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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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verzerrtem Gesicht sank er langsam zu Boden. Er atmete noch ein letztes Mal tief aus, und sein Kopf rollte auf die Seite. Das Auge schloß sich.
    »Nein!« klagte Maisfaser.
    Ungestüm tastete Nachtsonne nach der Schlagader am Hals … und spürte einen Puls. Er war schwach… aber er war da. »Er schläft… oder ist bewußtlos. Aber er lebt.«
    Sie drehte sich um, als ein Geschrei laut wurde und die Leute zurückwichen, um Eichelhäher den Weg freizugeben. Der Häuptling schritt mit flammenden Augen hindurch, und Sängerling folgte ihm auf dem Fuße.

    Als Eichelhäher seinen Speer über Eisenholz hob, sprang Sängerling dazwischen und schlug ihn zur Seite. »Ich muß unbedingt mit dir sprechen!«
    »Geh weg! Hier ist eine alte Schuld zu begleichen, und ich habe viel zu lange damit gewartet, um -« »Nur einen Augenblick! Das ist alles, was ich will.« »Was willst du mir sagen? Um sein Leben bitten?« schrie Eichelhäher. Sein Gesicht war rot angelaufen. »Ich hab dir schon vor Tagen gesagt, daß ich Eisenholz nicht freilassen werde. Auf keinen Fall. Wie kannst du es wagen, herzukommen und zu fordern, daß ich meine Meinung ändere? Hörst du nicht die Seelen deiner ermordeten Ahnen, die nach seinem Blut verlangen?«
    »Großvater, bitte.« Sängerling breitete die Arme aus, in einer Geste der Demut und der Hilflosigkeit, und Tränen rannen ihm übers Gesicht. »Ich muß mit dir sprechen. Hör mich bitte an. Ich habe eine Nachricht für dich.«
    »Nachricht? Von wem?«
    Sängerling nahm all seinen Mut zusammen. Er sagte: »Von den Göttern.«
    Eichelhähers wutverzerrtes Gesicht erstarrte: »Was meinst du damit?«
    »Ich hatte eine Vision, Großvater. Die Göttin, die mit mir sprach, hat mir eine Nachricht für dich mitgegeben.«
    Eichelhäher schob ihn beiseite. »Das ist ein Trick. Du sagst das nur, um mich zu hindern, Eisenholz zu töten, aber ich habe schon -«
    »Ich schwöre dir, daß das kein Trick ist, und die Götter sind meine Zeugen, Großvater. Ich sage die Wahrheit. Wenn du mich nur kurz erklären läßt -«
    »Nein!«
    Eichelhäher hob die Lanze abermals, und da sprang Sängerling hinzu und rammte seinen Großvater so heftig, daß Eichelhäher zur Seite taumelte. Wutentbrannt wirbelte Eichelhäher herum und hob die Faust, um Sängerling zu schlagen.
    In diesem Augenblick schien die Welt stillzustehen.
    Die Menge war totenstill. Eichelhähers wütendes Gesicht wurde zu Stein.
    Als hätte sein ganzes Leben Sängerling zu diesem Punkt geführt, schrie er: »Du weigerst dich, die Worte der Götter zu hören? Was bist du für ein Führer? Mein Leben lang habe ich Geschichten vom großen Eichelhäher gehört, und jetzt sehe ich einen Mann, der sich über die Götter erhebt.« »Wenn die Götter mir eine Nachricht geben wollten, warum sagen sie mir das nicht selbst? Warum schicken sie mir einen schmächtigen Jungen -«
    »Ich bin ein Sänger, Großvater! Und vor all diesen Leuten sage ich dir: Du wirst mir zuhören!« Er drehte sich zu den glotzenden Mogollon um und hob die Hände. »Ich bringe Nachricht von den Göttern! Sie sind erzürnt über diesen Wahnsinn!«
    Heuler und einige der früheren Sklaven übersetzten die Worte, die sich in der Menge wie eine zischende Schlange verbreiteten. Einige Mogollon bespuckten Sängerling, andere blickten ihn furchtsam an.
    Eichelhäher packte Sängerlings Arm und schwenkte ihn herum, um ihm grimmig ins Gesicht zu sehen. »Mit dir befasse ich mich nachher, Junge. Aber jetzt…« Er verstummte plötzlich, und seine Blicke wanderten zwischen der Menge und dem Himmel hin und her. »Hörst du das?«
    »Was?« Sängerling lauschte mit schräggelegtem Kopf. Da war ein fernes Grollen, wie ein heftiges Gewitter über der Wüste… nur wurde es immer lauter, die Luft trug den Schall immer näher. »Mach Eisenholz tot«, rief Heuler. »Wir wollen das hinter uns bringen !«
    Aber Eichelhäher rührte sich nicht. Er stand da und lauschte. Schließlich flüsterte er: »O heilige Götter«, warf die Lanze zu Boden und griff nach Sängerlings Armen.
    Zuerst verstand Sängerling nicht, was vorging. Dann brüllte der Donner wie ein zusammenbrechendes Gebirge, das auf sie herunterkrachte. Eine der Wachen schrie auf und warf sich auf die bebende Erde, die Arme schützend über dem Kopf.
    Ein seltsames Schwindelgefühl überkam Sängerling. Er kämpfte um sein Gleichgewicht, er stolperte über die eigenen Beine und griff nach Eichelhäher, um sich festzuhalten.
    Eichelhäher brüllte:
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