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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot
Autoren: Charlaine Harris
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Ärztin fand ihn zu ernst und dachte, er blicke zu finster drein.
    Ich wollte das alles gar nicht hören.
    Aber ich hatte nicht genügend Energie, andere aus meinem Kopf herauszuhalten.
    „Wie fühlen Sie sich, Miss Stackhouse?“ fragte die junge Frau ein wenig zu laut. Sie war eine schlanke Brünette mit großen braunen Augen und vollen Lippen.
    „Scheußlich“, flüsterte ich.
    „Das kann ich mir vorstellen“, sagte sie und nickte ein paar Mal, während sie mich untersuchte. Ich bezweifelte, daß sie das wirklich konnte. Ich wäre jede Wette eingegangen, daß sie noch nie auf einem Friedhof von einem mehrfachen Mörder zusammengeschlagen worden war.
    „Noch dazu haben Sie gerade Ihre Großmutter verloren?“ fragte sie mitleidig, und ich nickte, wobei ich den Kopf lediglich ein paar Millimeter bewegte.
    „Vor etwa sechs Monaten starb mein Mann“, sagte sie. „Ich weiß, was Kummer ist. Es ist sehr schwer, immer tapfer zu sein, nicht wahr?“
    Wer hätte das gedacht.
    „Er hatte Krebs“, erklärte sie - sie hatte mir die Frage vom Gesicht ablesen können. Ich versuchte, ihr nun auch lediglich mit den Augen mein Beileid auszusprechen, aber das war so gut wie unmöglich.
    „Nun ja.“ Die junge Frau richtete sich auf und war wieder ganz die geschäftige Ärztin. „Sie werden auf jeden Fall am Lehen bleiben. Sie haben ein gebrochenes Schlüsselbein, zwei gebrochene Rippen und eine gebrochene Nase.“
    Hirte von Judäa! Kein Wunder, daß ich mich so zerschlagen fühlte.
    „Ihr Gesicht und der Hals weisen erhebliche Prellungen auf. Wie sehr Ihr Hals in Mitleidenschaft gezogen wurde, haben Sie sicher schon selbst feststellen können.“
    Ich versuchte, mir auszumalen, wie ich wohl aussehen mochte. Wie gut, daß ich keinen Spiegel zur Hand hatte.
    „Dazu kommen unzählige kleinere Prellungen und Schnittwunden an Armen und Beinen.“ Die Ärztin lächelte. „Mit Ihrem Magen ist alles in bester Ordnung, und das gilt auch für Ihre Füße.“
    Haha. Sehr witzig.
    „Ich habe Ihnen Schmerzmittel verschrieben, klingeln Sie also bitte nach der Schwester, wenn Sie sich schlecht fühlen.“
    Hinter ihrem Rücken streckte ein Besucher den Kopf durch die Tür. Sie drehte sich um, womit sie mir die Sicht verstellte, und sagte: „Hallo?“
    „Ist dies Sookie Stackhouses Zimmer?“
    „Ja. Ich bin gerade fertig mit der Untersuchung, Sie können also hereinkommen.“ Die Ärztin (laut Namensschild am Kittel hieß sie Sonntag) sah mich fragend an, um meine Erlaubnis einzuholen. Ich brachte mühsam ein kaum hörbares „Sicher“ zustande.
    Daraufhin glitt JB du Rone an mein Bett und sah so wunderschön aus wie der stürmische Liebhaber auf dem Schutzumschlag eines Groschenromans. Sein lohfarbenes Haar schimmerte im Neonlicht, seine Augen hatten haargenau dieselbe Farbe wie sein Haar, und die Muskeln, die man dank seines ärmellosen Hemdes bewundern konnte, sahen aus, wie gemeißelt mit einem ... nun, mit einem Meißel eben. JB blickte auf mich herab, während Dr. Sonntag seinen Anblick durstig in sich aufsog.
    „Hey Sookie, wie geht's dir denn so?“ fragte er und strich mir sanft mit dem Finger über die Wange. Dann küßte er liebevoll eine der wenigen Stellen auf meiner Stirn, auf der sich kein blauer Fleck befand.
    „Danke“, flüsterte ich. „Wird schon wieder. Darf ich dir meine Ärztin vorstellen?“
    JB du Rone richtete seine großen Augen auf Dr. Sonntag, die praktisch über ihre eigenen Füße stolperte, als sie nun herbeieilte, um sich förmlich mittels Handschlag mit ihm bekannt zu machen.
    „Als ich mich damals hab' impfen lassen, waren die Ärzte noch nicht so hübsch“, sagte JB ernsthaft und ganz und gar ehrlich.
    „Sie waren nicht mehr bei einem Arzt, seit Sie Kind waren?“ wollte Dr. Sonntag baß erstaunt wissen.
    „Ich werde nie krank.“ Er strahlte. „Ich bin stark wie ein Ochse.“
    Und mit ungefähr genauso viel Verstand gesegnet. Aber Dr. Sonntag hatte Köpfchen für zwei.
    Ihr fiel kein Grund mehr ein, weswegen sie noch in meinem Zimmer hätte ausharren können, und so ging sie, nicht ohne JB über die Schulter noch einen letzten, sehnsüchtigen Blick zuzuwerfen, als sie bereits in der Tür stand.
    JB beugte sich zu mir hinab und fragte besorgt: „Kann ich dir irgendetwas besorgen, Sookie? Ein paar Cracker vielleicht?“
    Beim Gedanken an Cracker in meinem Mund schossen mir die Tränen in die Augen. „Nein, danke“, hauchte ich. „Die Ärztin ist verwitwet.“
    In einer
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