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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren
Autoren: Þráinn Bertelsson
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wahrscheinlich auf die gleiche Weise umgebracht hat wie seine Eltern.«
    »Das sagt einiges über die Selbstkontrolle von Leuten aus, die andere kontrollieren sollen«, bemerkte Víkingur.
    »Das kann schon sein«, sagte Elín. »Aber jeder macht Fehler.«
    »Eben«, entgegnete Víkingur. »Darin liegt ja die Gefahr: Institutionen zu gründen, die von niemandem kontrolliert werden können.«
    »Soll das eine Bekehrung sein? Findest du die Gesellschaft so korrupt?«
    »Nein, ich will niemanden bekehren, und ich glaube, Korruption spielt in unserer Gesellschaft keine so große Rolle, weil wir einen hohen Bildungs- und Vermögensstandard haben. Aber alle Menschen sind anfällig für Korruption«, sagte Víkingur.
    »Warum denkst du immerzu über diese Frage nach?«
    »Welche Frage?«
    »Die lateinische Frage. Wer überwacht die Wächter? Die Antwort liegt doch auf der Hand. Natürlich müssen die Wächter sich selbst überwachen. Genau das mache ich gerade, und deshalb habe ich dich gebeten, mitzukommen. Ich habe ihn heute zu mir zitiert und ihm erzählt, dass eine Zeugin ausfindig gemacht wurde, die Freyja in der Tatnacht in Begleitung eines Mannes aus dem Haus gehen sehen hat. Und ich habe ihm den Namen und die Adresse der Zeugin gesagt, ihm also signalisiert, dass er bis morgen Zeit hat, die alte Dame zum Schweigen zu bringen. Ich habe sie inzwischen an einen sicheren Ort gebracht. Wir werden heute Nacht in der Wohnung warten und ihn auf frischer Tat ertappen.«
    »Wäre es nicht einfacher, den Mann sofort festzunehmen?«
    »Wir haben keine Beweise. Man kann zwar ahnen, wie sich die Dinge zugetragen haben, aber man muss sie auch beweisen können. Das solltest du doch eigentlich wissen. Einen solchen Täter muss man einfach festnageln. Es würde keinen guten Eindruck machen, ihn anzuklagen, nur weil wir vermuten, dass er irgendwelche Leichen im Keller hat …«
    »Genauer gesagt, drei«, warf Víkingur etwas unpassend ein.
    »Es geht um Vermutungen«, herrschte ihn Elín an. »Und entschuldige bitte, aber ich kann daran nichts Witziges finden. Wenn du mich fragst, hat sich dieser Mann in eine hervorragende Position manövriert. Man hat ihm die Sicherheitsabteilung anvertraut. Er hatte Zugang zu Informationen über alle möglichen Leute, von Kriminellen bis hin zu Richtern des Obersten Gerichtshofs, von Rockstars bis hin zu Ministern. Er ist im Besitz eines Buchmanuskripts, das das Ansehen vieler Menschen ruinieren kann.«
    »Von Ministern bis hin zu Landespolizeichefs?«, bemerkte Víkingur.
    »Ja«, sagte Elín. »Solche Verbrecher darf man nicht mit Samthandschuhen anpacken. Eine öffentliche Gerichtsverhandlung, bei der er seine Unschuld beteuern und den Fall verkomplizieren kann, indem er irgendwelche Klatschgeschichten zum Besten gibt, ist nicht angebracht. Er muss überführt werden. Auf frischer Tat ertappt. Festgenagelt.«
    »Du glaubst wirklich daran, dass es möglich ist, die Wahrheit zu vertuschen.«
    »Ich weiß nicht, was du mit Wahrheit meinst«, entgegnete Elín. »Ich spreche von dem, was man heutzutage Informationen nennt. Man muss vernünftig damit umgehen, das ist wie beim Geld. Wenn aus Flugzeugen Geld auf die Bevölkerung regnen würde, hätten wir sofort die totale Anarchie. Dasselbe gilt für Informationen. Und wir wollen keine Anarchie. Durch Gesetze wird unser Land erbaut.«
    Darüber waren sie sich einig, dachte Víkingur. Über diesen simplen Satz. Doch obwohl der Satz simpel war, verstanden beide ihn auf unterschiedliche Weise. Da gab es einen himmelweiten Unterschied. Aber hier war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit, um das auszutragen. Es war vernünftiger, die Sache ruhen zu lassen und sich gemeinsam darum zu kümmern, einen Mörder zu ergreifen.
    »Du glaubst also, dass er dieser Bára Thomsen heute Nacht einen Besuch abstatten wird, um zu verhindern, dass sie ihn wiedererkennen oder der Polizei beschreiben kann?«, fragte Víkingur.
    »Davon bin ich überzeugt«, antwortete Elín. »Und ich kann es kaum erwarten, seinen Gesichtsausdruck zu sehen, wenn er vor dem Empfangskomitee steht.«
    »Und wenn er nicht kommt?«
    »Er wird kommen. Ganz bestimmt«, sagte Elín. »Aber ich hab mir noch ein Hintertürchen offengehalten, falls er nicht aufkreuzen sollte. Ich habe Magnús Mínus mitgeteilt, dass ich wüsste, wer in Besitz des Manuskripts ist. Magnús kommt immer irgendwie aus der Klemme. Und das war das Mindeste, was ich für ihn tun konnte, nachdem sich diese Untersuchung
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