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Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost

Titel: Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
Autoren: Harlan Coben
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sie nur einen sehr begrenzten Einfluss darauf haben.«
    » Sie hat nie auch nur das kleinste bisschen Liebe erfahren, Terese.«
    » Die bekommt sie jetzt.«
    » Du weißt nicht, wozu sie in der Lage ist.«
    » Ich weiß von niemandem, wozu er in der Lage ist.«
    » Das ist keine Antwort«, sage ich.
    » Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Sie ist meine Tochter. Ich werde auf sie aufpassen. Genau das tun Eltern. Außerdem werde ich sie beschützen. Und du hast unrecht. Du hast doch mit Ken Borman gesprochen, oder? Dem Jungen von der Privatschule.«
    Ich nicke.
    » Carrie hat sich zu ihm hingezogen gefühlt. Trotz der unaussprechlichen Hölle, die sie Tag für Tag erlebt hat, ist da irgendwie eine emotionale Verbindung zustande gekommen. Sie hat versucht, aus diesem Leben auszubrechen. Deshalb war sie mit Matar in Paris. Da sollte sie wieder auf Linie gebracht werden.«
    » War sie dabei, als Rick ermordet wurde?«
    » Ja.«
    » Ihr Blut wurde am Tatort gefunden.«
    » Sie sagt, sie hätte versucht, ihn zu retten.«
    » Glaubst du ihr?«
    Terese lächelt mir zu. » Ich habe eine Tochter verloren. Ich würde alles– einfach alles– tun, um sie zurückzubekommen. Verstehst du das? Du könntest mir zum Beispiel auch erzählen, dass Miriam überlebt hat und jetzt ein schreckliches Monster ist. Das würde nichts daran ändern.«
    » Carrie ist nicht Miriam.«
    » Trotzdem ist sie meine Tochter. Ich werde sie nicht aufgeben.«
    Hinter Terese steht ihre Tochter auf und kommt den Berg herunter. Sie bleibt stehen und sieht uns an. Terese lächelt und winkt ihr zu. Carrie winkt zurück. Vielleicht lächelt sie auch, das kann ich nicht genau sagen. Ich kann auch nicht genau sagen, ob Terese hier im Unrecht ist. Aber ich denke darüber nach. Ich denke an den blonden Teenager, der die Treppe heruntergekommen ist, um mich zu erschießen, und warum ich da gezögert habe. Veranlagung ist stärker als Erziehung, wenn das Mädchen da oben die leibliche Tochter Mohammad Matars gewesen wäre, wenn ein Kind, das von verrückten Extremisten gezeugt und auch von ihnen erzogen wurde, zu einem verrückten Extremisten wird, werden wir ihn oder sie töten, ohne groß darüber nachzudenken. Ändern die Gene irgendetwas daran? Machen die blonden Haare und die blauen Augen so viel aus?
    Ich weiß es nicht. Ich bin viel zu müde, um darüber nachzudenken.
    Carrie hat nie Liebe erfahren. Jetzt wird sie geliebt. Nehmen Sie einmal an, Sie und ich wären aufgewachsen wie Carrie. Wäre es dann besser, wenn man uns einfach vernichten würde wie beschädigte Ware? Oder würde eine tiefsitzende Menschlichkeit sich am Ende nicht doch durchsetzen?
    » Myron?«
    Ich sehe Terese in ihr schönes Gesicht.
    » Ich habe bei deinem Kind damals nicht aufgegeben. Bitte gib du jetzt nicht bei meinem auf.«
    Ich sage nichts. Ich nehme ihr schönes Gesicht in beide Hände, ziehe sie zu mir herüber, küsse sie auf die Stirn, halte meine Lippen hin und schließe die Augen. Ich spüre, wie sie mich umarmt.
    » Pass auf dich auf«, sage ich.
    Ich befreie mich aus ihren Armen. Sie hat Tränen in den Augen. Ich gehe zum Pfad.
    » Ich hätte nicht nach Angola zurückgehen müssen«, sagt sie.
    Ich bleibe stehen und drehe mich um.
    » Ich hätte auch nach Myanmar, Laos oder irgendwo anders hingehen können, wo du mich nicht gefunden hättest.«
    » Und warum hast du dich für Angola entschieden?«
    » Weil ich wollte, dass du mich findest.«
    Jetzt habe auch ich Tränen in den Augen.
    » Bitte geh nicht«, sagt sie.
    Ich bin so furchtbar müde. Ich kann nicht mehr schlafen. Sobald ich die Augen schließe, erscheinen die Gesichter der Toten. Eisblaue Augen starren mich an. Alpträume verfolgen mich im Schlaf, und wenn ich aufwache, bin ich allein.
    Terese kommt auf mich zu. » Bitte bleib bei mir. Nur diese eine Nacht, okay?«
    Ich will etwas sagen, kann aber nicht. Die Tränen fließen jetzt schneller. Sie zieht mich an sich, und ich nehme alle Kraft zusammen, um nicht zusammenzubrechen. Mein Kopf sinkt auf ihre Schultern. Sie streichelt meine Haare und beruhigt mich.
    » Alles in Ordnung«, flüstert Terese. » Es ist vorbei.«
    Und so lange, wie sie mich in den Armen hält, glaube ich ihr.
    *
    Doch am gleichen Tag hält irgendwo in den Vereinigten Staaten ein Charterbus vor einer viel besuchten Sehenswürdigkeit. Im Bus befindet sich eine Gruppe Sechzehnjähriger auf einer Jugendfreizeit. Es ist der dritte Tag ihrer Rundfahrt. Die Sonne scheint. Der Himmel ist
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