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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen!
Autoren: Terry Pratchett
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Wachturm. »Dadurch weiß man Bescheid.«
    »Wie wär’s mit schlafenden Prinzessinnen?« schlug Bruder Stukkateur vor. »Nur ein König kann sie wecken.«
    »Sei nicht dumm«, sagte Bruder Wachturm streng. »Wir haben keinen König, uns deshalb sind auch keine schlafenden Prinzessinnen möglich. Ist doch logisch.«
    »Nun,
damals
war natürlich alles einfacher«, meinte Bruder Pförtner fröhlich.
    »Wieso?«
    »Der zukünftige König brauchte nur einen Drachen zu erlegen.«
    Der Oberste Größte Meister klatschte in die Hände und betete stumm zu allen Göttern, die gerade zuhörten. Er hatte sich nicht geirrt, was diese Leute betraf. Früher oder später entstand in ihrem wirren Denken genau die Idee, die man sich von ihnen erhoffte.
    »Welch interessante Vorstellung!« lobte er.
    »Aber sie bringt uns nicht viel weiter«, kommentierte Bruder Wachturm kummervoll. »Es gibt keine großen Drachen mehr.«
    »Und wenn sie zurückkehren?«
    Der Oberste Größte Meister ließ die Fingerknöchel knacken.
    »Wie bitte?« fragte Bruder Wachturm.
    »Ich sagte: Und wenn sie zurückkehren?«
    In den dunklen Tiefen unter Bruder Wachturms Kapuze erklang ein nervöses Lachen.
    »Meinst du echte Drachen? Mit Schuppen und Flügeln?«
    »Ja.«
    »Schmelzofenheißer Atem?«
    »Ja.«
    »Und so, äh, Dinger an den Füßen… Äh, Krallen?«
    »Vermutlich meinst du Klauen. Die Antwort lautet: ja. So viele du willst.«
    »Was soll das heißen, so viele ich will?«
    »Ich dachte eigentlich, das sei inzwischen klar geworden, Bruder Wachturm. Wenn du Drachen möchtest, so kannst du welche haben.
Du
bist imstande, einen Drachen hierherzuholen. Jetzt. In die Stadt.«
    »Wer? Ich?«
    »Ihr alle«, sagte der Oberste Größte Meister. »Wir, meine ich.«
    Bruder Wachturm zögerte. »Nun, ich weiß nicht, ob das ratsam wäre…«
    »Und er würde euch aufs Wort gehorchen.«
    Dieser Zusatz wischte alle Einwände fort und köderte die Brüder. Auf ihre bornierte Beschränktheit hatte er die gleiche Wirkung wie ein dicker leckerer Fleischbrocken im städtischen Hundezwinger.
    »Was hast du gerade gesagt?« fragte Bruder Stukkateur langsam.
    »Ihr könnt ihm Befehle erteilen und dafür sorgen, daß er sich genau so verhält, wie ihr es wollt.«
    »Und du meinst einen, äh,
echten
Drachen?«
    Der Oberste Größte Meister nutzte die Privatsphäre seiner Kapuze, um mit den Augen zu rollen.
    »Ja, ich meine einen echten. Keinen mehr oder weniger niedlichen Sumpfdrachen, sondern ein authentisches Exemplar.«
    »Aber ich dachte immer, es gab sie nur in, äh, du weißt schon – Müthen.«
    Der Oberste Größte Meister beugte sich vor.
    »Es gab sie in Mythen, und es gibt sie in Wirklichkeit«, sagte er laut. »Sie waren und sind sowohl eine Welle als auch ein Teilchen.«
    »Da komme ich nicht ganz mit«, murmelte Bruder Stukkateur.
    »Ich erkläre es euch. Das Buch, bitte, Bruder Finger! Danke. Brüder, als ich Gelegenheit fand, an der Weisheit der Geheimen Meister teilzuhaben…«
    »An
wessen
Weisheit, Oberster Größter Meister?« erkundigte sich Bruder Stukkateur verwirrt.
    »Warum hörst du nicht zu?« entfuhr es Bruder Wachturm. »Du hörst
nie
richtig zu! Er hat die Geheimen Meister erwähnt. Du weißt schon: jene ehrwürdigen Weisen, die auf irgendeinem Berg leben und insgeheim die Geschicke der Welt lenken. Sie haben unserem Obersten Größten Meister ihr geheimes Wissen offenbart oder so, und außerdem können sie durchs Feuer gehen und dergleichen. Erst letzte Woche hat er davon erzählt, und jetzt wird er uns unterrichten, nicht wahr, Oberster Größter Meister?« fügte er unterwürfig hinzu.
    »Oh, die
Geheimen
Meister«, brummte Bruder Stukkateur. »Tut mir leid. Es liegt an den mystischen Kapuzen. Entschuldigung. Geheim. Jetzt erinnere ich mich wieder.«
    Aber wenn ich die Stadt regiere,
dachte der Oberste Größte Meister,
hört dies alles auf. Dann gründe ich eine neue Geheimgesellschaft aus scharfsinnigen und intelligenten Männern, obwohl sie natürlich nicht zu intelligent sein dürfen, nein, nicht
zu
intelligent. Dann stürzen wir den blöden Patrizier und beginnen ein neues Zeitalter im Zeichen der Erleuchtung, der Brüderlichkeit und des Humanismus, wir verwandeln Ankh-Morpork in ein Utopia, und Leute wie Bruder Stukkateur werden langsam über dem Feuer gebraten, wenn ich bei dieser Angelegenheit etwas mitzureden habe, was gewiß der Fall sein wird. Wir verzichten auch nicht darauf, sein Wabbel zu rösten.
2
    »Wie ich schon
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