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Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost

Titel: Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
Autoren: Harlan Coben
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Korb.
    Auf den falschen Korb.
    » Wirf!«, rief der Coach noch einmal.
    Und Jack, ein netter Junge, der Menschen gerne einen Gefallen tat und großes Vertrauen in die Erwachsenen hatte, tat, was man ihm sagte.
    Der Ball traf. Den falschen Korb. Zwei Punkte für Kasselton.
    Die Eltern aus Kasselton jauchzten vor Vergnügen, viele lachten sogar lauthals. Die Livingstoner Eltern hoben verzweifelt die Hände und stöhnten über den Fehler eines Fünftklässlers. Und dann klatschte der Kasseltoner Coach, der Kerl mit dem Bürstenhaarschnitt und dem Boygroup-Bart, seinen Assistenztrainer ab, deutete auf Jack und rief: » Hey, Junge, kannst du das gleich nochmal machen?«
    Jack war zwar der größte Jugendliche auf dem Platz, in diesem Moment wirkte es aber, als versuchte er mit aller Macht, sich so klein wie möglich zu machen. Das schiefe Halblächeln verschwand. Seine Lippen zuckten. Er blinzelte. Jeder Teil seines Körpers krampfte sich zusammen– genau wie mein Herz.
    Ein Vater aus Kasselton legte noch einen drauf. Er lachte, formte aus den Händen einen Trichter um den Mund und rief: » Passt den Ball zu dem Großen von Livingston. Er ist unsere stärkste Waffe.«
    Win tippte dem Mann auf die Schulter. » Sie halten jetzt sofort den Mund.«
    Der Vater drehte sich zu Win um, sah die Weichei-Kleidung, die blonden Haare und das feingliedrige Gesicht. Er wollte schon grinsen und eine dumme Bemerkung machen, aber irgendetwas– vermutlich ein uralter Selbsterhaltungstrieb, der schon für das Überleben der Reptilien verantwortlich war– hielt ihn dann doch noch davon ab. Er sah Win in die eisblauen Augen, dann senkte er den Blick und sagte: » Okay, ’tschuldigung, das war wohl ein bisschen daneben.«
    Ich bekam es kaum noch mit. Ich konnte mich nicht rühren, saß stocksteif auf der Tribüne und starrte den selbstgefälligen Coach mit dem Bürstenhaarschnitt an. Ich spürte, wie es in mir tickte.
    Die Halbzeit-Sirene ertönte. Der Coach schüttelte immer noch den Kopf und lachte. Einer seiner Assistenztrainer drückte ihm die Hand. Ein paar Eltern und Zuschauer gingen zum Coach und taten es dem Assistenztrainer nach.
    » Ich muss los«, sagte Win.
    Ich antwortete nicht.
    » Soll ich noch in der Nähe bleiben? Für alle Fälle?«
    » Nein.«
    Win nickte kurz und ging. Ich starrte den Trainer von Kasselton weiter unverwandt an. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, stand ich auf und ging die wackelige Tribüne hinunter. Sie erzitterte bei jedem meiner Schritte. Der Trainer ging in Richtung Tür. Ich folgte ihm. Er ging in die Toilette. Dabei grinste er wie der Idiot, der er zweifelsohne war. Ich blieb vor der Tür stehen und wartete auf ihn.
    Als er wieder herauskam, sagte ich: » Großartig.«
    Die Worte » Coach Bobby« waren in sein Hemd eingestickt. Er blieb stehen und starrte mich an. » Was bitte?«
    » Einen zehnjährigen Jungen zu ermuntern, auf den falschen Korb zu werfen«, sagte ich. » Und dann diese zum Schreien komische Bemerkung › Hey, Junge, kannst du das gleich nochmal machen‹, nachdem Sie dazu beigetragen haben, ihn zu demütigen. Sie sind wirklich ein ganz toller Hecht, Coach Bobby.«
    Die Augen des Trainers verengten sich. Aus der Nähe betrachtet war er groß, breit, hatte kräftige Unterarme, ausgeprägte Fingerknöchel und eine Neandertaler-Augenbraue. Ich kannte diese Typen. Die kennen wir alle.
    » Das gehört halt zum Spiel, Kumpel.«
    » Einen Zehnjährigen zum Gespött der Leute zu machen, das gehört zum Spiel?«
    » Ihn verunsichern. Den Gegner so unter Druck setzen, dass er einen Fehler macht.«
    Ich sagte nichts. Er musterte mich und kam offenbar zu dem Ergebnis, jau, mit dem werd ich schon fertig. Große, kräftige Männer wie Coach Bobby sind oft davon überzeugt, dass sie mit praktisch jedem fertig werden. Ich starrte ihn nur an.
    » Haben Sie irgendwelche Probleme damit?«, fragte er.
    » Das sind Zehnjährige.«
    » Na ja klar sind das Zehnjährige. Was sind Sie– einer von diesen zartbesaiteten, rührseligen Daddys, die glauben, dass alle auf dem Platz gleich sein sollen? Dass man bloß keine Gefühle verletzen darf und daher auch keiner gewinnen oder verlieren soll? Hey, dann zählen wir doch am besten gar nicht erst die Punkte, oder?«
    Der Assistenztrainer von Kasselton kam zu uns herüber. Er trug das gleiche Hemd wie der Trainer, allerdings mit dem Schriftzug » Assistenztrainer Pat«.
    » Bobby? Die zweite Halbzeit fängt gleich an.«
    Ich trat einen Schritt näher an den
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