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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition)
Autoren: Petra Gabriel
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deutete mit dem Kopf vage in eine Richtung. »Zuletzt sah ich seinen Helm dort hinten. Bleib hier,
    Dobrogen. Du bist kein Kämpfer.«
    Ich achtete nicht auf seine Worte. Immer mehr von Heinrichs Kämpfern flohen jetzt. Ich stolperte über Tote und Verwundete, die stöhnend am Boden lagen. Einer hob flehend den Arm zu mir hoch. Aus seinem Armstumpf schoss mit jedem Herzschlag das Blut wie aus einer Fontäne.
    Da, etwas weiter links von mir, erblickte ich die mächtige Gestalt Meginfrieds. Er drehte sich wie ein Kreisel um die eigene Achse, holte aus, und bei jedem Schwertstreich sank ein Mann zu Boden. Wo Meginfried war, musste auch der König sein. Zuerst sah ich jedoch Kuno von Genf. Er war offenbar verwundet, denn sein rechter Arm hing herunter und blutete. Er hielt das Schwert jetzt in der Linken und kämpfte weiter. Dann sah ich endlich auch den Helm und die Rüstung Rudolfs. Er wurde von mehreren Männern bedrängt, die alle hofften, ihn gefangen nehmen zu können. Berthold, sein Sohn, kämpfte neben ihm. Sie waren in einer verzweifelten Lage. Plötzlich sank Berthold zu Boden, und Rudolf krümmte sich zusammen. Offenbar hatte ihn ein Schwertstreich in den Unterleib getroffen. Dann richtete er sich wieder auf. Doch er schwankte. In diesem Moment konnte ich auch zum ersten Mal den Mann erkennen, der ihn verwundet hatte. Es war der Mann mit dem Rosenschwert.
    Kuno von Genf erkannte die Gefahr, in der Rudolf sich befand, und versuchte, zu ihm durchzukommen. Doch sein linker Arm verlor langsam an Kraft, während der andere nicht aufhörte zu bluten. Meginfried hieb ebenfalls um sich und versuchte, sich durch die Feinde einen Weg zum König zu bahnen. Einen nach dem anderen schlug er nieder. Auch ich stach verzweifelt auf alles ein, was mir begegnete. Aber ich kam einfach nicht schnell genug voran.
    Dankbar sah ich, dass Beringo inzwischen an meiner Seite kämpfte. Er hatte längst alle seine Pfeile verschossen und den Bogen weggeworfen. Er benutzte den Dolch und seine körperliche Geschicklichkeit. Beringo war über und über mit Staub und Blut bedeckt, sein verklebtes Gesicht zu einer Maske aus Dreck und Blut erstarrt. Wir kämpften mit all unserer Kraft, um zum König zu gelangen. In meinem Kopf sprach eine Stimme beschwörend immer dieselben Worte: »Halte durch, Rudolf, halte durch, halte durch.« Sie bestimmten den Takt meines verzweifelten Kampfes. Mit jedem Augenblick, der verging, mit jedem Mann, der mich aufhielt, bekam ich größere Angst um ihn. Wir waren zu langsam. Viel zu langsam. »Halte durch, Rudolf, halte durch, halte durch, halte durch. « Wieder ging ein Mann vor mir zu Boden. »Halte durch, halte durch.« Ich spürte nicht, dass ich verletzt wurde. Dann hatten wir den König erreicht. Doch plötzlich sah ich ihn nicht mehr. Die Furcht schnürte mir die Kehle zu.
    Plötzlich tat sich zwischen den beiden Männern, die mir die Sicht versperrten hatten, eine Lücke auf.
    Die Diamanten und Rubine blitzten, als der Angreifer Rudolfs das Rosenschwert erneut hob und zuschlug. Da flog die rechte Hand des Königs mitsamt seiner Waffe in weitem Bogen über das Feld. Seine Finger hielten ihren Griff noch immer umklammert. Dann sank Rudolf zu Boden. Beringo stürzte sich mit einem lauten Schrei durch die entstandene Lücke. Noch ehe sich das Schwert mit der Rose wieder gesenkt hatte, zitterte sein Dolch in der Kehle des anderen. Dieser hob die Hände, griff nach seinem Hals. Das Schwert fiel auf den blutdurchtränkten Boden, direkt neben den König. Dorthin, wo einmal seine rechte Hand gewesen war.
    Nur wie durch einen Nebel nahm ich wahr, dass Kuno von Genf neben mir tödlich getroffen zusammenbrach, dass Beringo und Meginfried die Feinde von uns abwehrten.
    Ich kniete neben Rudolf und erkannte, dass er noch lebte. Er war ohnmächtig, doch die Ader an seinem Hals schlug noch. Ich riß meine Kutte in Streifen und band diese so fest wie möglich um seinen Unterarm, um den Blutstrom aufzuhalten. Im selben Moment erblickte ich die schreckliche Wunde an seinem Unterleib. Sie war so furchtbar, dass es mir wie ein Wunder erschien, dass der König noch lebte. »Er lebt, er lebt«, brüllte ich hinaus. Dann endlich kam Hilfe.
    Die vom Kampf erschöpften, verwundeten Männer hoben ihren bewusstlosen König unendlich sanft hoch und trugen ihn auf ihren Schilden vom Schlachtfeld. Ich hob das Schwert mit der Rose von der Erde auf. Dann ging ich langsam hinterher. Zum ersten Mal nach all diesen Jahren der Suche hatte
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