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Vor dem Urknall

Vor dem Urknall

Titel: Vor dem Urknall
Autoren: Brian Clegg
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Sie lächeln süffisant.
    Wenn ich mit jemandem am andern Ende des Zimmers sprechen möchte, geraten meine Stimmbänder in Schwingungen, die gegen die nächsten Luftmoleküle stoßen. Diese senden eine Folge von Klangwellen durch die Luft, lassen Moleküle über die Distanz wogen, bis diese Schwingungen schließlich an das Ohr der anderen Person dringen und deren Trommelfell vibrieren lassen, was im Endeffekt dazu führt, dass sie meine Stimme hört. Im ersten Fall war der Stein der Vermittler, im zweiten Fall war es die Klangwelle, aber in beiden Fällen bewegte sich etwas von A nach B. Um dieses Erfordernis, eine Strecke zurückzulegen – eine Reise, die Zeit in Anspruch nimmt –, geht es bei der Lokalität. Sie besagt, dass man nicht wie durch Zauberhand ohne diese Intervention auf ein entferntes Objekt einwirken kann.
    Wenn Sie das nächste Mal einem Zauberer bei der Arbeit zuschauen, wie er einen Trick zeigt, indem er ein entferntes Objekt manipuliert, versuchen Sie einmal, Ihre eigene Reaktion zu beobachten. Während sich die Hand des Zauberers bewegt, bewegt sich auch der Ball (oder was auch immer das Objekt, das er lenkt, sein mag). Ihr Verstand rebelliert gegen das, was Sie sehen. Sie wissen, es muss ein Trick im Spiel sein. Durch irgendetwas muss die Handlung der Hand mit der Bewegung des Objekts verbunden sein, sei es direkt, sagen wir, mit einem sehr dünnen Draht, oder aber indirekt: Vielleicht beobachtet eine versteckte Person die Hand des Zauberers und bewegt entsprechend dazu das Objekt. Ihr Gehirn weiß ganz genau, dass Handlungen über solche Entfernungen hinweg nicht real sein können. Wo eine Handlung über eine Distanz hinweg im Spiel zu sein scheint – beispielsweise ein Magnet, der ein Stück Metall anzieht, oder die Gravitation, die uns zum Erdmittelpunkt zieht –, lautet die wissenschaftliche Erklärung, etwas bewege sich zwischen den beiden fort. Irgendetwas Unsichtbares trägt die Kraft. Allerdings verstoßen diese Dinge nicht gegen Einsteins Relativität. So glauben wir zum Beispiel, dass die Gravitation mit Lichtgeschwindigkeit übertragen wird. Was sich ganz und gar von der gegenseitigen Beeinflussung bei der Verschränkung unterscheidet.

Entfernung existiert nicht
    Als David Bohm sich mit diesem Problem beschäftigte, ging er völlig anders an die Sache heran. Statt sich Sorgen über die fehlende Lokalität zu machen, fasste er dies als fundamentale Realität auf. Falls es unmöglich ist, dass etwas unverzüglich aus der Entfernung Einfluss ausüben kann, warum sollte man dann nicht, so überlegte er, die Entfernung ganz und gar abschaffen? Stellen wir uns also vor, es gebe so etwas wie Entfernung überhaupt nicht. Nehmen wir an, es sei ein Konzept, das eher eine ungewöhnliche Form unserer Wechselwirkung mit dem Universum beschreibt, als ein fundamentaler Aspekt der Beschaffenheit des Universums zu sein. Wenn es dann also keine Entfernung mehr zwischen unseren beiden verschränkten Teilchen gibt, fällt auch das Problem mit der vermeintlichen Kommunikation weg. Wir könnten sie als zwei Aspekte eines komplizierten Ganzen sehen und nicht als zwei wahrhaft individuelle Wesen, die räumlich voneinander getrennt sind.
    Wahrscheinlich war Bohm bei dem bemerkenswerten Sprung, die Gesamtheit der Realität neu zu interpretieren, durch seine Erfahrungen mit Plasmen während seiner Zeit in Berkeley inspiriert worden. Wie wir bereits gesehen haben, ist Plasma der Materiezustand mit einer höheren Energie als Gas, so wie Gas der Materiezustand ist, dessen Energiewerte höher als die von Flüssigkeiten sind. Bei der Umwandlung von Flüssigkeit in Gas nehmen die Atome einer Substanz eine energiereichere Form an und wirbeln sehr viel schneller umher. Beim Übergang von Gas zu Plasma gewinnen die Atome noch mehr Energie und sprengen ihre äußeren Elektronen fort, sodass ein Plasma zu einer gasförmigen Suppe geladener Ionen wird (Atome, die Elektronen aufgenommen oder abgegeben haben).
    Bohm entdeckte, dass Plasma dabei einen ungewöhnlichen Effekt erfahren kann, der heute Bohm-Diffusion genannt wird. Sie geschieht, wenn das Plasma einem Magnetfeld ausgesetzt wird. Er stellte fest, dass Elektronen unter bestimmten Umständen ihre Individualität zu verlieren schienen und sich so verhielten, als seien sie Teil eines verknüpften Ganzen.
    Als er einige Zeit später in Princeton war, erweiterte sich sein Interesse an Plasma auf die sogenannten Plasmonen. Diese werden manchmal auch Quasiteilchen
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