsene Geschöpf scharf an, gab ihm nach einer Weile seinen Achselmantel. Unter Verbeugungen gegen das breite Gewässer, gegen den Stephansdom und die starken Basteien schüttelte der Wicht das bestickte Tuch, klopfte es zärtlich mit seiner Klapper, übergab es dem nachdenklichen Herrn. Es sei nunmehr sauber, kehlte er gedämpft und versöhnlich, frei vom Staub des Hohen Marktes, der Freyung, Bendlergasse, des Grabens und – des Hohen Rates. Ein Peitschenschlag des Stallmeisters brachte ihn auf sein Grautier.
    Neben der Buchenallee, die sie ritten, erhoben sich Hügel mit dichtem Unterholz. Vorsichtig gingen die Herren das Gestrüpp an, dann schleuderten die Pferde unter den Asthieben die Köpfe, ihre Zungen warfen unruhig das Trensengebiß, sie drängten kauend zurück vor dem Finstern, strauchelten, bogen auf den Weg. Auf den hochbeinigen Tieren tanzten die glänzenden Herren, von Windstößen gefangen und freigegeben, zwischen Schwarzdornhecken Ochsenzäunen über die Wiesen. Sie kehrten nicht ein in die Meierei vor Schrems. Ferdinand schien es vor Ungeduld nicht auszuhalten, im Steigbügel schluckte er ein Glas saure Milch. Über Sturzäcker, durch lichtes Stangengehölz. Schwarzbeinig gegen die Luft auf einem Hügel der Hundegalgen mit drei Standbalken.
    Bei seinem Anblick war der Kaiser wie ausgewechselt. Sie gingen neben ihren abwärts schnüffelnden raffenden Tieren um das leere Gestell. Übermütig bellte der antrottende Tafelrat auf dem Esel. Graf Paar, ernst, blondbärtig, blauer Samthut, blaue Kniebänder, führte die Pferde, die mit zuckenden Lippen gebückt zu weiden begannen. Man beschloß, sich ins Gras zu legen, zu schmausen. Paar und der Narr liefen nach Hoheneich hinauf. Auf einem kleinen Leiterwagen schleppten sie nach einer halben Stunde den erschrockenen Diakon im Chorhemd auf die stille Wiese nebst zwei verschüchterten Scholaren, hoben herab ein Tönnchen Wein, Gläser Teller, ganze Schinken, rohe Eier, Lattich. Den Wagenplan rissen die Herren herunter, der Kaiser aber wollte nicht darauf sitzen, er knipste Grasspitzen ab, schnellte seinen Begleitern Blumenköpfe ins Gesicht, zerblies vorsichtig Pusteblumen und war, ehe der Karren mit Butter Salz Brot angetrieben war, sitzend am Galgen eingeschlafen. Sein gelbfahles, faltiges Gesicht im Schlaf so freundlich, daß es schien, als unterhielte er sich im Traum mit Kindern. Der Windhund beschnüffelte ihn, schob seinen Hut mit der langen Schnauze vom Schoß herunter, streckte sich mächtig aus, die Vorderpfoten auf den Jagdgamaschen Ferdinands.
    Eine straffe ältliche Gestalt in Schwarzbraun mit Silberschnüren lehnte an einem Birnbaum, den starken aschfarbenen Kinnbart zupfend, ließ den Hut auf die Erde fallen,
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