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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo
Autoren: Stone
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sah er die Scheinwerfer eines Konvois auf sich zukommen.

68
    Früh am nächsten Morgen kamen Vincent Paul, Francesca und Charlie, um ihn abzuholen.
    Paul saß am Steuer, Max auf dem Beifahrersitz, Francesca und Charlie hinten. Sie plauderten belangloses Zeug, das nur dazu diente, von einem Augenblick zum nächsten zu kommen und das Schweigen zwischen ihnen zu übertünchen: das Wetter, politische Gerüchte, Witze über Hillary Clinton und ihre geschmacklosen rosa Kostüme.
    Charlie schenkte ihnen keinerlei Beachtung. Er presste die Stirn an die Fensterscheibe und starrte in die verbrannte Landschaft hinaus, die in einem trockenen Sandbeige vorüberbrauste. Er trug neue Jeans, ein blaues T-Shirt und Turnschuhe. Max fiel auf, wie lang seine Beine waren. Er kam nach seinem Vater. Er würde ein großer Mann werden.
    Francesca streichelte ihm mit langen, sanften Bewegungen über den Rücken und die Schulter. Beim Sprechen schaute sie ihn von Zeit zu Zeit an und ließ den Blick auf ihm ruhen. Sie hörte nicht auf zu lächeln.
    Max würde in einem UN-Flugzeug zurück nach Miami fliegen und den Flughafen am Zoll vorbei verlassen. Plötzlich schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, Vincent könnte ihn bitten, Drogen für ihn zu schmuggeln. Aber im gleichen Moment meldete sich die Stimme nüchterner Vernunft zu Wort: Paul würde wohl kaum einen Kurier brauchen, wenn ihm die UN zur Verfügung standen.
    Sie fuhren durch eine Seiteneinfahrt abseits des Hauptterminals auf das geflickte Rollfeld, wo eine militärgrüne DC10 wartete. Die Passagiertür stand offen, davor eine Treppe. Ansonsten war das Rollfeld verlassen.
    »Bin ich die einzige Fracht?«, fragte Max.
    »Nein. Sie sind der einzige Passagier«, berichtigte ihn Paul und stellte den Motor ab. Sie saßen da und betrachteten das Flugzeug.
    »Was ist mit Chantale?«
    »Die habe ich laufen lassen. Sie wird in ein paar Stunden in einen Flieger nach Miami steigen.«
    »Gustav Carver, Co-dada, Eloise Krolak? Was ist mit denen passiert?«
    »Was glauben Sie?«, fragte Paul mit unbewegter Miene. »Die Welt braucht ein Gleichgewicht, Falsches muss berichtigt werden. Sie wissen doch, wie das ist.«
    Max nickte. Er wusste es.
    »Und was werden Sie mit sich anstellen, daheim in Miami?«, fragte Paul.
    »Es gibt auch in meiner Welt einiges ins Gleichgewicht zu bringen, einiges zu berichtigen«, sagte Max.
    »Na ja, Gaspésie ist davongekommen.« Paul sah Max aus den Tiefen seiner tief liegenden Augen an. »Und Allain Carver ist auch noch auf der Flucht. Wollen Sie den Job?«
    »Nein.« Max schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, Vincent, Sie sollten es gut sein lassen. Es ist doch alles gut ausgegangen für Sie drei. Sie haben Charlie gesund und wohlbehalten zurück. Sie haben einander. Sie sollten dankbar sein. Meistens geht es anders aus.«
    Paul antwortete nicht, er starrte schweigend aufs Rollfeld.
    »Was ist mit Ihnen?«, fragte Max. »Was werden Sie tun?«
    »Ich spiele mit dem Gedanken, ein paar Dinge in meinem Leben zu ändern.« Paul schaute sich zu seiner Familie um und lächelte.
    »Na ja, das Wirtschaftsimperium der Carvers steht Ihnen ja jetzt offen«, sagte Max. »Eine Schande, dass der alte Drecksack das nicht mehr erleben durfte.«
    »Glauben Sie an Gott, Max?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Dann sieht Gustav alles, was jetzt geschieht … von seinem Wohnhaus in der Hölle aus.«
    Sie lachten beide gleichzeitig los. Francesca stimmte nicht mit ein. Charlie starrte weiter aus dem Fenster.
    Sie stiegen aus dem Wagen.
    Zwei Jeeps mit Pauls Leibwächtern, die ihnen zum Flughafen gefolgt waren, rollten heran. Paul ging zu ihnen und ließ Max mit Francesca und Charlie allein zurück.
    Max wurde klar, dass er seit jener Nacht, als sie ihn in seinem Haus aufgesucht hatte, kein Wort mehr mit Francesca gewechselt hatte. Er vermutete, dass sie von Vincent Paul dort abgesetzt worden war, kurz bevor der ihm auf der Straße das Leben gerettet hatte.
    »Und was ist mit Ihnen?«, fragte er sie.
    »Was soll mit mir sein?«
    »Ist es das jetzt? Bleiben Sie hier?«
    »Warum nicht? Das ist mein Zuhause. Im Guten wie im Schlechten.« Lachend legte sie Charlie die Hände auf die Schultern. Dann wanderte ein Schatten über ihr Gesicht. »Werden Sie etwas sagen? Über mich?«
    »Machen Sie sich darüber keine Sorgen«, sagte Max.
    Er sah Charlie an. Charlie schaute zu ihm hoch, den Blick auf sein Kinn gerichtet. Max ging in die Hocke, um auf Augenhöhe mit ihm zu sein.
    »Bis bald, Charlie Carver«,
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