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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen!
Autoren: Terry Pratchett
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die ›Stadt‹ aufzusuchen – was immer das auch sein mochte – und dort einen Mann aus sich machen zu lassen.
    Varneschi hatte darauf hingewiesen, daß nur die Besten hoffen durften, in die Wache aufgenommen zu werden. Ein Wächter mußte gut zu kämpfen verstehen und rein sein, in Gedanken ebenso wie in Wort und Tat. Der alte Mann griff auf die Anekdotensammlung seiner Ahnen zurück und berichtete von Bösewichtern, die im Mondschein über hohe Dächer zu fliehen versuchten, von regelrechten Schlachten mit Schurken, die sein Großvater natürlich alle gewonnen hatte, obwohl der Feind zahlenmäßig weit überlegen gewesen war.
    Es klang besser als die Arbeit in den Minen, befand Karotte.
    Der König dachte gründlich nach, schrieb einen Brief an den Herrscher von Ankh-Morpork und erkundigte sich respektvoll, ob für Karotte ein Platz in den Reihen der Besten in Frage käme.
    Im Bergwerk der Zwerge geschah es nur selten, daß jemand einen Brief schrieb. Die Arbeit ruhte, und der ganze Clan fand sich ein, schwieg ehrfürchtig und lauschte, während der Federkiel des Königs übers Pergament kratzte. Seine Tante war zu Varneschi geschickt worden, um ein wenig Siegelwachs zu holen. Die Schwester hatte das Dorf besucht und Frau Knobblauch gefragt, wie man Emffehlunk schrieb.
    Monate verstrichen.
    Und dann traf die Antwort ein. Der Umschlag war fleckig und zerknittert – in den Spitzhornbergen wurden Briefe Reisenden übergeben, die mehr oder weniger die richtige Richtung einschlugen –, und die Mitteilung darin beschränkte sich auf einige wenige Worte. Es hieß schlicht und einfach, der Bewerbung werde stattgegeben, und Karotte solle sich unverzüglich zum Dienst melden.
    »Das ist alles?« fragte der Junge verwundert. »Ich dachte, erst fänden einige Tests statt. Um festzustellen, ob ich geeignet bin.«
    »Du bist mein Sohn«, erwiderte der König. »Darauf habe ich deutlich hingewiesen. Woraus folgt: Es kann überhaupt kein Zweifel an deiner Eignung bestehen. Wahrscheinlich hast du das Zeug zum Offizier.«
    Er holte einen Sack unter seinem Stuhl hervor, griff hinein und holte einen langen Metallgegenstand hervor. Zuerst wirkte er wie eine Säge, doch wenn man genauer hinsah, wies das Objekt zumindest gewisse Ähnlichkeiten mit einem Schwert auf.
    »Ich glaube, dies ist dein rechtmäßiges Eigentum«, erklärte Vater Zwerg. »Als wir die… Wagen fanden, war dort nichts anderes übriggeblieben. Wegen der Räuber, weißt du. Unter uns gesagt…« Er bedeutete Karotte, sich zu ihm herabzubeugen. »Wir haben es von einer Hexe untersuchen lassen. Weil wir irgendeine Art von Magie vermuteten. Aber das ist nicht der Fall. Die Hexe meinte, es sei das unmagischste Schwert, das sie jemals gesehen habe. Nicht eine Spur von magischem Magnetismus. Nun, wenigstens ist es gut ausbalanciert.«
    Der König reichte die Waffe dem Jungen und griff erneut in den Sack. »Und dann dies hier.« Er hob ein Hemd. »Es wird dich schützen.«
    Karotte betastete es vorsichtig. Das Kleidungsstück bestand aus der Wolle von Spitzhorn-Schafen, war so warm und weich wie Schweineborsten. Es handelte sich um eine der legendären Zwergenwesten, die eigentlich Angeln brauchten.
    »Wovor soll es mich schützen?« fragte er.
    »Vor der Kälte und so«, erwiderte der König. »Deine Mutter meint, du sollst es tragen. Äh, da fällt mir ein… Herr Varneschi möchte, daß du ihm auf dem Weg zur Stadt einen Besuch abstattest. Er hat etwas für dich.«
    Vater und Mutter winkten, bis Karotte außer Sicht geriet, doch Minty kam nicht, um ihn zu verabschieden. Seltsam: Seit einiger Zeit schien sie ihn zu meiden.
    Und so zog der Junge los: das Schwert auf dem Rücken, in der Tasche belegte Brote und saubere Unterwäsche, die ganze Welt – bildlich gesprochen – zu Füßen. Außerdem nahm er das Schreiben des berühmten Patriziers mit, der die große und prächtige Stadt Ankh-Morpork regierte.
    So hatte sich jedenfalls seine Mutter ausgedrückt. Nun, der Briefkopf zeigte ein beeindruckendes Wappen, doch die Unterschrift lautete: ›Lupin Schnörkel, Sekr’r, pp.‹
    Trotzdem: Wenn der Brief nicht vom Patrizier persönlich unterzeichnet worden war, so hatte ihn bestimmt jemand geschrieben, der für ihn arbeitete. Oder im gleichen Gebäude wohnte. Wahrscheinlich
wußte
der Patrizier wenigstens von dem Brief. In groben Zügen. Und wenn er nichts von
diesem
Brief ahnte, so war ihm sicher bekannt, daß ein Phänomen namens Post existierte.
    Karotte wanderte mit
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