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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer
Autoren: Henning Mankell
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vereinbart. Obwohl er die Wohnung aufräumen mußte, blieb er im Bett liegen.
     
    Er hatte wieder geträumt. Von Martinsson. Sie waren wieder auf dem Markt von Kivik. Eine Geschichte, die inzwischen sieben Jahre zurücklag. Im Traum war alles so, wie es damals gewesen war. Sie hatten nach mehreren Personen gesucht, die einen alten Landwirt und seine Frau getötet hatten. Plötzlich hatten sie sie
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entdeckt, an einem Stand, an dem gestohlene Lederjacken verkauft wurden. Es war zu einem Schußwechsel gekommen. Martinsson hatte einen der Männer in den Arm geschossen, vielleicht auch in die Schulter. Und Wallander hatte den zweiten hinunter zum Strand verfolgt. Soweit war der Traum die exakte Wiedergabe dessen, was damals geschehen war. Aber dann, unten am Strand, hatte Martinsson plötzlich seine Waffe erhoben und auf ihn gerichtet. In diesem Augenblick erwachte er.
     
    Ich habe Angst, dachte Wallander. Angst davor, daß ich genaugenommen nicht weiß, was meine Kollegen wirklich denken. Ich habe Angst davor, daß mir die Zeit davonläuft. Daß ich ein Kriminalbeamter bin, der weder versteht, was seine Kollegen denken, noch was in Schweden vor sich geht.
    Lange lag er wach. Ausnahmsweise fühlte er sich ausgeruht. Aber als er anfing, an seine Zukunft zu denken, befiel ihn eine andere Art von Müdigkeit. Würde es so weit kommen, daß ihn davor graute, morgens zur Arbeit ins Präsidium zu gehen? Wie würde er dann die Jahre, die ihm noch blieben, durchhalten?
    Mein ganzes Dasein besteht aus Zäunen und Mauern, dachte er. Ich habe sie nicht nur in mir. Sie existieren auch nicht nur in den Computern und Netzwerken. Sie sind auch im Polizeipräsidium, zwischen mir und meinen Kollegen, nur daß ich es bisher nicht gemerkt habe.
    Gegen acht Uhr stand er auf, trank Kaffee, las die Zeitung und brachte die Wohnung in Ordnung. Er bezog das Bett in Lindas altem Zimmer und stellte um kurz vor zehn den Staubsauger weg. Die Sonne schien, und sofort war er besserer Stimmung. Er fuhr zu seinem Autohändler in der Industrigata und wurde mit ihm handelseinig. Es wurde wieder ein Peugeot. Ein 3o6, 96er Modell, wenig gelaufen, mit nur einem Vorbesitzer. Tyrén, der Händler, machte ihm noch einen guten Preis für seinen alten Wagen. Um halb elf fuhr Wallander davon. Den Wagen zu tauschen gab ihm immer ein Gefühl von Befriedigung. Als wenn er sich sauber schrubbte.
    Weil noch Zeit war, bis er in Sturup sein mußte, fuhr er nach Österlen hinaus. Er hielt vor dem alten Haus seines Vaters in Löderup. |566| Als er sah, daß das Haus leer war, bog er auf den Hof ein. Er klopfte an die Tür, doch niemand kam und machte auf. Dann ging er zu dem Nebentrakt, in dem der Vater sein Atelier gehabt hatte. Die Tür war unverschlossen. Er öffnete und trat ein. Alles war umgebaut. In den Zementfußboden war ein Schwimmbassin eingelassen. Von seinem Vater war keine Spur mehr vorhanden, nicht einmal der Duft von Terpentin war mehr zu spüren. Jetzt roch es statt dessen nach Chlor. Einen Augenblick lang empfand er dies als Kränkung. Warum durfte die Erinnerung an einen Menschen so vollständig ausgelöscht werden? Er ging wieder nach draußen. Neben dem Haus lag ein Haufen Gerümpel. Er trat hinzu. Fast ganz begraben unter Zementklumpen und Erde lag der alte Kaffeekessel seines Vaters. Er grub ihn behutsam aus und nahm ihn mit. Als er vom Hof fuhr, tat er dies in der festen Gewißheit, nie mehr zurückzukehren.
    Von Löderup aus fuhr er nach Svarte, wo Gertrud jetzt bei ihrer Schwester lebte. Er trank bei ihnen Kaffee und lauschte zerstreut ihrem Geplapper. Seinen Besuch in Löderup erwähnte er nicht.
    Um Viertel vor zwölf fuhr er nach Sturup. Als er das Flughafengebäude betrat, war es noch immer eine halbe Stunde bis zur Landung der Maschine aus Stockholm.
    Wie jedesmal, wenn er Linda treffen sollte, war er nervös. Er fragte sich, ob es immer so war, daß Eltern sich von einem bestimmten Zeitpunkt an vor ihren Kindern fürchteten. Er wußte es nicht. Er trank einen Kaffee. Plötzlich entdeckte Wallander Ann-Britts Mann mit seinen Monteurtaschen, auf dem Weg zu einem fernen Reiseziel. Er war in Begleitung einer Frau, die Wallander nicht kannte. Wallander fühlte sich sofort stellvertretend für Ann-Britt gekränkt. Damit der Mann ihn nicht entdeckte, setzte Wallander sich an einen anderen Tisch und drehte ihm den Rücken zu. Er wunderte sich über seine Reaktion, konnte sie aber nicht erklären.
    Gleichzeitig begann er an die rätselhafte
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