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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor
Autoren: Tom Holt
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ihre Taille und log: »Du hast zugenommen.«
    »Nein, das habe ich nicht!« widersprach sie. »Und nimm gefälligst deine Hände von mir weg.«
    »Tut es weh?« fragte ich.
    »Ja, und dein letztes Stück war bisher das schlechteste von allen. Ich habe mich so geschämt, daß ich tagelang nicht vor die Tür gegangen bin.«
    »Und was hast du die ganze Zeit über getan?« fragte ich.
    »Bist du drinnen geblieben und hast das Trinken nachgeholt?«
    »Wer sagt denn, daß ich mir bei dem bißchen Geld, das du mir schickst, Wein überhaupt leisten kann?« Sie 391
    versuchte zu lächeln, aber es verursachte ihr zuviel Schmerzen. »Sieht es sehr schlimm aus?«
    »Nein.«
    »Lügner.«
    »Du siehst aus wie Medusa. Sowohl bevor als auch nachdem sie verwandelt wurde.«
    Selbst Phaidra fiel darauf keine Antwort ein, darum blickte sie verlegen auf das Halsband und strich darüber.
    Es war das kostbarste Geschenk, das ich ihr jemals gemacht hatte.
    »Wo hast du diesen Ramsch her?« wollte sie wissen.
    »Falls du erwartest, daß ich mich damit in der Öffentlichkeit zeige, irrst du dich aber gewaltig.«
    »Du kannst mich mal«, erwiderte ich.
    »Und was fällt dir eigentlich ein, gegenüber meinem Onkel so unhöflich zu sein?«
    »Der kann mich auch mal.«
    »Wie ich annehme, werde ich mich wohl damit abfinden müssen, daß du mir von nun an den ganzen Tag wieder im Weg stehst«, flüsterte sie. »Ganz zu schweigen von deinen widerlichen Freunden.«
    »Für mich wird es genauso schlimm, wenn ich nach Hause komme und deine Liebhaber aus ihrem Versteck unter dem…«
    Das waren die falschen Worte. »Das ist ja wohl kaum zu erwarten, nicht wahr?« unterbrach sie mich und zog sich 392
    von mir zurück. »Es sei denn, ich gehe nur noch mit Blinden ins Bett.«
    »Entschuldige, Phaidra, ich habe nicht nachgedacht.«
    Sie versuchte zu lachen. »Was ist los, Eupolis? Hast du deine Schlagfertigkeit verloren, oder bist du jetzt im Theater so wichtig, daß du nicht mal mehr eine geistreiche Beleidigung für deine arme, häßliche Frau übrig hast? Sag bloß nicht, daß dir zu guter Letzt die Witze ausgehen.«
    »Du kennst mich genau, Phaidra«, erwiderte ich,
    »Eupolis, kein Kind von Traurigkeit. Immer lustig, der junge Eupolis, insbesondere, wenn man ihm kräftig genug in den Hintern tritt.«
    Sie setzte sich aufs Bett und nahm das Halsband ab.
    Zunächst dachte ich, sie wolle es auf den Boden werfen, doch sie saß einfach da und hielt es in den Händen, als wäre es ein toter Vogel. »Was willst du bloß von mir?«
    fragte sie schließlich.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich.
    »Na ja, viel kann es nicht sein, stimmt’s? Schau mich an, ja? Ich bin eine häßliche Frau mit einem toten Kind, und selbst du wirst meinen Anblick nicht lange ertragen können. Ich kann für dich die Diebe abschrecken, aber nicht viel mehr.«
    »Du bist alles, was ich verdiene«, entgegnete ich, wobei ich mich neben sie setzte. Ich wollte ihre Hand nehmen, aber davor hatte ich Angst. »Hör mir bitte einen Augenblick zu, ja? Du kennst doch die Geschichte von dem ersten Mann, der, nachdem ihn die Götter geschaffen 393
    hatten, so glücklich und zufrieden war, daß sie fürchteten, er werde sie nicht mehr brauchen, weshalb sie sich entfernten und die erste Frau schufen. Also, ich glaube, die Götter haben uns dazu gebracht zu heiraten, damit wir jeder jemanden haben, den wir statt uns selbst hassen können. Uns beide haben sie sogar eigens mit schiefen Gesichter ausgestattet, weil sie sichergehen wollten, daß wir nie mit jemand anderem durchbrennen. Darum glaube ich…«
    »Ach, jetzt hör mal auf damit«, unterbrach mich Phaidra.
    »Von diesem ganzen Gejammer kriege ich nur Kopfschmerzen.« Sie warf mir einen Blick zu, den ich nie vergessen werde; Verachtung, Mitleid und noch etwas anderes, wodurch sie schöner als je zuvor aussah. »Du weißt nie, wann du mit dem Reden aufhören mußt, was?«
    »Also willst du mich zurückhaben?«
    »Ich kann mich nicht daran erinnern, dich als erste rausgeworfen zu haben«, antwortete sie. »Schließlich bist du es gewesen, der nach Pallene spazierte und lieber Löcher in die Berge grub, als mit seiner Frau zu schlafen.
    Du bist es gewesen, der mich in unserer Hochzeitsnacht nicht anrühren wollte. Und soweit ich mich erinnern kann, bist du es auch gewesen, der nicht einmal kommen wollte, um sein eigenes Kind zu sehen.« Sie schüttelte betrübt den Kopf und seufzte: »Ach, Eupolis, warum bist du nur solch ein furchtbarer
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