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Wald der Masken

Wald der Masken

Titel: Wald der Masken
Autoren: Horst Hoffmann
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und die zehn Baummenschen, die Courmin ihnen aus Dank mitgegeben hatte. Zum einen sollten sie ihnen den Weg zeigen, zum anderen eine wertvolle Hilfe sein, wenn der zürnende Herr des Chaos seine Handlanger nach ihnen schickte.
    Mythor erinnerte sich sehr gut daran, wie Cobor sich regelrecht in den Vordergrund gedrängt hatte, um die Führung der Zehnerschaft zu übernehmen. Wie paßte das jetzt zu seinem Zaudern?
    »Weißt du, was ich denke, Mythor?« fragte Ilfa. »Ich meine, daß er gar keine Angst vor den Marmornen hat, sondern im Gegenteil sie und den Kampf gegen sie sucht. Wenn es sie noch gibt, und wenn sie ihm die halbe Stirn aus dem Schädel gehauen haben, so ist er auf Rache aus. Darum wollte er uns führen.«
    Es war alles so schwer zu verstehen – so schwer wie diese ganze Welt, in der Mythor ohne Erinnerung an sein früheres Leben erwacht war.
    »Ich möchte mit Zomfar sprechen«, sagte er.
    Ilfa winkte dem Baummenschen.
    Keine Erinnerung an ein früheres Leben, doch Mythor war nicht als erwachsener Mann geboren worden. Er mußte Freunde und Feinde gehabt haben, eine Mutter und einen Vater. Er blickte Ilfa von der Seite an und sah, wie begehrenswert sie trotz ihrer forschen Art war. Hatte es andere Frauen in seinem früheren Leben gegeben? Lebten sie noch?
    Er ballte die Fäuste. Eroice! Die Hexe und Schwester der Yorne, seiner ehemaligen Peinigerin. Ilfa hatte sie getötet, und Eroice hatte vor allem ihm dafür Rache geschworen. Ihr Zorn hing wie ein unsichtbares Schwert über Mythors Haupt. Er wußte, daß er ihr über kurz oder lang gegenüberstehen würde. Er fürchtete sich nicht davor, denn Eroice war seine letzte Hoffnung, seine Erinnerung doch noch zurückzuerhalten.
    Der Weg zu ihr führte vielleicht durch den Wald der Masken. Dort lag sein vornehmliches Ziel. Dem sterbenden Aegyr-Ritter Oggrym hatte er sein Versprechen gegeben, sich seiner Totenmaske anzunehmen, damit Oggrym nicht zu ewiger Verdammnis verurteilt sei. Den Weg dorthin kannte Cobor. Und deshalb war Mythor dem Baummenschen wohl oder übel ausgeliefert. Nur er wußte, wo der Wald der Masken zu finden war. Ilfa hatte recht. Cobor kannte auch den Marmorbruch – und dessen Geheimnisse.
    Zomfar hockte sich zwischen Mythor und Ilfa hin. Noch einmal blickte er sich scheu nach seinen Artgenossen um. Scheu! Die Baumbewohner waren voller Abenteuerlust aufgebrochen. In ihren Augen hatte die Gier nach den Schätzen gestanden, die sie im Wald der Masken zu finden erwarteten. Sie hatten darauf gebrannt, diesen Ort aufzusuchen, denn überall dort, wo es Hinterlassenschaften der legendären Aegyr gab, witterten sie fette Beute.
    Was hatten die vier Tage Marsch aus ihnen gemacht?
    Einer der Hoffnungsvollen war bereits aus diesem Leben geschieden. Die Baumänner waren nicht von der Art, daß sie deshalb verzweifelt wären. Mythor fragte geradeheraus:
    »Macht Cobor euch Angst? Erzählt er euch Schauergeschichten von den Marmornen?«
    »Es sind nicht nur Schauergeschichten«, sagte Zomfar nach kurzem Zögern. »Wir glauben alle daran, daß es die Marmornen einstmals gegeben hat. Es heißt, daß die mächtigen Aegyr vor langer Zeit von einer furchtbaren Plage heimgesucht wurden.«
    »Plage?« hakte Ilfa nach. »Worin bestand sie?«
    Zomfar sah sich erneut um. Cobor hatte die übrigen Baummenschen um sich geschart und sprach leise zu ihnen. Was er sagte, war ebensowenig zu hören wie das, was zwischen den drei Zusammenhockenden geflüstert wurde. Manchmal trug der Wind Lautfetzen heran, und ab und an ein Heulen wie von tausend hungrigen Wölfen.
    »Der Sage nach«, erklärte Zomfar, »tauchten eines Tages ganze Scharen von riesigen, ameisenhaften Tieren auf, deren schillernde Körperpanzer schier unverwundbar waren. Die Aegyr vermochten selbst mit ihrer Magie nur wenig gegen die Kreaturen auszurichten, die ihre Felder verwüsteten und selbst vor den Mauern ihrer Paläste nicht haltmachten. Sie fraßen den Stein ebenso wie die keimende Saat. Es heißt, daß die Mächte der Finsternis selbst ihre Panzer gegen die Waffen und die Magie der Aegyr gestählt hätten. Daher entschlossen sich die Halbgötter in ihrer Not dazu, etwas zu erschaffen, das der Zauberkraft des Bösen mit ihrer eigenen Zauberkraft entgegentreten sollte.« Zomfar holte weit aus. »Sie bestellten ihre besten Baumeister und Steinmetze in dieses öde Land, und aus den Felsen ließen sie die Gestalten furchtbarer Kämpfer herausschlagen. Die fähigsten Magiekundigen fanden sich zusammen
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