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Vor dem Urknall

Vor dem Urknall

Titel: Vor dem Urknall
Autoren: Brian Clegg
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vorangebracht worden. Die meisten Physiker tun sich schwer im Umgang damit und sehen darin eher eine Interpretation als einen Faktor, der in eine praktische Theorie integriert werden kann. Der Standardansatz zur Quantentheorie sorgt für hervorragende Übereinstimmungen zwischen Vorhersage und Experiment. Außerdem konnte die Elektronik vollständig auf der Grundlage der Quantentheorie entwickelt werden. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass Bohms Theorie in gewisser Weise attraktiv ist, da sie das Bild eines Universums vermittelt, in dem das Geschehen «vor dem Urknall» nur zu einem weiteren Aspekt des holographischen Ganzen wird. Sie lässt ein Kontinuum des Daseins zu, in dem der Urknall nur einer von vielen Meilensteinen und nicht unbedingt ein wahrer Anfang ist.
    Einige Wissenschaftler haben die Idee weiterentwickelt. Der renommierte Physiker Roger Penrose glaubt, dass sogar das Bewusstsein auf einem holographischen Konzept beruht. Unsere Gehirne speichern Erinnerungen nicht einfach Bit für Bit, wie es Computerspeicher tun. Außerdem lässt sich dem Bewusstsein nicht einfach auf derart reduktionistische Weise beikommen. Einzelne Zellen im Gehirn sagen uns nichts über das Bewusstsein: Man muss es als ein Ganzes betrachten. Dabei erkennt man sofort, dass es möglich wäre, ein ähnliches holographisches Modell auf die Beziehung zwischen Gehirn und Bewusstsein anzuwenden, wie Bohm es für das Verhältnis zwischen dem «wirklichen» holographischen Universum und unseren Beobachtungen vorschlug.
    Unabhängig von Bohms Arbeit entwickelte der Neurophysiologe Karl Pribram von der Stanford University sein Bild von der Funktionsweise des bewussten Gehirns, das gut zu Bohms Modell passte. Andere wiederum haben Bohms Vorstellungen benutzt, um eine Erklärung für paranormale Ereignisse zu finden, deren Existenz erst noch bewiesen werden müsste. Dabei geht es um Fernwahrnehmung, Wundertätigkeiten und die Untermauerung religiöser Überzeugungen des Fernen Ostens, die die Ansicht vertreten, alles sei Teil eines großen Ganzen. Das wahrscheinlich Schlimmste, was man über Bohms Theorien sagen kann, ist, dass sie benutzt werden können, um alle möglichen verwirrten Gedanken als Wissenschaft auszugeben.
    Dies scheint bei der philosophischen Lehre der Postmoderne gegen Ende des 20 . Jahrhunderts der Fall zu sein. Die Postmoderne ist der Wissenschaft gegenüber stets abgeneigt gewesen, weil diese nahezu sinnlose Philosophie den Wert des Reduktionismus nicht akzeptiert. Normalerweise spaltet die Wissenschaft ihren Untersuchungsgegenstand bis in seine kleinsten Bestandteile auf, um herauszufinden, wie alles funktioniert. Wer den Reduktionismus nicht mag, behauptet, dieses Verfahren verfehle das Ziel und begreife nicht, dass alles Teil eines Ganzen sei und wie sinnlos es sei, die Teile abzutrennen.
    Das Problem bei dieser Art von Antireduktionismus liegt allerdings darin, dass er nicht wirklich widerspiegelt, was wir in der Welt sehen. Natürlich kann man sagen, Empfindungen seien wichtiger als die «Realität» und Naturgesetze seien lediglich von Menschen erdachte Trugschlüsse. Tatsache aber ist: Wenn Sie vom Dach eines zwanzigstöckigen Hauses davonlaufen, hilft Ihnen Ihre Empfindung, frei schweben zu können, nicht im Geringsten weiter. Die Gravitation wird gewinnen. Es ist ein Fehler, Bohms Ideen mit dieser Art des Denkens in Zusammenhang zu bringen, denn obwohl sie auf ein holistisches Bild des Universums setzen, beziehen sie reduktionistische Resultate mit ein, statt sie zu ignorieren.
    Ja, Bohm sagte sehr wohl, alles sei miteinander verknüpft und es sei das Ganze, was zähle, aber er leugnete auch nicht, dass dieses Ganze Auswirkungen auf die Ebene habe, die wir als individuelle Teilchen betrachten. Sonst ähnelte es ein wenig dem Ausspruch: «Das Meer ist ein großes friedliches Gebilde. Wellen sind lediglich unbedeutende Kräuselungen in Bezug zum Ganzen», wenn ein Tsunami auf Ihren Strand zubraust. Diese unbedeutenden Kräuselungen können trotzdem stabile materielle Objekte zertrümmern.

Die Zukunft der Vergangenheit
    Und so erkennen wir auf unserem Ausflug durch Bohms erstaunliches holographisches Universum ein Bild der Realität, wo die Frage «Was geschah vor dem Urknall?» von uns verlangt, eine andere Betrachtungsweise des ganzen Universums anzunehmen, als wir sie sonst gewohnt sind. Hier beschreiben wir unsere herkömmlichen Beobachtungen als eine Illusion, als begrenzten Blick auf ein viel größeres
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