Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorstadtkrokodile

Vorstadtkrokodile

Titel: Vorstadtkrokodile
Autoren: M von der Grün
Vom Netzwerk:
unterhalten. Aber er war an seinen Stuhl gefesselt. Und als wenige Minuten später seine Mutter ins Zimmer trat, sagte sie direkt: »Also raus mit der Sprache. Das mit dem streifenden Ast habe ich euch gestern sowieso nicht geglaubt. Vom Ast eine Schramme, die sieht anders aus … los, erzähl schon, was los war«, forderte sie ihren Sohn energisch auf.
    Kurt begann stockend, dann aber berichtete er seiner
Mutter genau, was sich gestern, als sie das Fest verlassen hatten, abgespielt hatte. Und als er mit seinem Bericht fertig war, sagte er noch: »Die Italiener waren es nicht, sie sind unschuldig, die haben nur geklaut, was die anderen schon geklaut hatten.«
    Seine Mutter saß lange da und sagte nichts. Sie schüttelte immer wieder den Kopf. Schließlich sagte sie: »Eine schöne Bescherung ist das … eine schöne Bescherung.«
    »Was sollen wir denn jetzt machen, Mutter, was denn? Wenn wir die drei nicht anzeigen, dann sperren sie die Italiener für etwas ein, das die gar nicht gemacht haben. Und zeigen wir die drei an, dann verlieren wir Frank und Frank ist ein prima Kerl.«
    »Frag deinen Vater«, sagte sie und zuckte hilflos die Schultern.
    »Vater soll nichts davon wissen, erzähl ihm bitte nichts«, sagte Kurt.
    »Du kannst das nicht mehr geheim halten, er wird es doch erfahren, so oder so, warum willst du ihm das verschweigen«, antwortete sie.
    »Was würdest du tun?«, fragte Kurt fast bettelnd.
    »Anzeigen … würde ich sagen … aber berate dich mal mit den anderen. Vielleicht fällt euch was ein, dass die Italienerkinder wieder aus der Sache herauskommen und dass ihr Franks Bruder doch nicht anzeigen müsst … aber Einbruch ist nun mal Einbruch … Diebstahl ist nun mal Diebstahl.«

     
    Beim Mittagessen hatte Kurt keinen Hunger, er aß aber doch noch widerwillig ein paar Löffel Suppe, sonst hätte sich seine Mutter wieder Sorgen gemacht und ihn vielleicht nicht aus dem Haus gelassen. Seinem Vater erzählte er nichts.
    Am frühen Nachmittag kamen Maria und Hannes, um ihn abzuholen. Auf dem Weg zur Ziegelei erzählte er von seinem Gespräch mit Frank und dass er seine Mutter in alles eingeweiht habe. Es sei besser, wenn endlich ein Erwachsener alles wisse.
    Als sie an der Hütte ankamen, waren die Krokodiler vollzählig versammelt. Frank saß wie ein Häufchen Elend auf seinem Platz.
    Olaf sagte: »Ich war heute Vormittag schon einmal hier, gleich nach dem Regen. Ich war drüben im Keller. Da sind noch eine Menge Sachen drin, und die Kartons vor dem Haus, die sie vergessen haben, habe ich in den Flur gestellt.«
    Es stellte sich dann heraus, dass auch Frank den Krokodilern von dem Gespräch mit Kurt am Vormittag erzählt hatte, sodass sie gleich zur Abstimmung kommen konnten.
    Olaf stellte sich breitbeinig inmitten der Hütte auf und fragte: »Also, wer ist für anzeigen?«
    Alle hoben die Hand bis auf Frank, und, womit keiner gerechnet hatte, auch Kurt hob seine Hand nicht.
    »Du auch nicht?«, fragte Hannes.
    »Nein … wir sollten«, stotterte Kurt und wusste in diesem Augenblick nicht, was er sagen sollte.

    »Gerade du solltest dafür sein nach allem, was sie dir angetan haben und was Egon zu dir gesagt hat«, sagte Olaf. »Tot könntest du sein, jawohl.«
    »Aber das hat doch jetzt nichts mit mir zu tun«, wehrte Kurt ab. Es war ihm peinlich, dass die Entscheidung davon abhängig gemacht werden sollte, wie die Einbrecher sich ihm gegenüber verhalten hatten.
    »Schweine sind das«, rief Maria. »Man vergreift sich nicht an einem Wehrlosen, deshalb müssen wir sie anzeigen … sich an einem Wehrlosen vergreifen …«
    Da sprang plötzlich Frank auf, alle waren überrascht, und schrie: »Diese Hunde, anzeigen! Nichts wie anzeigen, das sollen sie büßen!« Und dann weinte Frank haltlos und fiel auf die Bank zurück.
    Es schüttelte ihn, so weinte er.
    Die Krokodiler warteten, bis er sich beruhigt hatte. Dann sagte Kurt: »Hört mal her, ich habe einen anderen Vorschlag. Wir machen es ganz anders. Wir ziehen jetzt alle zum Polizeiposten in die Wilhelmstraße und erzählen der Polizei, was wir gestern gesehen haben, was wir beobachtet haben. Dass nämlich die italienischen Kinder nichts mit der Sache zu tun haben, mit den Einbrüchen. Wir sagen einfach, wir haben die Einbrecher gesehen, wie sie die Sachen aus dem Keller geholt haben, aber wir haben keinen erkannt. Das sagen wir.«
    Die Krokodiler waren von Kurts Vorschlag verblüfft. Nach längerer Beratung schien er ihnen einzuleuchten; sie gaben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher