Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walking Disaster

Walking Disaster

Titel: Walking Disaster
Autoren: Jamie McGuire
Vom Netzwerk:
deinem Gesicht Gelegenheit zuzuheilen?«
    Ich hatte diesen Wurm noch nie gemocht.
    »Klar, Travis. Wie du meinst.« Er kicherte nervös, bevor er seine Sachen zusammensammelte und verschwand.
    Es dauerte nicht lange, und der Speisesaal war so gut wie leer. Ich schaute den Tisch hinunter, wo Shepley und America immer noch saßen und sich mit ihrer Freundin unterhielten. Sie hatte langes, lockiges Haar, und ihre Haut war von den Sommerferien noch gebräunt. Sie hatte nicht gerade die größten Titten, die ich je gesehen habe, aber ihre Augen … die waren ganz eigenartig grau. Irgendwie vertraut.
    Ich konnte ihr auf keinen Fall schon mal begegnet sein, aber irgendwas an ihrem Gesicht erinnerte mich an etwas, das ich allerdings nicht genau benennen konnte.
    Ich stand auf und ging zu ihr. Sie hatte eine Mähne wie ein Pornostar und dazu das Gesicht eines Engels. Ihre Augen waren mandelförmig und von einzigartiger Schönheit. In diesem Moment sah ich es: Hinter der Schönheit und der gespielten Unschuld gab es noch etwas, das kalt und berechnend war. Selbst wenn sie lächelte, konnte ich erkennen, dass etwas Sündhaftes so tief in ihr verwurzelt war, dass keine Strickjacke es zu verbergen vermochte. Ihre Nase war winzig, die Gesichtszüge waren gleichmäßig. Nach außen hin mochte sie makellos und naiv wirken, doch dieses Mädchen verbarg irgendwas. Ich bemerkte das nur, weil die gleiche Sündhaftigkeit schon mein Leben lang in mir steckte. Der Unterschied war nur, dass sie sie tief in ihrem Inneren versteckte und ich meiner in regelmäßigen Abständen freien Lauf ließ.
    Ich musterte Shepley, bis er merkte, wie ich ihn anstarrte. Sobald er zu mir schaute, deutete ich mit dem Kopf in Richtung Taube.
    Wer ist das? , fragte ich stumm.
    Shepley reagierte nur mit einem Stirnrunzeln.
    Sie , formte ich mit meinem Mund.
    Shepley verzog die Mundwinkel zu diesem ärgerlichen Scheißkerl-Grinsen, das er immer aufsetzt, wenn er mich gleich in die Pfanne haut.
    »Ja?«, fragte Shepley viel lauter als nötig.
    Ich konnte sehen, dass das Mädchen merkte, dass wir über sie sprachen, denn sie hielt ihren Kopf weiter gesenkt und tat, als höre sie nichts.
    Nach sechzig Sekunden in Täubchens Gegenwart wusste ich zwei Dinge: Erstens, sie redete nicht viel, zweitens, wenn sie es tat, war sie ziemlich sarkastisch. Aber ich weiß nicht … irgendwie hatte ich damit schon gerechnet. Sie mauerte einfach, um sich Typen wie mich vom Hals zu halten, aber das reizte mich umso mehr.
    Zum dritten oder vierten Mal rollte sie jetzt mit den Augen. Mädchen begegneten mir normalerweise nicht mit unverhohlenem Widerwillen, selbst wenn ich sie abblitzen ließ.
    Nachdem selbst mein schönstes Lächeln nicht gefruchtet hatte, legte ich noch eins drauf.
    »Hast du Zuckungen?«
    »Habe ich was?«, fragte sie.
    »Zuckungen. Deine Augen verdrehen sich dauernd so komisch.« Wenn Blicke töten könnten, wäre ich in dem Moment schon am Boden verblutet. Ich musste einfach lachen. Sie war ein schlaues Kerlchen und rotzfrech. Von Sekunde zu Sekunde gefiel sie mir besser.
    Ich beugte mich noch näher an ihr Gesicht. »Tolle Augen übrigens. Was für eine Farbe ist das eigentlich? Grau?«
    Sofort senkte sie den Kopf und ließ die Haare vor ihr Gesicht fallen. Treffer. Ich hatte sei an einer empfindlichen Stelle getroffen, und das bedeutete, dass ich einen gewissen Eindruck auf sie machte.
    America eilte sofort herbei, um mich wegzuscheuchen. Das konnte ich ihr nicht verübeln. Schließlich hatte sie die endlose Reihe der Mädchen gesehen, die schon durch mein Apartment gezogen waren. Ich wollte America nicht auf den Zeiger gehen, aber sie sah gar nicht sauer aus, eher amüsiert.
    »Du bist nicht ihr Typ«, sagte sie.
    In gespieltem Erstaunen riss ich den Mund auf. »Ich bin der Typ jeder Frau!«
    Das Täubchen schielte zu mir her und lächelte. Ein warmes Gefühl – wahrscheinlich einfach das verrückte Verlangen, dieses Mädchen auf meine Couch zu kriegen – durchfuhr mich. Sie war anders, und das wirkte erfrischend.
    »Ah! Ein Lächeln.« Es bloß ein Lächeln zu nennen, kam mir falsch vor, wo es doch das Schönste war, das ich je gesehen hatte. Aber ich wollte mir auch nicht alles gleich wieder kaputtmachen, nachdem ich eben erst gepunktet hatte. »Dann bin ich wohl doch kein elender Bastard. Es war nett, dich kennenzulernen, Täubchen.«
    Ich ging um den Tisch herum und beugte mich zu Americas Ohr. »Hilf mir doch ein bisschen, ja? Ich schwöre dir, ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher