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VT05 - Tag der Vernichtung

VT05 - Tag der Vernichtung

Titel: VT05 - Tag der Vernichtung
Autoren: Jo Zybell
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zwischen Percival und Vera hin und her. Offenbar suchte er Ähnlichkeiten zwischen Vater und Tochter. Schließlich nickte er aber und wandte sich ab.
    ***
    Zwischen Moshi und dem Kilimandscharo, 10. November 2011
    Sie saßen vor einem 24-Zoll-Monitor und betrachteten ein Gebilde, das aussah wie ein Baum. Es war aber kein Baum, sondern eine Nervenzelle unter dem Elektronenmikroskop.
    »Wir nennen diesen Neuronentyp ›Pyramidenzelle‹«, erklärte van der Groot. »Das ist der wichtigste Zelltyp in der Großhirnrinde, und genau der macht uns Schwierigkeiten.«
    Mit dem Cursor zeigte er auf einzelne Strukturen innerhalb des Neurons. »Hier kann man sehr schön sehen, dass die Zellalterung extrem langsam verläuft.« Er schob den Cursor auf eine Struktur in der Mitte des Neurons. »Das ist der Zellkern, und in dem findet leider kaum noch Stoffwechsel statt.«
    »Woran siehst du das, Doc?«, fragte Knox.
    »An der Färbung. Ich habe das Präparat gefärbt, sonst würde man die Neuronen nicht erkennen. Und würden die Ribosomen reibungslos funktionieren, würde der Zellkern eine tiefrote Färbung annehmen. Tut er aber nicht, leider. Er befindet sich vermutlich in einer Art Stasis und wird degenerieren wie die meisten anderen Zellen in seinem Hirn auch.«
    Van der Groot drehte sich nach dem Labortisch um, der mitten im geräumigen Labor stand. Ein Mann lag darauf: Hahn. Aus seinem Hirn hatte van der Groot das Zellmaterial punktiert.
    »Das müssen wir in den Griff kriegen. Irgendwie. Sonst wird uns Karl der Große sehr böse sein.«
    Die Arbeitsbedingungen in Charles Poronyomas Bunker hätten besser nicht sein können. Das Labor, das der Präsident ihm gekauft hatte, hätte jeden europäischen Biochemiker vor Neid erblassen lassen. Das teuerste Elektronenmikroskop hatte Charles Poronyoma alias Karl der Große ihm hingestellt, und einen Rechner, mit dem man vernünftig arbeiten konnte. Mitte Oktober waren auch noch seine beiden Assistenten in Daressalam gelandet.
    Van der Groot hätte eigentlich zufrieden sein können.
    Das Problem war nur folgendes: Sein Gepäck, das man ihm ein knappes Jahr zuvor am Flughafen von Daressalam abgenommen hatte, war bis auf wenige Stücke verschwunden.
    Sein Laptop gehörte nicht zu den wenigen Stücken, die knapp achthundert Gramm ITH ebenfalls. Geblieben war ihm – abgesehen von ein paar Wäschestücken und einem Rasierapparat – nur die zweihundertfünfzig Gramm der Bergmannvariante.
    Nun musste er den Wirkstoff irgendwie auf den Ausgangsstoff, das ITH, zurückführen, denn der Präsident wollte keine Killerarmee, sondern er wollte die ersten postapokalyptischen Jahrzehnte verschlafen.
    »Hast du denn eine Idee, Doc?«, wollte Knox wissen.
    »Aber sicher doch.« Van der Groot veränderte den Fokus der Aufnahme des Elektronenmikroskops. Nun sah man gleich mehrere Bäume und dazwischen etliche Gebilde, die Knox an Kraken erinnerte. »Das hier sind so genannte Stellatum-Interneurone, auch ›Sternzellen‹ genannt. Solche Nervenzellen üben eine hemmende Wirkung auf Pyramidenzellen in ihrer Umgebung aus. Ich nehme an, dass unser ITH eine bestimmte Komponente dieser hemmenden Wirkung verstärkt. Eine Komponente, die den Zellkern in eine tödliche Stasis versetzt…«
    Van der Groot runzelte die Stirn und musterte Knox misstrauisch von der Seite. »Kannst du mir folgen?«
    »Klar kann ich dir folgen, Doc.«
    »Gut. Der Präsident lässt mich hier nicht mehr weg, und niemand auf diesem Planeten macht noch Geschäfte mit Tansania. Wir können uns also momentan nirgendwo das reine ITH besorgen. Folglich muss ich den Wirkstoff, den wir jetzt haben, ein wenig verändern. Ich muss die molekulare Struktur einfach so modifizieren, dass die hemmende Wirkung auf den Zellkern der Pyramidenzellen in ihrer entscheidenden Komponente geschwächt oder sogar aufgehoben wird. Und ich weiß auch schon wie.«
    »Jetzt bin ich aber gespannt«, sagte Knox.
    Van der Groot schaltete Elektronenmikroskop und Computer aus und stand auf. »Ich muss ein wenig ausholen und dir ein bisschen was über die Physiologie der Großhirnrinde erklären. Vielleicht tue ich das, während wir Hahn bestatten. Ich hoffe, ich langweile dich nicht mit allzu viel Theorie?«
    »O nein. Ich liebe Gehirne!« Auch Knox stand auf.
    Gemeinsam gingen sie zum Tisch mit Hahns Leiche, legten sie in einen Leichensack und hievten diesen auf eine Trage.
    Während sie die Trage aus dem Labor und über den Hauptgang zum Hauptlift des Bunkers schoben,
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