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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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»Warum sind die Götter erzürnt über mich? Sie sollten ihre Wut gegen die Hunde des Rechten Wegs richten, wegen all den Dingen, die sie verbrochen haben! Doch nicht gegen mich!« Aufgeregte Rufe und schrille Schreie erhoben sich, als Staub wie aus eigener Kraft aus der Erde hochstieg und tanzend herumwirbelte. Verängstigte Hunde jaulten auf und schössen zwischen den Häusern hin und her.
    Das Beben wurde heftiger, und Eichelhäher verlor seinen Halt an Sängerling, wankte zur Seite und kippte zu Boden. Sängerling fiel rückwärts und hielt sich verzweifelt an Grashalmen fest, als ob die ihn retten könnten. Im Himmel über ihnen sprangen die Wolkenleute hin und her wie Lederbälle, die gegen Felswände geworfen werden.
    Dachbalken im Dorf barsten. Erde fiel in Kaskaden herab, und eine Staubwand wehte über die Plaza. Die Menschen krochen über die erschauernde Erde, um zu ihren zusammenbrechenden Häusern und ihren jammernden Kindern zu kommen.
    Der Donner nahm zu, wuchs an zu einem betäubenden Brausen und Dröhnen, das den stampfenden Schritten von Riesen glich. Sängerling schloß die Augen und betete…
    Ganz plötzlich dämpfte sich das Getöse zu einem Grollen; die Erde kam zur Ruhe. Das Dorf blieb stumm, war wie vom Donner gerührt. Dann brüllte jemand auf, und die Leute rannten über die Plaza, auf die Zimmerzeile zu, die zusammengebrochen war. Ein neuer Tumult entstand, da die Menschen sich mit den Händen durch die Trümmer gruben, schreiend und nach ihren Angehörigen rufend.
    Sängerling setzte sich auf. Zehn Handbreit entfernt stützte sich Eichelhäher auf die Ellbogen. Sie starrten sich gegenseitig an. Sein Großvater sah aus wie ein Mann, der gerade den Schöpfer gesehen hatte, den Kolibri, der aus den Himmeln herabstieß und sich vor ihm niederließ.
    »Wir wollen irgendwohin gehen und miteinander reden, junger Sänger«, sagte Eichelhäher schwer atmend. »Ich will deine Botschaft hören.«

52. K APITEL
    Eichelhäher saß mit Sängerling auf einer grasbewachsenen Anhöhe, von der aus man den Fluß überschaute, der sich am Fuße des Dorfs der Gila-Monster-Klippen durchs Land wand. Die neuen Blätter an den Bäumen mischten dem dunkleren Grün der Wacholder-Gruppen einen hellen Frühlingston bei. Aufgeblähte Wolkenbäuschchen segelten durch das blaue Himmelsgewölbe, aber in der Luft war ein merkwürdig fremdartiger Geruch, mit einer galligen, metallischen Note. »Du hast also Schwalbenschwanz getötet?«
    Sängerling schaute auf das Blut an seinen Händen, das sich, nun geronnen, in unregelmäßigen Flocken von seiner Haut löste. »Ja, Großvater.«
    Eichelhäher dachte über die Geschichte der Hüterin und der Türkis-Höhle nach und über Sängerlings schreckliche Entdeckung, wie Schwalbenschwanz Maisfaser vergewaltigte. Blutklümpchen hatten seinem Enkel das schwarze Haar an die Wangen geklebt. Eichelhäher beugte sich vor und stützte seine Unterarme auf die Knie. Eine Aura von Gemütsruhe und wachsender innerer Macht umgab den Jungen wie ein Schleier.
    »Ich habe mein Leben im Austausch für das von Eisenholz zum Opfer bringen wollen«, sagte Sängerling.
    »Du hättest dein Leben hingegeben, um ihn zu retten?«
    »Das war mein innigster Wunsch.«
    »Und was hat die Hüterin des Schildkröten-Bündels dazu gesagt?«
    Sängerling drehte sein tiefgebräuntes Gesicht zu dem Sonnengesprenkel im Gezweig. Die Lichtflecken glitzerten auf seinem Haar und wurden von seinen sanften braunen Augen zurückgeworfen. »Sie wußte, daß du ihn töten wolltest, und sie -«
    »Sie wußte das?«
    »Ja, ich weiß nicht, woher.«
    Eichelhäher spürte einen scharfen schmerzhaften Stich unterhalb seiner linken Brust, und er hob eine Hand, um über die Stelle zu reiben. »Das ist auch nicht wichtig. Heilige Menschen wissen solche Dinge oft, manchmal bevor wir sie selber wissen. Ich war nur überrascht. Sprich weiter.« Um Sängerlings Augen herum zeigten sich scharfe Sorgenfalten. »Die Hüterin fragte mich, warum ich mein Leben für einen Mann aufgeben wolle, den ich kaum kenne. Ich sagte ihr, ich könne es nicht mehr ertragen, daß immer mehr Freunde von mir sterben und daß alles mein Fehler sei. Wäre ich nicht geboren worden, hätte Nordlicht mich sterben lassen, dann wäre all das nicht geschehen.« Eichelhäher ließ die Hand in den Schoß sinken und verschränkte die Finger fest ineinander. Er wußte nicht, was er sagen sollte. Sein Enkel liebte diese Leute vom Rechten Weg offenbar sehr. Sängerling
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