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Vor Vampiren wird gewarnt

Vor Vampiren wird gewarnt

Titel: Vor Vampiren wird gewarnt
Autoren: Charlaine Harris
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»Komm schon, Sookie. Entweder du liebst ihn oder du liebst ihn nicht. Hör endlich auf, das Nachdenken darüber immer aufzuschieben, indem du eure Blutsbande für alles verantwortlich machst. Bla, bla, bla. Wenn du diese Blutsbande so sehr hasst, warum hast du dann nicht versucht herauszufinden, wie du dich davon befreien kannst?« Amelia registrierte den Ausdruck in meinem Gesicht, und plötzlich schwand ihre Gereiztheit. »Soll ich Octavia mal fragen?«, fragte sie in sanfterem Ton. »Wenn es einer weiß, dann sie.«
    »Ja, das würde ich gern herausfinden«, sagte ich nach einem kurzen Augenblick. Ich holte tief Luft. »Du hast vermutlich recht. Ich war so deprimiert, dass ich alle Entscheidungen aufgeschoben oder die bereits getroffenen nicht umgesetzt habe. Eric ist wirklich großartig. Aber ich finde ihn ... etwas übergriffig.« Eric hatte eine starke Persönlichkeit und war es gewohnt, der große Fisch im Teich zu sein. Und er wusste, dass er noch alle Zeit der Welt hatte.
    Die hatte ich nicht.
    Darauf war er bisher nicht zu sprechen gekommen, aber früher oder später würde er es tun.
    »Aber übergriffig oder nicht, ich liebe ihn«, fuhr ich fort. Das hatte ich noch nie laut ausgesprochen. »Und darauf kommt es vermutlich an.«
    »Vermutlich.« Amelia versuchte, mich anzulächeln, doch es blieb ein kläglicher Versuch. »Hör zu, mach einfach weiter damit, mit dieser Selbsterforschung.« Einen Augenblick lang stand sie nur da, mit diesem erstarrten halben Lächeln im Gesicht. »Also, Sook, ich mache mich jetzt besser auf den Weg. Mein Dad erwartet mich. Bestimmt wird er sich wieder in all meine Angelegenheiten einmischen, sobald ich in New Orleans ankomme.«
    Amelias Dad war reich, mächtig und glaubte kein bisschen an Amelias Kräfte. Doch er machte einen großen Fehler, wenn er ihre Hexenkünste nicht respektierte. Amelia trug magische Kräfte in sich, sie war damit geboren worden, wie jede echte Hexe. Und wenn Amelia eines Tages erst mal mehr Übung und Disziplin hatte, würde sie richtig angsteinflößend sein - mit voller Absicht angsteinflößend, und nicht mehr, weil ihre Fehler so furchtbar drastisch waren. Hoffentlich hatte ihre Mentorin Octavia ein Programm in petto, um Amelias Talent zu fördern und auszubilden.
    Nachdem ich Amelia auf der Auffahrt nachgewinkt hatte, schwand das breite Lächeln aus meinem Gesicht, und ich setzte mich auf die Veranda und weinte. Es brauchte in letzter Zeit nicht viel, damit ich in Tränen ausbrach, und die Abreise meiner Freundin war jetzt genau der richtige Anlass. Es gab so vieles, um das ich weinen musste.
    Meine Schwägerin Crystal war ermordet worden. Mel, ein Freund meines Bruders, war hingerichtet worden. Tray, Claudine und der Vampir Clancy waren in Ausübung ihrer Pflicht getötet worden. Und weil sowohl Crystal als auch Claudine schwanger gewesen waren, standen sogar noch zwei weitere Tote auf der Liste.
    Das hätte in mir vor allem wohl die Sehnsucht nach Frieden auslösen sollen. Doch statt zum Ghandi von Bon Temps zu mutieren, wusste ich tief in meinem Herzen, dass es noch jede Menge Leute gab, die ich tot sehen wollte. Für die meisten Toten, die meinen Lebensweg pflasterten, war ich nicht direkt verantwortlich. Doch mich quälte der Gedanke, dass keiner von ihnen gestorben wäre, wenn es mich nicht gegeben hätte. In meinen düstersten Momenten - und dies war einer von ihnen - fragte ich mich, ob mein Leben den Preis wert war, den es gekostet hatte.
    MÄRZ
    Ende der ersten Woche
    Als ich an einem bewölkten, kühlen Morgen ein paar Tage nach Amelias Abreise aufstand, saß mein Cousin Claude auf der vorderen Veranda. Claude verstand es nicht so gut wie mein Urgroßvater Niall, seine Anwesenheit zu verbergen. Weil Claude ein Elf war, konnte ich seine Gedanken nicht lesen - doch ich konnte immerhin erkennen, dass sein Geist da war, falls das nicht etwas zu undurchsichtig formuliert ist. Obwohl die Luft recht frisch war, ging ich mit meinem Kaffee auf die Veranda hinaus, denn ich hatte es geliebt, den ersten Becher auf der Veranda zu trinken, bevor ich ... vor dem Elfenkrieg.
    Ich hatte meinen Cousin seit Wochen nicht gesehen, auch während des Elfenkriegs nicht, und auch er hatte seit Claudines Tod keinen Kontakt mit mir aufgenommen.
    Ich hatte einen zweiten Becher für Claude mitgebracht und reichte ihn ihm. Schweigend nahm er ihn entgegen. Die Möglichkeit, dass er ihn mir aus der Hand schlagen könnte, hatte ich in Betracht gezogen. Sein
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