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Wach auf, wenn du dich traust

Wach auf, wenn du dich traust

Titel: Wach auf, wenn du dich traust
Autoren: Angela Mohr
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hatte. Debbie war vielleicht nicht die Angesagteste in der Klasse, aber ganz bestimmt auch kein Mauerblümchen. Die Kontaktliste in ihrem Handy konnte sich durchaus sehen lassen.
    Schicksal, dachte Jenny nach dem Abendessen, während sie die knarzenden Holzstufen zu ihrem Zimmer hochging. Manchmal gab es Dinge, die ließen sich nicht so leicht erklären.
    Sie hoffte, dass das Eis zwischen ihr und den anderen jetzt endgültig brechen würde. Wenn sie eine ganze Woche mit ihnen zusammen verbrachte. Wenn sie gemeinsam mit ihnen ein Jugendhaus renovieren würde, dann wäre sie doch endgültig eine von ihnen, oder nicht? Das konnte doch gar nicht anders sein.
    Und wenn Tizian dabei wäre? Vielleicht nicht auf der Freizeit, aber spätestens beim Renovieren? Das würde sich keiner hier entgehen lassen, da war Jenny sich sicher. Sie versuchte, die Vorstellung, wie sie Seite an Seite mit Tizian eine Wand strich und sie sich dabei lachend mit Farbe bespritzten, sofort wieder aus ihren Gedanken zu verbannen.
    Als Jenny am nächsten Morgen verschlafen nach unten trottete, saß ihre Mutter bereits am Küchentisch. Sie brütete über einem Haufen Papieren.
    Als sie Jenny bemerkte, strahlte sie sie an. »Ich weiß, was wir machen. Guck mal, hab was rausgefunden.«
    Lissy stand auf und schenkte Kaffee in eine Tasse, die sie vor Jenny hinstellte. »Wir beantragen was beim Sozialamt. Aus dem Bildungspaket.« Sie senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Für die bildungsferne Unterschicht wie uns, du verstehen?« Sie lachte glucksend.
    Jenny verschluckte sich beinahe an ihrem Kaffee. Die gute Laune ihrer Mutter am Morgen war legendär, Jenny hatte keine Ahnung, wie die das immer hinbekam. Manchmal war es geradezu nervtötend. An manchen Tagen aber, so wie heute, genoss Jenny, dass sie nichts sagen musste, und trotzdem gut gelaunt in den Tag starten konnte. Ihr Vater hingegen war ein Morgenmuffel wie sie selbst. Wenn sie mit ihm alleine war, konnte es passieren, dass sie sich eine Viertelstunde gegenübersaßen, ohne ein einziges Wort zu sagen.
    Als Joachim in diesem Moment in die Küche kam, fuhr er sich durchs Haar und knautschte mit den Händen sein Gesicht zusammen, als müsse er es durch diese spezielle Massage auf das Tageslicht vorbereiten.
    »Frisch ans Tagwerk«, flötete Lissy und schlug ihm auf den Hintern. Er wehrte sie halbherzig ab.
    Wortlos goss er sich Kaffee ein und setzte sich zu Jenny an den Tisch. Irgendwann fiel sein Blick auf die Papiere, die Lisgard auf dem Tisch ausgebreitet hatte.
    »Was ist denn das?«, fragte er.
    Jennys Mutter war gerade dabei, die Teller vom Vorabend abzuspülen – gab es eigentlich irgendetwas, das diese Frau am frühen Morgen bremsen konnte? »Bildungspaket«, sagte sie, »da kann man die Übernahme der Kosten von Ferienfreizeiten beantragen. Hab die Formulare aus dem Internet.«
    »Solche Almosen brauchen wir nicht«, murrte Joachim und schob die Papiere zur Seite.
    »Sei nicht albern«, erwiderte Lisgard, ohne ihre Tätigkeit zu unterbrechen. Jenny konnte geradezu hören, wie sie die Augen verdrehte, obwohl sie mit dem Rücken zu ihnen stand. »Das steht uns zu und deshalb werde ich auch kein schlechtes Gewissen haben, es zu nehmen.«
    »Wir sind doch keine Bittsteller!«, widersprach Joachim. Jenny seufzte. Diese Gespräche hatte sie schon zu oft mit anhören müssen. Warum konnte ihr Vater nicht endlich akzeptieren, dass sie eben nun mal kein Geld hatten und nicht naserümpfend alles ablehnen konnten, was sie angeboten bekamen?
    Lisgard legte den Spülschwamm weg und drehte sich um. »Ich werde dafür sorgen, dass ich ein gefliestes Bad bekomme und meine Tochter eine Ferienfreizeit. Klar?« Sie sah Joachim an und zog die Augenbrauen hoch. »Das bricht uns keinen Zacken aus der Krone. Wenigstens mir nicht. Ich bitte um nichts, ich stelle einen Antrag. Das ist ein Unterschied.«
    Sie drehte sich wieder zur Spüle und schrubbte weiter den Topf. »Dein Stolz in allen Ehren, mein Lieber, aber es gibt einen Punkt, an dem wird es absurd. Und du bist gerade dabei, ihn zu überschreiten.«
    Jenny sah ihren Vater an, der sich hinter seiner Kaffeetasse verschanzte.
    »Paps«, sagte sie besänftigend, »ich möchte gerne dabei sein, wenn die das Jugendzentrum aufbauen. Es ist nicht so einfach, hier Anschluss zu finden. Und das wäre die Gelegenheit für mich! Du sagst doch auch selbst immer, man soll sich für was einsetzen.«
    »Da hat sie nicht ganz unrecht.«
    Joachim hielt
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