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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer
Autoren: Henning Mankell
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die Gedanken waren da, sie kamen und gingen und ließen ihn nicht in Ruhe.
    Ausnahmsweise war Wallander der letzte, der das Sitzungszimmer betrat. Er begrüßte Forsman und erkannte sein Gesicht von dem Seminar wieder, an dem sie beide teilgenommen hatten. Hans Alfredsson war nach Stockholm zurückgekehrt, und Nyberg lag mit Grippe im Bett. Wallander setzte sich. Sie begannen, das umfangreiche Ermittlungsmaterial durchzuarbeiten. Erst um ein Uhr waren sie bei der letzten Seite angekommen und beendeten die Sitzung. Sie konnten einen Schlußstrich ziehen.
    In den drei Wochen, die seit dem dramatischen Schußwechsel vor dem Geldautomaten vergangen waren, war das Geschehen, das bis dahin teilweise unklar war und sich ihrer Einsicht entzog, überschaubarer und greifbarer geworden. Wallander hatte bei verschiedenen Gelegenheiten feststellen können, wie recht sie in vielem gehabt hatten, obwohl es sich häufig eher um riskante Mutmaßungen gehandelt hatte als um Resultate auf der Grundlage handfester Fakten. Und niemand konnte Robert Modins Verdienst bezweifeln. Er war es gewesen, der die Firewall identifiziert und Wege durch sie hindurch gefunden hatte. In den vergangenen Wochen hatten sie einen ständigen Strom von Information aus dem Ausland verzeichnen können. Schließlich war es möglich gewesen, das Komplott zu durchdringen und seinen Umfang zu erkennen.
    Der tote Mann, der Carter hieß und aus Luanda kam, hatte eine Identität und eine Geschichte bekommen. Wallander glaubte jetzt die Antwort auf die Frage gefunden zu haben, die er sich so oft gestellt |555| hatte:
Was war eigentlich in Angola geschehen?
Jetzt wußten sie zumindest, wie der äußere Rahmen ausgesehen hatte. Falk und Carter waren sich in den siebziger Jahren in Luanda begegnet, vermutlich durch Zufall. Was dann geschah und was während ihrer Treffen gesprochen wurde, konnte man natürlich nur ahnen. Aber etwas hatte die beiden Männer vereint. Sie waren eine Verbindung eingegangen, in der eine Mischung aus persönlicher Rachgier, Hochmut und wirren Erwähltheitsphantasien eine dominierende Rolle spielte. Sie hatten beschlossen, das gesamte globale Finanzsystem zu attackieren. Wenn die Zeit reif war, würden sie ihre elektronische Rakete abfeuern. Carters Einblicke in die finanziellen Strukturen, gepaart mit Falks innovativen Fähigkeiten in bezug auf die weltumspannenden Datensysteme, hatten dabei eine ideale und äußerst gefährliche Kombination dargestellt.
    Während sie Schritt für Schritt ihren Angriff planten, hatten sie sich gleichzeitig zu zwei absonderlichen, aber überzeugten Propheten entwickelt. Sie hatten eine geheime und straff geführte Organisation aufgebaut, in die bekehrte Individuen wie Fu Cheng aus Hongkong oder Elvira Lindfeldt und Jonas Landahl aus Schonen aufgenommen wurden, ohne sich wieder lösen zu können. Langsam wurden die Konturen einer hierarchisch aufgebauten Sekte erkennbar. Carter und Falk faßten alle Beschlüsse. Auch wenn es noch keine Beweise gab, ging man davon aus, daß Carter persönlich mehrere Mitglieder liquidiert hatte, die seinen Anforderungen nicht gewachsen waren oder die versucht hatten, aus der Gemeinschaft auszubrechen.
    Von den beiden war Carter der Missionar. Obwohl er mit der Weltbank gebrochen hatte, waren ihm dann und wann Beratertätigkeiten angeboten worden. Im Rahmen eines solchen Auftrags hatte er in Pakistan Elvira Lindfeldt getroffen. Wie Jonas Landahl zu der Gruppe gestoßen war, blieb dagegen im dunkeln.
    Carter erschien Wallander mehr und mehr als wahnsinniger Sektenführer. Voller Berechnung und Rücksichtslosigkeit. Falks Bild war komplizierter. Züge offener Rücksichtslosigkeit hatten sie bei ihm nicht entdecken können. Dagegen ahnten sie die Konturen eines Mannes mit einem gut kaschierten Geltungsbedürfnis. Eines Mannes, der in den späten sechziger Jahren vorübergehend |556| Mitglied extremistischer Bewegungen auf der Rechten wie auf der Linken war. Der sich aber bald davon löste und statt dessen der Welt mit seiner prophetischen Menschenverachtung begegnete.
    Zufällig hatten sich Carters und Falks Wege in Angola gekreuzt. Sie hatten einander betrachtet und im Gegenüber ihr eigenes Spiegelbild erkannt.
    Über Fu Cheng hatte die Polizei in Hongkong lange Berichte geschickt, denen zu entnehmen war, daß er eigentlich Hua Gang hieß. Interpol hatte seine Fingerabdrücke im Zusammenhang mit verschiedenen Verbrechen identifiziert, unter anderem zwei schweren Banküberfällen in
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