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Vorstadtkrokodile

Vorstadtkrokodile

Titel: Vorstadtkrokodile
Autoren: M von der Grün
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seine Schuhe verloren hatte, kehrte noch einmal um, um sie aufzulesen, Frank trat ihn dabei in den Hintern. Der Kleine schrie wie verrückt, da ließ Frank von ihm ab.
    Die anderen Krokodiler waren inzwischen dazugekommen. Olaf stand breitbeinig wie ein Cowboy mitten auf dem Weg und lachte hinter den Kindern her.
    Peter sagte: »Der Kleine hat dir doch gar nichts getan.«
    »Sich an einem Kleinen zu vergreifen!«, rief Hannes.
    »Ach was«, erwiderte Frank, »mein Vater sagt immer,
alle Ausländer sind Spitzbuben, vor denen ist nichts sicher, und mein großer Bruder sagt auch, dass die Kinder von den Ausländern schon zu Gangstern erzogen werden.«
    »Es muss nicht alles wahr sein, was dein Vater und dein großer Bruder sagen«, erwiderte Peter. Er war so empört, dass er sogar vergaß, in der Nase zu bohren.
    »Geh mal hin und erzähl das meinem Vater«, sagte Frank, »wirst sehen, was der mit dir macht, der legt dich übers Knie, das macht er mit dir.«
    »In der Fabrik hetzt er auch immer gegen die Ausländer, sagt mein Vater«, warf Hannes ein.
    Franks Vater war Vorarbeiter in der Fabrik, in der Hannes’ Vater als Schleifer arbeitete.
    Frank sah Hannes an, erwiderte aber kein Wort.
    »Kommt, Leute«, sagte Maria, »lasst uns nicht streiten wegen unserer Eltern, die sind halt so, die ärgern sich schon wegen einer Fliege an der Wand.«
    »Und warum sind sie so?«, fragte Hannes. »Meine Eltern sind nicht so.«
    Darauf bekam Hannes keine Antwort.
    Sie kehrten zur Hütte zurück, es war allen peinlich gewesen, was Frank da gemacht hatte, denn eine Abmachung in ihrer Bande hieß: Vergreif dich nicht an Schwächeren. Und Frank war es nun auch anzusehen, dass ihm selbst nicht wohl war. Er sagte wie zur Entschuldigung: »Was haben die eigentlich hier im Wald verloren, sollen doch in ihrem Viertel bleiben.«
    »Ist es dein Wald?«, fragte Maria.

    »Wir spielen ja auch nicht im Italienerviertel«, erwiderte Frank.
     
    Am Spätnachmittag fuhr Hannes in die Silberstraße, um mit Kurt zu spielen, wie sie es am Tag vorher verabredet hatten. Es regnete, sie hätten sowieso nicht im Freien spielen können. Gegen Abend ging ein heftiges Gewitter nieder, es wurde so dunkel, dass sie im Zimmer das Licht einschalten mussten. Nur die rasch aufeinander folgenden Blitze erhellten für Sekunden die Siedlung.
    Kurt saß in seinem Spezialstuhl, als Hannes in sein Zimmer trat, und malte mit Wasserfarben auf einem Tisch, den sein Vater von einem Schreiner hatte anfertigen lassen. Der Tisch konnte von Kurt allein so gedreht werden, wie er ihn brauchte.
    Kurt malte Landschaften und Gegenstände, die er vom Fenster aus sah. In der Schule wurden seine Bilder im Klassenraum und in den Vitrinen auf den Fluren ausgehängt, weil sie die besten waren. Manchmal allerdings malte er so, dass seine Eltern es nicht verstanden, und wenn sie ihm sagten, dass die Buche am Süggelbach doch ganz anders aussehe, antwortete er nur: »Ich male die Buche so, wie ich sie sehe.«
    Dann erwiderten seine Eltern nichts mehr und ließen ihn gewähren, weil es ja doch keinen Sinn hatte ihm etwas einzureden.
    »Spielen wir wieder Garage?«, fragte Hannes.
    »Willst du nicht mit malen?«, fragte er.
    »Kann ich ja doch nicht«, sagte Hannes.

    »Wieso kannst du nicht? Hast du es denn schon mal probiert?« Und als Hannes den Kopf schüttelte, fügte Kurt hinzu: »Na also, dann kannst du auch nicht wissen, ob du es kannst oder nicht. Setz dich zu mir.«
    Hannes versuchte es. Er pinselte drauflos und was herauskam, waren Farbkleckse auf dem Papier, die man mit viel Phantasie für ein Haus oder für einen Gartenzaun oder auch ein Tier halten konnte.
    Kurt, der sich das Ergebnis ansah, meinte: »Macht nichts, das nächste Mal wird es besser.«
    Und als Hannes sich ein neues Blatt zurechtgelegt hatte, da sagte Kurt: »Ich weiß, wer die Einbrecher sind.«
    Beinahe wäre Hannes der Pinsel aus der Hand gefallen, so überrascht war er. Er sah Kurt groß an. »Du weißt, wer die…«
    »Nicht so laut, meine Eltern dürfen nichts davon wissen, kein Wort.«
    »Du weißt es? Menschenskind, warum zeigst du sie denn nicht an? Von wem weißt du es… hat es dir jemand gesagt, wer ist es denn…« Hannes war so aufgeregt, dass er nicht leise sprechen konnte.
    »Sei doch nicht so laut, meine Eltern sitzen im Wohnzimmer, die können doch alles hören.«
    »Kurt, Mensch, nicht einmal die Polizei weiß was, die tappt völlig im Dunkeln, sagt mein Vater. Red schon, wer ist es?« Zum
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