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VT07 - Niemandes Welt

VT07 - Niemandes Welt

Titel: VT07 - Niemandes Welt
Autoren: Dario Vandis
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sie töten kann. Aber es werden immer mehr. In zwei Wochen werden sie das Dorf ausgelöscht haben – vielleicht auch schon früher.«
    Er sagte es mit einer Ruhe, die Marie erschütterte. Wie konnte er nur so unbeteiligt über den Tod sprechen?
    »Warum tut ihr nichts gegen sie?«, fragte sie.
    Ein verbitterter Zug kerbte sich in seine Lippen. »Was sollen wir tun? Kämpfen? Fliehen? Wir haben nichts, wohin wir fliehen können. Dieses Dorf, diese Felder sind unser Leben. Und wer gegen die Gruh kämpft, hat schon verloren. Er wird entweder getötet oder gebissen – wie deine Gefährten.«
    »Aber du kämpfst auch gegen sie.«
    Er hob die Schultern. »Es bleibt mir ja nichts anderes übrig.«
    Sie standen eine Weile lang stumm da. Marie genoss das Zirpen der Grillen und die sanfte, kühle Brise auf ihrer Haut. Ihre Kleider stanken immer noch nach Gruhblut, aber hier draußen an der frischen Luft war der Geruch zu ertragen.
    »Wo ist dein Maelwoorm abgeblieben?« Sie kam sich unendlich blöd vor, als sie diese Frage stellte – wie ein junges Mädchen, das verzweifelt an ein Gespräch anzuknüpfen versuchte.
    Nooga deutete auf eine der Lehmhütten, die etwas größer als die anderen war. »Wir haben nur noch zwei Zweitwoorms. Die Dritt- und Viertwoorms, die wir zunächst im Kampf verwendeten, sind von den Gruh zerrissen worden.«
    »Ihr könntet die anderen Dörfer um Hilfe bitten. In Ribe und Muhnzipal gibt es sicherlich weitere Maelwoorms.«
    Er verzog den Mund. »Ribe und Muhnzipal wird es genauso ergehen wie Kilmalie. Warum einander helfen? Jeder hat genug mit sich selbst zu tun.«
    Sie wusste nicht einzuschätzen, ob er meinte, was er sagte. Überhaupt war Nooga ein Rätsel für sie. Er hatte sie vor dem sicheren Tod gerettet. Und jetzt tat er, als scherte er sich nicht um das Leben der Dorfbewohner.
    »Ihr könntet die Wolkenstädte um Hilfe bitten«, schlug sie vor.
    Er kniff die Augen zusammen und musterte sie. »Du bist nicht von hier, deshalb kannst du nicht wissen, wie unsinnig deine Vorschläge sind. Die Wolkenstädter denken nur an sich selbst. Der einzige Grund, aus dem sie aus ihrem sicheren Hain herabsteigen, ist, um die Steuern einzutreiben. Sie sind keine Hilfe.«
    »Wenn die Wolkenstädter wissen, welche Bedrohung die Gruh darstellen, werden sie euch zu Hilfe kommen.«
    Er starrte sie halb verwundert, halb verärgert an. »Du bist wirklich naiv. Sie werden kommen, ja. Sie werden wissen wollen, wie es um ihre Felder steht, um ihre Nahrung. Und wenn sie sehen, dass das Feuer des Kilmaaro den Großteil der Ernten vernichtet hat, werden sie die Seile losbinden und weiterfliegen – dorthin, wo es keine Gruh und keinen Feuerberg gibt, aber dafür andere Menschen, von denen sie etwas zu essen erpressen können.«
    Marie schlug die Augen nieder. Sie kannte sich nicht aus in der Gegend um die Große Grube. Kilmalie, Ribe, Muhnzipal und auch dieses Dorf gehörten zum Steuereinzugsgebiet von Avignon-à-l'Hauteur, der Stadt ihrer beiden Schwestern Antoinette und Lourdes…
    Lourdes!
    Marie stellte erschrocken fest, dass sie überhaupt nicht mehr an ihre Halbschwester gedacht hatte. Ob sie noch am Leben war? Sie konnte es sich kaum vorstellen. Andererseits wollte sie die Hoffnung nicht aufgeben.
    »Ich werde mit den Prinzessinnen in Avignon reden«, sagte sie, einem Impuls folgend.
    Jetzt lachte Nooga auf. »Du bist wirklich nicht zu retten. Aus welchem Paradies kommst du, dass du so wenig Lebenserfahrung besitzt?«
    »Ich komme von weit her.«
    »Und was willst du hier?«
    »Ich war… auf der Durchreise. Mein Wit… Äh, ich meine, meine Kameraden und ich… Wir wollten auf der Andockstation eine Ruhepause einlegen.«
    »Tja, ihr habt euch die falsche Gegend ausgesucht.«
    Marie dachte voller Trauer an die treuen Gardisten, die bei dem Versuch, sie zu beschützen, ihr Leben gelassen hatten. Sie fühlte sich auf einmal entsetzlich allein und hätte sich am liebsten an Noogas Brust geschmiegt.
    Sie rief sich zur Ordnung, Impossible! Was waren das für unzüchtige Gedanken! Sie, eine Prinzessin, an der Brust eines Mannes – und dazu noch an der eines einfachen Maelwoormreiters!
    »Du bist eine seltsame Frau, Marie«, sagte Nooga und strich ihr über die Wange.
    Sie zuckte zurück.
    Er grinste. »Aber irgendwie mag ich dich. Du wirkst so unnahbar, aber in Wirklichkeit hast du bestimmt den Teufel im Leib. Ich habe gesehen, wie du mit den Gruh umgesprungen bist. Du bist eine beherzte Kämpferin…«
    »Nicht
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