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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht
Autoren: Henning Mankell
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schien mit dieser Lösung zufrieden zu sein. Kurt Wallander vermutete, daß am Mittwochabend Trabrennen stattfinden würden.
    Sie beendeten die Besprechung, verabschiedeten sich und gingen. Kurt Wallander blieb an seinem Schreibtisch zurück |320| und sortierte einen Stapel Telefonzettel. Er sortierte sie für den nächsten Tag vor und machte sich bereit zu gehen. Plötzlich entdeckte er einen Zettel, der unter den Tisch gerutscht war. Er beugte sich hinunter und sah, daß der Leiter einer Unterkunft für Asylbewerber angerufen hatte.
    Er wählte die Nummer. Er ließ es zehnmal klingeln und wollte gerade wieder auflegen, als am anderen Ende jemand abhob.
    »Hier ist Wallander von der Polizei in Ystad. Ich suche jemanden, der Modin heißt.«
    »Das bin ich.«
    »Sie hatten angerufen?«
    »Ich glaube, daß ich etwas Wichtiges mitzuteilen habe.«
    Kurt Wallander hielt den Atem an.
    »Es geht um die zwei Männer, nach denen Sie fahnden. Ich bin heute aus dem Urlaub zurückgekommen. Die Photos, die die Polizei verschickt hat, lagen auf meinem Schreibtisch. Ich erkenne diese beiden Männer wieder. Sie haben sich eine Zeitlang hier in dieser Unterkunft aufgehalten.«
    »Ich komme«, sagte Kurt Wallander. »Warten Sie in Ihrem Büro, bis ich da bin.«
    Die Unterkunft lag außerhalb von Skurup. Kurt Wallander brauchte neunzehn Minuten für die Fahrt. Die Unterkunft war in einem alten Pfarrhaus untergebracht und wurde nur als Provisorium für den Fall genutzt, daß alle ständigen Unterkünfte belegt waren.
    Modin, der Leiter, war klein und um die sechzig Jahre alt. Er stand auf dem Hof und wartete, als Kurt Wallander in seinem Auto angerast kam.
    »Im Moment ist hier alles leer«, sagte Modin. »Aber wir erwarten mehrere Rumänen in der nächsten Woche.«
    Sie gingen in sein kleines Büro.
    »Erzählen Sie von Anfang an«, bat Kurt Wallander.
    »Sie wohnten hier von Dezember letzten Jahres bis Mitte Februar«, sagte Modin und blätterte in einigen Unterlagen. |321| »Danach wurden sie nach Malmö verlegt. Genauer gesagt zum ›Celsiusgård‹.«
    Modin zeigte auf das Photo des Glatzkopfes.
    »Er heißt Lothar Kraftzcyk. Er ist tschechischer Staatsangehörigkeit und hat politisches Asyl beantragt, da er sich aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit verfolgt fühlt.«
    »Gibt es ethnische Minderheiten in der Tschechoslowakei?« fragte Kurt Wallander.
    »Ich glaube, daß er von sich behauptet, Zigeuner zu sein.«
    »Er behauptet?«
    Modin zuckte mit den Schultern.
    »Ich glaube nicht daran«, meinte er. »Asylbewerber, die wissen, daß sie schlechte Argumente haben, um in Schweden bleiben zu dürfen, lernen schnell, daß die Behauptung, sie seien Zigeuner, eine ausgezeichnete Möglichkeit ist, ihre Chancen zu verbessern.«
    Modin nahm das Photo von Lucia in die Hand.
    »Andreas Haas«, sagte er. »Auch Tscheche. Seine Gründe für den Antrag auf Asyl kenne ich leider nicht. Die Papiere wurden ebenfalls zum ›Celsiusgård‹ weitergeleitet.«
    »Und Sie sind sich absolut sicher, daß es sich bei den beiden Photos um diese Männer handelt?«
    »Ja. Ganz sicher.«
    »Erzählen Sie weiter«, bat Kurt Wallander.
    »Was?«
    »Wie waren sie? Ist hier während ihres Aufenthaltes etwas Besonderes passiert? Hatten sie viel Geld? Sagen Sie alles, an das Sie sich erinnern können.«
    »Ich habe versucht, mich zu erinnern«, antwortete Modin. »Sie hielten sich oft etwas abseits. Sie sollten wissen, daß das Leben in einer Unterkunft für Asylbewerber wohl das Nervenaufreibendste ist, dem ein Mensch ausgesetzt werden kann. Sie spielten Schach. Tagein und tagaus.«
    »Hatten sie Geld?«
    |322| »Soweit ich mich erinnern kann, nicht.«
    »Wie waren sie?«
    »Sehr reserviert. Aber nicht unfreundlich.«
    »Fällt Ihnen sonst noch etwas ein?«
    Kurt Wallander sah, daß Modin mit der Antwort zögerte.
    »Woran denken Sie?«
    »Das hier ist nur ein kleines Übergangslager«, erklärte Modin. »Weder ich noch ein anderer ist hier nachts. An manchen Tagen war überhaupt niemand hier. Abgesehen von der Köchin, die das Essen gemacht hat. Normalerweise haben wir draußen ein Auto stehen. Die Schlüssel sind hier im Büro unter Verschluß. Aber an manchen Morgen, wenn ich herkam, hatte ich das Gefühl, als ob jemand das Auto benutzt hätte. Als ob jemand in das Büro eingebrochen wäre, die Schlüssel geholt hätte und dann mit dem Auto weggefahren wäre.«
    »Und Sie hatten diese beiden Männer in Verdacht?«
    Modin nickte.
    »Ich
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