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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga
Autoren: Henning Mankell
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Wallander.
    »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll«, fuhr Martinsson fort. »Der Anruf kam aus einer Telefonzelle. Ein Mann behauptet, daß bald irgendwo hier an der Küste ein Rettungsboot mit zwei toten Männern an Land treiben würde. Er meldete |13| sich nicht mit Namen und sagte auch nicht, wer die Toten sind. Dann legte er auf.«
    Wallander sah ihn erstaunt an.
    »War das alles?« fragte er. »Wer hat das Gespräch entgegengenommen?«
    »Ich«, antwortete Martinsson. »Er sagte genau das, was ich dir gerade erzählt habe. Er klang irgendwie glaubwürdig.«
    »Glaubwürdig?«
    »Mit der Zeit bekommt man eine gewisse Routine«, erwiderte Martinsson zögernd. »Manchmal kann man sofort heraushören, daß nichts dahintersteckt. Aber der Mann, der gerade angerufen hat, klang sehr bestimmt.«
    »Zwei tote Männer in einem Rettungsboot? Die irgendwo an der Küste an Land treiben sollen?«
    Martinsson nickte.
    Wallander unterdrückte ein erneutes Gähnen und lehnte sich im Stuhl zurück.
    »Haben wir Berichte über Seenotfälle reinbekommen?« fragte er.
    »Nichts«, antwortete Martinsson.
    »Gib es an die anderen Distrikte längs der Küste weiter«, sagte Wallander. »Rede mit dem Seenotrettungsdienst. Wir können keine Ermittlungen aufnehmen, die einzig und allein auf einem anonymen Anruf basieren. Wir können nur abwarten.«
    Martinsson nickte und erhob sich vom Stuhl.
    »Ich bin ganz deiner Meinung«, erwiderte er. »Wir können nur abwarten.«
    »Heute nacht kann es schlimm werden«, meinte Wallander mit einem vielsagenden Blick in Richtung Fenster. »Schnee.«
    »Ich jedenfalls werde jetzt nach Hause fahren«, sagte Martinsson und sah auf seine Uhr. »Schnee hin, Schnee her.«
    Martinsson ging, und Kurt Wallander streckte sich auf seinem Stuhl. Er spürte, wie müde er war. Zwei Nächte in Folge war er aus dem Schlaf gerissen worden, um Einsätze zu übernehmen, |14| die nicht bis zum nächsten Morgen warten konnten. Zuerst der Mann, der einer Vergewaltigung verdächtigt wurde und sich in einem der verlassenen Sommerhäuser in Sandskogen verschanzt hatte. Da der Mann unter Drogen stand und Grund zu der Annahme bestand, daß er bewaffnet war, hatten sie bis fünf Uhr morgens abgewartet, um ihn mürbe zu machen. Dann hatte er von sich aus aufgegeben. In der darauffolgenden Nacht war Wallander wegen eines Totschlags in der Innenstadt geweckt worden. Ein Geburtstagsfest war ausgeartet und hatte damit geendet, daß das Geburtstagskind, ein Mann um die Vierzig, ein Tranchiermesser direkt in die eine Schläfe bekommen hatte.
    Er stand auf und zog sich seine Winterjacke an. Jetzt muß ich schlafen, dachte er. Um den Schneesturm soll sich ein anderer kümmern. Als er das Polizeipräsidium verließ, mußte er sich gegen den Wind stemmen. Er schloß die Autotür auf und stieg in seinen Peugeot. Die Schneeschicht auf den Fenstern des Wagens gab ihm das Gefühl, sich in einem warmen und geschützten Raum zu befinden. Er ließ den Motor an, legte eine Kassette ein und schloß die Augen.
    Sofort mußte er an Rydberg denken. Es war noch keinen Monat her, daß sein Kollege und Freund an Krebs gestorben war. Wallander hatte letztes Jahr von der Krankheit erfahren, als sie gemeinsam den brutalen Mord an dem alten Ehepaar aus Lenarp klärten. Während der letzten Monate seines Lebens, als allen, nicht zuletzt Rydberg selbst, klar war, daß sein Tod unausweichlich war, hatte Kurt Wallander sich vorzustellen versucht, wie es sein würde, zum Polizeipräsidium zu gehen und zu wissen, daß Rydberg nicht mehr da war. Wie sollte er ohne den Rat und das Urteil des alten, erfahrenen Rydberg zurechtkommen? Er wußte, daß es noch zu früh war, um diese Frage zu beantworten. Er hatte noch keine schwierigen Ermittlungen durchführen müssen, seit Rydberg krank geworden und schließlich gestorben war. Aber der Schmerz über seinen Tod war noch da, er vermißte Rydberg.
    |15| Er stellte die Scheibenwischer an und fuhr nach Hause. Die Stadt wirkte verlassen, so als bereiteten sich die Menschen darauf vor, von dem herannahenden Schneesturm belagert zu werden. Er hielt an der Tankstelle an der östlichen Umgehungsstraße und kaufte eine Abendzeitung. Dann parkte er den Wagen in der Mariagatan vor dem Haus und ging in seine Wohnung hinauf. Zuerst wollte er ein Bad nehmen und sich dann etwas kochen. Bevor er ins Bett ging, würde er noch seinen Vater anrufen, der in einem kleinen Haus außerhalb von Löderup wohnte. Seit sein Vater sich
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