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Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief
Autoren: Anna Sheehan
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doch in diesen paar Sekunden starker Hitze hatte der Plastobot Feuer gefangen.
    Die Kreatur schmolz, Flammen züngelten aus ihrem plastinierten Körper, und trotzdem schob sie sich – frei von jedem Schmerzempfinden – langsam weiter voran auf meine Röhre zu. Sie brannte lichterloh, und das Feuer schwärzte die Kellerdecke. Ein Feueralarm ging los, doch die Hitzewelle der ersten Explosion war so heftig gewesen, dass sie das Sprinklersystem über unseren Köpfen beschädigt hatte. Regale voll altem Zeug fingen ringsherum Feuer. Ein Bein des Plastobots knickte ein und verflüssigte sich. Ein Arm tropfte wie eine brennende Kerze.
    Ich schob den Röhrendeckel auf und sah zu, wie mein Feind,
das Werkzeug meines Vaters, zu einer glühenden Pfütze zusammenschmolz. Sein Kopf stand in Flammen, das halbe Gesicht war schon zerstört, da hörte ich noch eine letzte Ansage, die breiig klang durch all den geschmolzenen Kunststoff: »Auftrag abgebrochen. Schadensbericht ... II ... Prozent ... Leistung ... 10 ... Prozent ... 6 ... Pro ...« Die Stimme ging mit dem Rest unter.
    Gern hätte ich jubelnden Triumph verspürt. Doch alles, was ich spürte, war eine unendliche Müdigkeit.
    Verspätet griff das Notprogramm des Sprinklersystems, und ich wurde von einem plötzlichen Regenguss durchnässt. Das brachte mich zum Lachen. Die angenehm kühle Nässe linderte meine Brandwunden. Ich hielt ihr mein Gesicht entgegen und reckte die Arme in die Höhe. Entgegen allen Erwartungen war ich noch am Leben. Das letzte Überbleibsel der Tyrannei meiner Eltern lag zerschmolzen zu meinen Füßen, verfangen in einem Geflecht aus Dornen, dem es nicht entkommen konnte. Ich war die Rose. Ich war die Dornenhecke.



D as Wasser war nicht gerade das Beste gegen den Kunststoffbrand, und der Qualm im Raum vermutlich ziemlich tödlich. Ich musste wie die reinste Hexe ausgesehen haben, als Bren, Otto und Xavier durch das Kellergeschoss zu meiner Rettung herbeistürmten. Mit ausgebreiteten Armen stand ich in den Trümmern der ausgeschlachteten Stase-Röhre und lachte hysterisch in dem künstlichen Regen, während die Reste des Plastobots hinter mir niederbrannten. Ich ließ die Hände fallen, als ich sie sah, und grinste ein bisschen blöd. Ihre Rettungsaktion kam zu spät. Beinahe fühlte ich mich schlecht deswegen.
    Xavier fand als Erster Worte. Behutsam, als fürchtete er, ich könnte auf ihn losgehen, fragte er: »Rose? Geht es dir gut?«
    Ich kicherte, hustete dann, erschauerte. Das kalte Wasser und der Qualm von dem brennenden Plastik machten meinem stasegeschlauchten Körper zu schaffen. »Ja«, sagte ich trotzdem. »Was macht ihr denn hier? Warum habt ihr nicht die Polizei gerufen? Otto, dein Arm!« Sein Arm hing in einer improvisierten Schlinge, ich erkannte den Stoffvon dem ruinierten Stuhl im Wohnheim wieder.
    Xavier sah erbärmlich aus, nass und gebrechlich und steinalt. Es war Otto, der auf mich zukam, seinen gesunden Arm um mich legte und mich sanft (sehr sanft, als sein Daumen meinen Hals berührte und ich ihm klarmachte, was für Schmerzen ich hatte) zum Aufzug führte. »Das wird schon wieder«, sagte er. »Ich war schon schlimmer dran. Wir haben die Polizei gefont, aber
Brens Großvater wusste, dass wir schneller bei dir sein würden. Er war ziemlich sicher, wohin der Plastobot dich bringen würde, und das Ding war noch im Tarnmodus, sodass die Polizei Schwierigkeiten gehabt hätte, es aufzuspüren.«
    »Es tut mir leid, dass du verletzt wurdest.«
    Otto verdeutlichte mir mit einem Gedankenblitz, wie er sich gefühlt hätte, wenn er tatenlos zugesehen hätte. Ich zuckte zusammen. Richtig. Das wäre noch schlimmer gewesen.
    »Und es tut mir leid, was ich dir gedanklich zugemutet habe.«
    »Ich weiß, warum du es getan hast.« Das Bild von der wehrhaften Heckenrose kam mir wieder in den Sinn.
    »Du hattest recht«, teilte ich ihm stumm mit. »Und ich weiß jetzt, wen ich beschützen muss. «
    Das Entsetzen in seinen gelben Augen, als ich an Seraphina und Stephano dachte, spiegelte meine eigenen Gefühle wider. »Wenn ich etwas tun kann, sag es mir«, erbot er sich.
    Bren war uns vorausgegangen und wartete beim Aufzug. Er hatte das Wasser abgestellt. »Ich kümmere mich um das Feuer«, sagte er und zog einen Feuerlöscher aus einem roten Kasten an der Wand.
    »Sag Xavier, dass ich ihn oben erwarte«, rief ich ihm nach. Bren antwortete mit einem halben Lachen, dann ließ ich mich von Otto in den Lift ziehen und hinauf in meine
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