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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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»Wolkenmädchen wird sich freuen, dich zu sehen. Die ganze Nacht hat sie gejammert.«
    »Du bist eine gute Frau, Sumach. Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe eine Stimme gehört, die mir zu sagen versuchte … Vielleicht kennst du das.« Turmfalke nahm eine geschnitzte Elfenbeinpuppe aus ihrem Bündel, ein kleines Figürchen. Von Sumachs Lippen kam ein Keuchen.
    »Woher hast du das?«
    »Aus Stechapfels Bündel. Kennst du die Puppe?«
    Sumachs Kinn zuckte, und Tränen traten in ihre alten Augen. »Die Puppe gehört meiner Enkeltochter Bergsee. Mein Enkel hat sie auf ihre Bahre gelegt, nachdem die Mammuts sie getötet hatten. Woher hat Stechapfel … wie konnte er sie nur einem toten Kind wegnehmen »Wir werden sie Bergsee zurückgeben. Im Land der Toten.« Turmfalke lächelte traurig. »Mein Sohn wird sie ihr bringen. Bestimmt. Er wird ihnen alles über Stechapfel erzählen.« Zärtlich steckte sie die Hand in das Bündel und berührte die mumifizierte Hand ihres Sohnes. »Nicht wahr, mein Sohn?«
    Sumach betrachtete sie eine Weile. »Ich will gehen und dir Wolkenmädchen bringen. Morgen werden wir singen und versuchen, viele Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Und sobald Sonnenjäger sich bewegen kann, wird der Otter-Klan hier weggehen, Turmfalke. Alles hier zurücklassen und wieder zu Mutter Ozean zurückkehren. Dorthin gehören wir.« Sie schüttelte den Kopf. »Dieses Dorf ist durch Hexerei befleckt. Es wird niemandem, der es betritt, anderes bringen als Kummer und Trauer.«
    Wie zur Antwort schüttelte ein schwaches Beben die Erde vielleicht eine Warnung vor dem, was noch kommen sollte. Der Firstpfahl zitterte und knirschte. Die Zeltwände flatterten. Die Stimmen vor dem Zelt verstummten abrupt, als ein leises Rumpeln ertönte. Turmfalke hielt den Atem an, bis es aufhörte.
    Sumachs Augen weiteten sich. Leise sagte sie: »Ich höre euch, ihr Geister-Der-Bebenden-Erde. Laßt uns nur noch Zeit, diesen Ort zu verlassen, dann könnt ihr ihn ins Tal abrutschen lassen und begraben.«
    Sumach schlüpfte durch den Zeltvorhang hinaus, und Turmfalke setzte sich mit ihrem Sohn auf dem Schoß hin und schaute auf Sonnenjäger.
    Entlang der Längswände des Zeltes schliefen Menschen unter Stapeln von Felldecken. Auf ihren Gesichtern spiegelte sich der schwache Schein des niedergebrannten Feuers in der Grube. Von den Kiefernpfosten, die den Zeltrahmen bildeten, hingen Körbe, und am Fuße der Wände standen mit schönen, glitzernden Muschelschalen gefüllte Netze. Aus den Händen schlafender Kinder lugten geschnitzte Holzpuppen hervor. Als Turmfalke um sich schaute, erblickte sie all das, was ein Heim ausmachte. Doch bald würde sie diesen Ort wieder verlassen.
    Und wieder heimatlos sein.
    Sie wußte nicht, wohin sie gehen sollte.
    Turmfalke wollte Sonnenjäger nicht wieder wecken und legte eine Hand auf seinen weißen Zopf.
    »Wohin werden wir gehen, Sonnenjäger? Wo wirst du glücklich sein?«

45. KAPITEL
    Klebkraut lief unter Schmerzen den Pfad entlang. Obwohl er wegen seiner Wunden hinkte, glitten seine riesigen Pfoten fast lautlos über den Boden.
    Vor sich konnte er Mutter Ozean unter der pastellfarbenen Berührung von Morgenrötekind schimmern sehen. Die wogenden Wellen flimmerten purpurrot, als wären sie mit zerbrochenen Muschelschalen bestreut. Die Spitzen der die Küste entlang wachsenden Tannen wurden gerade von den ersten Strahlen der Morgensonne getroffen. Vögel zwitscherten. In der Nähe ertönten die Geräusche des erwachenden Walbarten-Dorfes; Hunde bellten zum Geschrei der Kinder und den scheltenden Stimmen von Frauen.
    Klebkraut verlangsamte seinen Schritt. Er blutete nicht mehr, aber seine mächtigen Muskeln schrien vor Schmerz, als wären die Speer- und Messerwunden mit heißer Glut gefüllt. Die ganze Nacht hindurch war er gelaufen und hatte einen Verfolger weder gesehen noch gewittert. Doch der Wind blies mit einer solchen Gewalt, daß er vielleicht die menschliche Ausdünstung verweht hatte. Um sicherzugehen, daß niemand ihm folgte, blickte er ständig über die Schulter zurück. Sein suchender Blick fiel auf nichts als den heller werdenden Wald.
    Klebkraut trottete auf den Sandstrand und wandte sich nach Norden. Er durfte sich nicht von den Dorfbewohnern sehen lassen. Würden sie auch nur die Schwanzspitze eines Riesenwolfs erblicken, wäre bald das ganze Dorf auf den Beinen, und jeder gesunde Krieger würde nach seinem Atlatl greifen, um ihn zur Strecke zu bringen.
    Klebkraut übersprang einen
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