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Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern
Autoren: Johanna Danninger
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Nachttischlampe fiel mit einem dumpfen Pochen
herunter. Ich machte „Uarrgkackemanngrr“, erwischte endlich den Verursacher des
morgendlichen Übels und nahm ab, ohne dabei auf das Display zu sehen. „Grra...
llo?“, krächzte ich.
    „Einen wunderschönen guten Morgen“, schallte es mir fröhlich
entgegen.
    Scheisse. Zu viel gute Laune, zu früh am Tag. Die Stimme am
anderen Ende gehörte eindeutig zu einer penetranten, quirligen Person namens
Vera.
    „Lena? Bist du noch dran?“
    Ich wollte ´Ja` sagen, brachte aber nur eine Art Grunzen
heraus.
    „Hey! Hab ich dich aufgeweckt?“
    So eine bescheuerte Frage!
    Nein, ich hör mich am Telefon immer an wie ein Papagei im
Stimmbruch!
    Schwerfällig rollte ich mich auf den Rücken und räusperte
mich. Immerhin war Vera meine beste Freundin, also hatte sie es verdient, dass
ich mit ihr ein freundliches Gespräch führte.
    „Ich hasse dich“, sagte ich.
    Vera kicherte. „Ja, ja. Mensch, Süße, es ist ein herrlicher
Tag! Du kannst doch nicht den ganzen Vormittag verpennen.“
    Konnte ich sehr wohl! Warum auch nicht? Ich war ledig, hatte
keine Kinder und wohnte in einem winzigen Appartement eines Wohnblocks. Was zum
Teufel sollte ich den ganzen Vormittag lang treiben? Alle meine Freunde
arbeiteten tagsüber und im Fernsehen kam zu dieser Tageszeit nur Schrott.
Außerdem war Schlafen eindeutig eine meiner Lieblingsbeschäftigungen.
    „Hallooo, Lena! Schläfst du schon wieder?“
    „Ja.“
    „Ach komm, jetzt sei nicht so muffig. Willst du gar nicht
wissen, warum ich anrufe?“
    „Du hast mich aufgeweckt, weil du sadistisch veranlagt bist“,
vermutete ich.
    „Nö. Ich habe gerade etwas erfahren, das dich bestimmt
interessieren wird.“
    „Hat es etwas mit einem Lottogewinn zu tun, den du jetzt mit
mir teilen willst?“
    „Nein, aber...“
    „Langweilig!“
    Vera stöhnte laut. „Dummkopf, jetzt hör mir doch erst einmal
zu!“
    Ich brummte und rieb mir ergeben über das Gesicht. „Okay.“
    „Eine Arbeitskollegin hat mir gerade erzählt, dass Pink im
September nach München kommt“, erklärte Vera.
    Ich schoss so abrupt in die Höhe, dass ich mir mit meinem
Daumen beinahe selbst ein Auge ausstach. „Was?“
    „Ha, ich wusste doch, dass dich das interessiert!“
    Natürlich wusste sie das. Wir beide waren schon zusammen zur
Grundschule gegangen und seither unzertrennlich. Vera kannte mich sehr gut.
Manchmal sogar besser, als ich mich selber. Und daher war es kaum
verwunderlich, dass sie wusste, dass ich ein absoluter Pink–Verehrer war und
ich mir schon immer gewünscht hatte, die Sängerin einmal live zu sehen.
    „Gibt´s noch Karten?“, stieß ich aufgeregt hervor. Meine
Morgenmuffigkeit war wie weggeblasen.
    „Naja, das ist ein wenig problematisch, deshalb habe ich dich
gleich angerufen“, sagte Vera langsam. „Ich wollte gleich im Internet Karten
reservieren, aber da hieß es dann, dass das Onlinekontingent, oder so ähnlich,
bereits ausgeschöpft ist.“
    „Na toll! Und darum rufst du mich an?“, maulte ich.
    „Tss, jetzt halt endlich die Klappe! Online ist kein Kauf
mehr möglich, aber es werden immer einige Karten für die Vorverkaufsläden
zurückgehalten, die an irgendeinem Clubprogramm teilnehmen. Ich hab den Namen
von dem Zeug vergessen, aber ich weiß … Trommelwirbel bitte! … dass der
Presseshop in der Kahnstrasse dazugehört!“
    Ich kratzte mich ungläubig am Kopf. „In unserer Kahnstrasse?
Hier in Wollbach? In unserem Kaff?“
    Man muss dazu sagen, dass Wollbach eine niederbayerische
Kleinstadt mit knapp 10000 Einwohnern war, gerade mal über zwei Tankstellen
verfügte, von denen keine länger als 23Uhr geöffnet hatte, und nicht einmal ein
Fastfood-Restaurant vorweisen konnte. Die Bezeichnung Kaff war daher
durchaus angebracht.
    „Ja! Du weißt schon, der Laden neben dem Schuhgeschäft“,
bestätigte Vera. „Wer hätte das gedacht, dass in Wollbach jemand überhaupt
schon einmal von einem erlesenen Clubprogramm gehört hat?“
    „Und dann auch noch daran teilnimmt.“
    „Genau, das habe ich mir auch gedacht. Darum habe ich
vorsorglich dort angerufen, weil ich sicher gehen wollte. Und ja – sie haben
noch Karten. Aber ich durfte nicht telefonisch reservieren. Die Letzten werden
nur noch bei Sofortkauf herausgegeben.“
    Geschockt sprang ich aus dem Bett. „Die Letzten? Warum hast
du das nicht gleich gesagt?“
    Ich hörte Vera noch gedämpft protestieren, während ich das
Handy zur Seite pfefferte und verzweifelt nach
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