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Von Mäusen und Menschen

Von Mäusen und Menschen

Titel: Von Mäusen und Menschen
Autoren: John Steinbeck
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Alles an was du dich je besinnen kannst, sind de Kaninchen. Schon recht! Diesmal paß auf und behalt’s gut, daß wir nich ins Unglück kom-9
    men. Weißte noch, wie wir auf der Howard Street am Rinnstein saßen und auf das Anschlagebrett guckten?«
    Auf Lennies Gesicht zeigte sich ein verzücktes Lächeln.
    »Aber gewiß, George. Weiß noch gut. Aber was dann?
    Weiß noch, da kamen ’n paar Mädchen vorbei, und du sagst … du sagst …«
    »Zum Teufel mit dem, was ich gesagt hab. Weißte nich, wie wir zu Murray und Ready hineingingen, und wie sie uns Arbeitsbücher und Buskarten gaben?«
    »Doch, doch, George. Jetzt weiß ich wieder.« Seine Hand schlüpfte schnell in die seitlichen Rocktaschen.
    Zaghaft sagte er. »George – ich hab meins nich. Muß es verloren ha’m.« Er schaute verzweifelt zu Boden.
    »Hast nie eins gehabt, verrückter Bastard. Hab se beide hier. Meinste, ich ließe dich dein eignes Arbeitsbuch bei dir tragen?«
    Lennie grinste erleichtert. »Ich … ich dachte, ich hätte meins in de Rocktasche gesteckt.« Seine Hand glitt in die Tasche zurück.
    George blickte ihn scharf an. »Was haste da aus der Tasche genommen?«
    »Nix is in meiner Tasche«, sagte Lennie schlau.
    »Stimmt. Hast’s in der Hand. Was versteckste da in der Hand?«
    »Nix, gar nix, George. Ehrlich.«
    »Komm, gib’s her.«
    Lennie zog die geschlossene Hand von George weg.
    »Bloß ’ne Maus, George.«
    »Eine Maus? Eine lebendige Maus?«
    »Mm … mm. Bloß ’ne tote Maus, George. Hab se nich getötet. Hab se gefunden. Ehrlich! Tot gefunden.«
    »Gib her«, sagte George.
    »Ach, laß mich se haben, George.«
    »Gib sie her!«

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    Langsam gehorchte Lennies geschlossene Hand. George nahm die Maus und warf sie quer über den Teich an die andere Seite, ins Gebüsch hinein. »Wozu brauchste überhaupt ’ne tote Maus?«
    »Ich konnte se im Gehn mit dem Daumen streicheln«, sagte Lennie.
    »Na ja, solang du mit mir gehst, wirste keine Maus streicheln. – Besinnste dich jetz, wohin wir gehn?«
    Lennie fuhr hoch – dann barg er verlegen das Gesicht zwischen den Knien. »Habs’ wieder vergessen.«
    »Jesus Christus«, sprach George mit einem Stoßseufzer.
    »Also paß auf. Wir gehn auf einer Farm arbeiten, ähnlich wie die, von der wir kommen oben im Norden.«
    »Oben im Norden?«
    »In Weed.«
    »O ja doch. Ich besinn mich. In Weed.«
    »Die Farm, zu der wir gehn, is da unten, etwa eine vier-tel Meile von hier. Müssen uns dem Chef vorstellen. Jetz gib acht. Ich werd’ ihm unsre Arbeitsbücher geben, aber du wirst einfach kein Mucks sagen. Mußt einfach dastehen und ’s Maul nich aufmachen. Wenn er rauskriegt, was für
    ’n verrückter Bastard du bist, dann kriegen wir keine Arbeit, aber wenn er dich schaffen sieht, eh du redest, dann sind wir gemachte Leute. Kapiert?«
    »Jawoll, George. Hab’ s bestimmt kapiert.«
    »Gut so. Also wenn wir zum Chef gehn, was tuste dann?«
    »Ich … ich …«, Lennie dachte nach. Sein Gesicht wurde straff unter der Anstrengung des Denkens. »Ich werde kein Mucks sagen. Bloß so dastehn.«
    »Guter Kerl. Großartig. Nu sag das zwei-, dreimal vor dich hin, daß de’s nich vergißt.«
    Lennie brummelte leise zu sich selbst: »Kein Mucks sagen. Kein Mucks sagen. Kein Mucks sagen.«

    11
    »Recht so«, sagte George. »Und wirst nix Schlimmes anstellen wie in Weed – verstehste?«
    Lennie sah verdutzt drein. »Wie in Weed?«
    »Oh – haste das auch vergessen, was? Na, ich werd dich nich dran erinnern, sonst möchtest es nochmal machen.«
    Ein Schimmer von Verständnis zog sich über Lennies Gesicht. »Sie haben uns rausgesetzt in Weed«, platzte er triumphierend heraus.
    »Uns rausgesetzt, zum Teufel«, sagte George entrüstet.
    »Wir haben uns davongemacht. Sie waren hinter uns her, aber sie konnten uns nicht kriegen.«
    Lennie kicherte glückselig. »Das hab ich nich vergessen, wetten?«
    George lehnte sich in den Sand zurück und kreuzte seine Hände im Nacken. Lennie machte es ihm nach und hob den Kopf ein wenig, um zu schauen, ob er es richtig machte.
    »Mein Gott, was machste für Mühe. Ich könnte so leicht und so gut vorwärtskommen, wenn ich dich nich im Schlepptau hätte. Könnte so bequem leben und vielleicht eine Liebste haben.«
    Einen Augenblick lag Lennie still, dann sagte er hoff-nungsvoll: »Wir gehn auf einer Farm arbeiten, George.«
    »Richtig. Das haste kapiert. Aber wir schlafen hier. Hab’
    meine Gründe dafür.«
    Der Tag neigte sich schnell seinem Ende zu. Nur
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