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Wach auf, wenn du dich traust

Wach auf, wenn du dich traust

Titel: Wach auf, wenn du dich traust
Autoren: Angela Mohr
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nicht«, widersprach Lissy und lachte glucksend, »der Landfrauenverein denkt darüber nach, eine Skulptur im Vereinsraum aufzustellen.«
    Jenny verdrehte die Augen. Sie hatte sich offensichtlich bereits bei Deborahs Augenverdreherei angesteckt. »Eine Bäuerin mit Schürze und großen Brüsten oder was?«
    Lissy grinste und zuckte mit den Achseln. »Geld stinkt nicht«, sagte sie. »An Auftragsarbeiten ist noch keiner gestorben. Auch die Kunst übrigens nicht.«
    »Aber verkauf dich nicht selbst«, sagte Joachim und stieß mit dem Messer in die Luft.
    »Von Prinzipien wird man nun mal nicht satt, mein Lieber.«
    »Trotzdem«, beharrte Joachim und stieß noch einmal zu.
    »Da klebt noch Butter dran!«, rief Jenny, während schon ein fettiges Stück auf sie zugeflogen kam und knapp neben ihrem Teller auf den Tisch klatschte. Eine Sekunde herrschte Ruhe, dann brachen sie alle drei in Gelächter aus.
    »Weißt du noch, als wir zum ersten Mal vor diesem Haus standen?«, fragte Lissy und sah Jenny an.
    Jenny konnte sich nur zu gut daran erinnern. Es war im März gewesen, die ersten Krokusse hatten sich bereits geöffnet und aus dem verwahrlosten Garten ein lilafarbenes Zauberreich gemacht. Unglaublich, dass seitdem schon zwei Jahre vergangen waren.
    »Wir sind hierhergezogen, weil wir die Stadt satthatten«, sagte Lissy. Sie lächelte versonnen und ihr Tonfall machte deutlich, dass das Thema damit für sie erledigt war.
    »Außerdem läuft der Kunsthandel ja ohnehin längst übers Internet«, sprach Lissy gut gelaunt weiter, »da kann ich im letzten Bergdorf hausen und trotzdem moderne Kunst machen.« Sie tat sich eine gehörige Portion Tomatensalat auf.
    Jenny schluckte das Brot hinunter, auf dem sie gekaut hatte. »Debbie will unbedingt, dass ich mitkomme in das Zeltlager«, sagte sie.
    »Und du?«, fragte Joachim. »Was willst du?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Ich würde schon gerne mitfahren. Wenn die Freizeit gut läuft, dann wollen die hier ein Jugendzentrum aufbauen.«
    »Ein Jugendzentrum?« Lissy nickte anerkennend. »Donnerwetter. Hier in dem Dorf?«
    »Dabei fehlt doch überall das Geld für Jugendarbeit«, überlegte Joachim laut.
    »Debbie sagte, das liegt an diesem Markus. Der will was auf die Beine stellen und die Freizeit soll so eine Art Probelauf sein. Zum Kennenlernen. Und damit er sieht, dass man mit uns hier was aufziehen kann.«
    »Hört sich doch gut an, was meinst du?« Lissy wandte sich Joachim zu. Der nickte zwischen zwei Bissen. »Auf jeden Fall«, sagte er.
    »Weißt du, was, Liebes«, sagte Lissy lächelnd, »melde dich einfach an für diese Freizeit. Wir kriegen das schon irgendwie hin.«
    Jenny nickte. Natürlich würden ihre Eltern eher auf die Fliesen verzichten, als ihr die Freizeit abzuschlagen. Und obwohl sie deshalb an einem dicken Kloß zu schlucken hatte, breitete sich gleichzeitig ein Strahlen über ihr ganzes Gesicht aus.
    »Wow«, rief sie, »im Ernst?«
    Lissy lächelte zurück. »Na klar«, sagte sie und kippte fast vom Stuhl, als Jenny ihr um den Hals flog. »Wenn du auf so was wie eine Freizeit verzichten müsstest, dann liefe doch echt was falsch! Außerdem wissen wir doch, dass du es liebst, draußen unterwegs zu sein, unter freiem Himmel zu schlafen… wie könnten wir dir das abschlagen?!«
    Plötzlich bekam Jenny feuchte Hände. Sie würde tatsächlich mitfahren! Bisher war das nur ein theoretischer Wunsch gewesen, von dem sie nicht ernsthaft geglaubt hatte, dass er sich mal erfüllen würde. Ein Wunsch, den sie sich nicht einmal so recht hatte eingestehen wollen.
    Seit zwei Jahren lebten sie jetzt hier, und wenn sie ehrlich war, fühlte sie sich immer noch irgendwie als Außenseiter. Die Dorfgemeinschaft war eingeschworen, da genügte es schon, einen anderen Dialekt zu sprechen, um außen vor zu bleiben. Bei der Freizeit waren ja auch Unterhofener dabei, vielleicht sogar noch Leute von ganz woanders, da starteten alle von null. Na ja, vielleicht nicht von null, aber beinahe, hoffte Jenny. Da war es vielleicht nicht so wichtig, woher man kam und ob schon die Eltern hier geboren worden waren.
    Sie konnte zumindest froh sein, dass Debbie sich offensichtlich nicht daran störte, dass Jenny zugezogen war. Damals, vor fast zwei Jahren, gleich in der ersten Pause war sie auf Jenny zugekommen und sie hatten gequatscht und gelacht und sich gleich richtig gut verstanden. Manchmal ertappte sich Jenny bei der Frage, warum Debbie eigentlich so zielstrebig ihre Freundschaft gesucht
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