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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor
Autoren: Tom Holt
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sie stürben?), und zwischen diesen beiden besorgniserregenden Gedankengängen, die durchaus miteinander in Konflikt standen, schlief ich ein.
    Mitten in der Nacht wurde ich von einem höchst beängstigenden Geräusch geweckt. Phaidra wachte ebenfalls auf und warf aus reiner Angst die Arme um mich, und als ich begriffen hatte, daß sie es war und nicht der schwerbewaffnete syrakusische Reiter, von dem ich einen Alptraum gehabt hatte, fühlte ich mich ausgesprochen mutig und sagte ihr, sie brauche sich keine Sorgen zu machen, da ich sie beschützen werde.
    »Fabelhaft«, entgegnete sie. »Und wovor?«
    »Vor dem Verursacher dieses Geräuschs.«
    »Blödmann«, erwiderte sie, wobei sie sich von mir losmachte. »Schlaf weiter.«
    Es gab ein zweites schreckliches Krachen, direkt draußen vor der Haustür, gefolgt von verwirrten Schreien in nicht unerheblichen Ausmaß. Mein erster Trieb riet mir, mich unter dem Bett zu verstecken, aber genau dieses 415
    Verhalten wurde von einem Mann erwartet, der nicht nach Sizilien zog. Außerdem wollte ich vor Phaidra nicht als Feigling dastehen, da sonst das gemeinsame Leben mit ihr in den nächsten ein, zwei Wochen unerträglich geworden wäre. Ich legte also einen Umhang um, holte mein Schwert und steckte den Kopf zur Haustür hinaus.
    Als erstes sah ich meine kleine Hermesstatue mit abgeschlagenem Kopf und Phallos auf der Seite liegen. Ich bin kein mutiger Mensch, aber für diese Statue hatte ich eine Menge Geld bezahlt, nachdem bereits ihr Vorgänger zerstört worden war, und ich wollte mit der verantwortlichen Person ein Wörtchen reden. Ich blickte die Straße hinauf und hinunter, aber niemand war zu sehen; nur Mondlicht, ein paar streunende Hunde und eine kleine Lache mit frisch Erbrochenem. Also eine Nacht wie jede andere in der mit einer violettfarbenen Krone geschmückten Stadt der Musen.
    Ein vernünftiger Mensch hätte ungeniert geflucht und wäre wieder zu Bett gegangen. Ich aber schlang mir den Umhang um den Arm, ergriff fest mein Schwert und machte mich an die Verfolgung. Denn ich hörte direkt hinter der Ecke splitternde Geräusche; also war der Attentäter noch nicht weit gekommen. Auf den Sohlenrändern gehend, schlich ich mich leise um die Ecke und erblickte eine Bande stark betrunken aussehender junger Männer, die gerade die Statue vor dem Haus eines gewissen Kornhändlers namens Philopsephos verstümmelten.
    Es waren ziemlich viele, und einige von ihnen waren recht groß, und Betrunkene können furchtbar brutal sein.
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    Ich kam zu dem Schluß, daß Kallikrates recht hatte: Bei einem Menschen, der sich alles Erdenkliche einfallen läßt, um am Krieg teilnehmen zu dürfen, kann etwas mit dem Gehirn nicht ganz in Ordnung sein. Deshalb wollte ich mich unauffällig zurückziehen, aber unglücklicherweise hatte ich etwas zu lange damit gewartet. Einer der angeheiterten Steinmetze hatte mich entdeckt und brüllte nun seinen Freunden etwas zu.
    Wie schaffen es Betrunkene, so schnell zu laufen? frage ich mich immer wieder. Bevor ich die wenigen Meter bis zu meiner Tür zurücklegen konnte, hatten sie mich eingeholt, und ich fuchtelte drohend mit meinem Schwert nach ihnen, als wäre ich Achilles persönlich. Einer von ihnen gab ein unflätiges Geräusch von sich und nahm es mir ab, und ein zweiter ergriff von hinten meine Arme.
    »Ich sagte, keine Zeugen«, sagte hinter mir eine Stimme in einer unartikulierten Aussprache. »Wir werden ihm die Kehle durchschneiden müssen, egal, wer es ist.«
    »Gute Idee!« johlte der Mann, der mir das Schwert abgenommen hatte. Er war ein großer Mensch mit Glatze, und ich erkannte seine Stimme wieder.
    »Das wäre ganz typisch für dich, Aristophanes, Sohn des Philippos«, sagte ich, »eine im Rausch angezettelte Rauferei als Vorwand für die Ermordung deines Hauptkonkurrenten zu benutzen.«
    »Ach, du meine Güte!« stöhnte Aristophanes. »Das bist doch nicht etwa wieder du, oder?« Er musterte mich von oben bis unten und gab dann eine Art Winseln von sich, wie ein Hund, der einen Leckerbissen haben will. »Meine 417
    Herren, was zuviel ist zuviel!« protestierte er, an seine Freunde gewandt. »Jedesmal, wenn ich in dieser Stadt ein bißchen Spaß haben will, taucht dieser Fiesling auf und steht mir im Weg. Wirklich, langsam ist das kein Witz mehr. Schafft ihn bitte fort, und schneidet ihm den Kopf ab!«
    »Wer ist das denn überhaupt?« wollte der Mann hinter mir wissen.
    »Ich heiße Eupolis«, klärte ich ihn auf. »Und als
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