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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison
Autoren: Kristine Weitzels
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ja auch alleine zurechtkommen musste, wenn Titus kam. Doch Titus blieb
natürlich selten so lange und oftmals kam er auch zusammen mit Adelio — nur
eben nicht dienstags. Aber in dieser Nacht schien Corinna sich an nichts zu
stören! Corinna gehörte definitiv zu den Menschen, deren Stimmung mit der Menge
ihres Alkoholkonsums stieg, ohne dadurch ausfallend zu werden. Sie wollte
wissen, was ich mit den ganzen Piccolos machte, die Adelio mir jede Woche
spendierte, denn dass ich keine zehn Flaschen austrank, darüber war sich
Corinna im Klaren. Also erzählte ich ihr, dass Adelio meine Piccolos größtenteils
immer in den Topf der Plastikpflanze schüttete, die im Séparée stand. Corinna
schüttelte daraufhin den Kopf und seufzte. Sie fand es schade um den guten
Alkohol! Als ich ihr dann jedoch auch sagte, dass ich Paco mittlerweile schon
gebeten hatte, den Topf regelmäßig zu leeren, weil es in dem Séparée sonst
total komisch roch, musste sie herzhaft lachen. Betrunken war Corinna jedenfalls
wesentlich besser zu ertragen als nüchtern! Plötzlich waren wir beide wieder
Freundinnen und nicht bloß zwei unterschiedliche Mädchen, die sich eine Wohnung
teilten und Arbeitskolleginnen waren.
     
    Weil Corinna in dieser Nacht so gut
drauf war, erzählte ich ihr auf dem Weg ins „Hollywood“ auch nichts von dem,
was Adelio mir über die lloretschen Mietpreise für gewerbliche Flächen und
Konzessionsgebühren im Gastronomie-gewerbe erzählt hatte. Über beides war
Adelio bemerkenswert gut informiert gewesen. Natürlich hatte Adelio wissen
wollen, wieso mich dies interessierte. Weil ich ihm aber zumindest jetzt noch
nichts von der Razzia erzählen wollte, sagte ich ihm nur, dass ich mich
gewundert hätte, wieso Paco nicht mal ein wenig Geld in die Renovierung des
„Mau-Mau“ stecken würde. Ich erklärte Adelio, ich hätte angefangen zu rechnen,
was Paco so umsetzen müsse und das war nicht eben wenig! Fazit war jedenfalls,
dass Paco nach Abzug seiner Unkosten noch genug Geld verdienen musste, um davon
sogar sehr gut leben zu können! Was also machte er mit all dem Geld? Auch
Adelio hatte das Thema dann ganz spannend gefunden und wir hatten angefangen,
uns auszumalen, was Paco mit dem Geld tat. Ich überlegte, dass er es ja
vielleicht sparen würde — für seine Rente, doch Adelio fand, dass Paco kein Typ
sei, der vorausschauend planen würde.
    >>Vielleicht hat er ja irgendwo
eine heiße Geliebte, die ihm hilft, das Geld auszugeben?<<, schlug Adelio
vor und ich lachte ihn aus.
    >>Nein<<, antwortete ich,
>>das wäre wohl genauso unwahrscheinlich, wie die Vorstellung dass er
jede Peseta, die er verdient, genau abrechnet und versteuert und den Rest dann
der Kirche spendet!<<
    Leider kam keiner von uns beiden an
dem Abend auf das Naheliegende.
     
    ***
     
    Obwohl wir erst um halb vier Uhr
morgens im „Hollywood“ ankamen, war der Laden noch ziemlich gut besucht!
Corinna hatte wohl Recht gehabt, denn ich erblickte sogleich viele neue,
gutaussehende Typen, die auch alle wie Propper gekleidet waren. Ich hatte
Alonso nur ein unverfängliches buenas noches zugerufen und war ohne
stehen zu bleiben gleich mit Corinna die Treppe hinuntergegangen. Unten
kicherte Corinna und erklärte: >>Dem hast du’s aber gegeben!<<
    Dann sagte sie, sie bräuchte jetzt
erst einmal einen Drink und suchte sich einen freien Platz an der barra uno .
Ich wollte lieber tanzen und nachdem ich schnell meine Handtasche bei
Margaritha abgegeben hatte, ließ ich Corinna an der Theke zurück. Kurz darauf
kam Corinna jedoch zu mir und zog mich von der immer noch vollen Tanzfläche.
    >>Weißt du, wer hier ist?<<,
zischte sie aufgeregt. Ohne jedoch meine abzuwarten, redete sie gleich weiter.
    >>Ricardo und Fernando vom St.Trop’
und Paolo ist auch hier! Mensch und ich seh' aus! <<
     Corinna war ganz aus dem Häuschen
und zog mich hinter sich herziehend schnurstracks zur Damentoilette. Während Corinna
dort nach Haarspray, Lipgloss, Parfüm und Kaugummi in ihrer riesigen Handtasche
kramte, plapperte sie munter weiter. Ich hatte mich derweilen auf den Schemel gesetzt,
auf dem an den Wochenenden immer die Toilettenfrau saß. Belustigt sah ich
Corinna dabei zu, wie sie versuchte, ihren Kopf um 180 Grad zu drehen, um ihren
Hintern im Spiegel betrachten zu können und dabei gleichzeitig auf den
Zehenspitzen balancierte.
    >>Mensch — Ricardo und Fernando — von den zwei Brüdern hab' ich dir doch schon hundertmal erzählt! Und
von Paolo mit seinem Affen auch!
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