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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison
Autoren: Kristine Weitzels
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Schulter einfach nicht
heranreichte. Der Gedanke brachte mich zum Lachen, was Ricardo sehr zu
irritieren schien. Jedenfalls konnte er plötzlich nicht mehr so tun, als
existiere ich gar nicht und warf mir einen verstörten Blick von der Seite zu.
Obwohl Corinna gleich neben Paolo stand, ignorierte er sie jedoch weiterhin. Sein
Bruder Fernando, der gut einen Kopf grösser und mit Sicherheit auch ein paar
Jahre älter war, stand hinter ihm und Ricardo drehte sich dann zu ihm um. Dabei
stellte sich Ricardo genau vor mich. Dauernd warf er seine schulterlangen Haare
zurück und konnte kaum ruhig stehen. Während er Paolo seinen Bruder vorstellte,
verlagerte er sein Gewicht ständig von einem Bein auf das andere. Das sah so aus,
als ob er dingend mal zur Toilette müsste, und ich fand, dass dieser Typ alles andere
als cool wirkte! Leicht angewidert wandte ich mich auf meinem Barhocker ab.
     
    Mittlerweile war das „Hollywood“ fast
leer und Margaritha stand mit vor der Brust verschränkten Armen hinter der
Theke und beobachtete uns. Als sie sah, dass ich mich umdrehte, kam sie zu mir
herüber. Doch dann tippte Paolo mir an Ricardo vorbei auf die Schulter und
fragte, ob ich Roberto und Fernando schon kennen würde. Corinna hatte Paolo
vorhin schon gesagt, dass dies mein erster Sommer in Lloret werden würde und
ich nahm an, dass Paolo auch nur höflich sein wollte. Jedenfalls hatte er
wesentlich bessere Manieren als dieser Ricardo! Ich schüttelte den Kopf und
wandte mich erneut Margaritha zu. Der DJ hatte die Musik schon heruntergefahren
als Zeichen, dass das „Hollywood“ nun schließen würde und somit konnte ich
Paolo ganz gut verstehen, als er dann zu Ricardo und seinem Bruder sagte, dass
er ihnen gerne zwei Freundinnen vorstellen wollte. Ricardo war nun gezwungen,
sich wieder umzudrehen, sodass er nicht mehr zwischen mir und Paolo und Corinna
stand —, und Paolo zwinkerte mir schnell zu. Statt nur den Kopf in seine
Richtung zu drehen, drehte ich mich daraufhin ebenfalls wieder ganz um. Dann
stellte Paolo mich und auch Corinna vor. Doch statt der obligatorischen
Küsschen, die dabei normalerweise ausgetauscht wurden, musterte uns Ricardo nur
von unten bis oben und sein Bruder nickte uns lediglich zu. Ich verzog keine
Miene. Alles an mir strahlte Desinteresse aus. Da Ricardo nun wieder zur Seite
getreten war, konnte ich auch Corinna wieder sehen, die zwischen Paolo und der
Theke stand. Ihr Gesicht wirkte wie eingefroren. Paolo entging die eisige Stimmung
natürlich nicht und er sagte zu Ricardo, dass er Corinna doch eigentlich kennen müsse — immerhin lebe sie nun schon länger hier und ein Mädchen mit so
wahnsinnig blonden Haaren und so einer Figur wäre Ricardo doch bestimmt
aufgefallen! Fernando stand schon wieder etwas abseits und tat so, als
beobachtete er die letzten Gäste. Ricardo verzog derweilen die Mundwinkel und
tat so, als ob er denken könnte. Fast theatralisch griff sich dann mit der Hand
an die Stirn und sagte zu Corinna: >>Ach du bist es! Ich hab‘ dich zuerst
gar nicht erkannt. Hab‘ ich dich nicht letztes Jahr ein paar Mal
gebumst?<<
     
    Ich traute meinen Ohren nicht und
warf rasch einen Blick auf Corinna. Doch Corinna blieb cool und dadurch
verhinderte sie wohl auch, dass Paolo Ricardo einfach eine klebte! Corinna lehnte
sich mit beiden Ellenbogen an die Theke, genau vor Ricardo. Die beiden waren
gleich groß. Paolo stand links von ihr und ich saß rechts von ihr auf meinem
Hocker. Dann lachte Corinna und sagte mit Unschuldsmiene: >>Keine Ahnung,
wo, sagtest du, arbeitest du?<<
    Ricardo war wirklich nicht sehr helle
und merkte nicht einmal, wie Corinna ihn nun mit seiner eigenen Taktik schlug!
Aber anscheinend konnte sich Ricardo auch beim besten Willen nicht vorstellen,
dass die Mädchen, die er gevögelt hatte, ihn jemals wieder vergaßen. Total
empört keifte er: >>Wie, du weißt nicht mehr, wer ich bin??<<
    Dabei plusterte er sich vor Corinna
auf, wie ein Frosch mit zu viel Luft im Bauch. Corinna tat so, als überlege sie
noch und legte dabei demonstrativ die Stirn in Falten. Dann schüttelte sie den
Kopf. Paolo und ich brachen fast gleichzeitig in schallendes Gelächter aus, nur
Ricardo begriff immer noch nicht, dass er auf den Arm genommen wurde.
    >>Yo soy Ri~car~do, el jefe de
propaganda del St.Trop’!<<, rief er daraufhin aufgebracht. Dabei verschränkte
er die Arme vor seiner schmächtigen Brust und warf demonstrativ seinen Kopf
zurück. Außerdem hatte er jede Silbe seines
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