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Von Mäusen und Menschen

Von Mäusen und Menschen

Titel: Von Mäusen und Menschen
Autoren: John Steinbeck
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Gott keinen Verstand, um Gerstensäcke aufzuladen. Aber versuch nicht, mir was vorzumachen, Milton. Ich hab ein Auge auf euch. Warum seid ihr aus Weed fort?«
    »Die Arbeit war getan«, gab George ohne Zögern zur Antwort.
    »Was für ne’ Arbeit?«
    »Wir … wir haben ’n Bewässerungsteich gegraben.«
    »’s gut. Aber macht mir nichts vor, denn mir entgeht nichts. Hab schon manchen schlauen Burschen gesehn.
    Geht also raus mit den Korntrupps nach dem Mittagessen.
    Sie sammeln Gerste ein an der Dreschmaschine. Geht mit Slims Trupp.«
    »Slim?«
    »Jawoll. Großer, kräftiger Roßpfleger. Werdet ihn beim Mittagessen sehn.« Er brach plötzlich ab, drehte sich um und ging zur Tür. Aber vor dem Hinausgehen wandte er den Kopf noch einmal und sein Blick ruhte einen Augenblick auf den beiden Männern.
    Als seine Schritte verhallt waren, wandte sich George zu Lennie. »Und du wolltest kein Mucks nich sagen. Du 28
    wolltest deine große Klappe halten und mir das Reden überlassen. Verflixt, bald hätten wir die Arbeit verloren.«
    Lennie starrte hoffnungslos auf seine Hände. »Hab’s vergessen, George.«
    »Ja doch, hast’s vergessen. Immer vergessen, und dann muß ich dich rausreden.« Er sank heftig auf die Schlafstelle nieder. »Jetz hat er ’n Auge auf uns. Jetz müssen wir höllisch aufpassen un keine Dummheiten machen. Du halt deine große Klappe künftig zu.« Er verfiel in ein trübsinniges Schweigen.
    »George.«
    »Was willste nu?«
    »Mich hat doch nie ein Pferd auf’n Kopf geschlagen, oder?«
    »Wär verdammt gut, wenn’s so wär«, sagte George bos-haft. »Würde allen verteufelt viel Mühe sparen.«
    »Du sagtest, ich sei dein Vetter, George.«
    »Na ja, das war Schwindel. Bin verdammt froh, daß es nich stimmt. Wenn ich mit dir verwandt wär, würd ich mich erschießen.« Plötzlich hielt er inne, ging zu der offenen Tür vorn und schaute hinaus. »Nanu, was zum Teufel hast du zu lauschen?«
    Der Alte kam langsam ins Zimmer. An seine Ferse hef-tete sich ein Schäferhund mit schleppendem Gang; seine Schnauze war grau, und seine blinden alten Augen waren farblos. Mit seinen lahmen Beinen kämpfte der Hund sich vorwärts bis an die Seitenwand des Raumes und legte sich nieder. Er grunzte leise vor sich hin und leckte sein graues, wie von Motten zerfressenes Fell. Der Alte beobachtete ihn, bis er zur Ruhe kam. »Hab nich gelauscht. Stand bloß eine Minute im Schatten und kratzte den Hund. Bin grade fertig mit Ausscheuern des Waschhauses.«
    »Hast deine großen Ohren in unsre Angelegenheiten gesteckt«, sagte George. »Kann’s nich leiden, wenn Leute die Nase in alles stecken.«

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    Der Alte blickte unruhig von George zu Lennie und wieder zurück. »War eben gekommen«, sagte er. »Hab nichts gehört, was ihr Burschen geschwätzt habt. Interessiert mich nich, was ihr redet. Auf einer Farm lauscht man nich und stellt keine Fragen.«
    »Verdammt richtig«, sagte George, etwas besänftigt.
    »Jedenfalls nich, wenn man seine Arbeit eine Weile behalten will!« Aber die Entgegnung des Alten beruhigte ihn.
    »Komm doch rein und setz dich ’n Augenblick«, sagte er.
    »Das ist ein höllisch alter Hund.«
    »Ja. Ich hab ihn von klein auf gehabt. Mein Gott, das war ein guter Schäferhund, als er jünger war.« Er stellte seinen Besen gegen die Wand und rieb sich die weißhaarigen Bak-ken mit den Knöcheln. »Was sagste zum Chef?« fragte er.
    »Gefällt mir ganz gut. Scheint in Ordnung.«
    »Er is ’n netter Kerl«, stimmte der Alte zu; »man muß ihn nur zu nehmen wissen.«
    In dem Augenblick kam ein junger Mann ins Schlafgebäude; ein magerer junger Mann mit braunem Gesicht, braunen Augen und dichtem, lockigem Haar. Er trug einen Handschuh an der linken Hand, und wie der Chef Stiefel mit hohen Absätzen. »Habt ihr meinen alten Herrn gesehn?« fragte er.
    Der Alte sagte: »Gerade war er noch hier, Curley. Ging, glaub ich, zum Küchengebäude.«
    »Will sehen, ob ich ihn finde«, sagte Curley. Seine Augen glitten über die neuangekommenen Männer hinweg, und er blieb stehen. Er blickte kalt, und die Hände schlossen sich zu Fäusten. Dann versteifte sich seine Haltung, und er blieb leicht geduckt. Sein Blick war zugleich berechnend und angriffslustig. Lennie fuhr unter diesem Blick zusammen und scharrte nervös mit den Füßen. Leise und bedächtig trat Curley dicht an ihn heran. »Seid ihr die neuen Burschen, auf die der alte Herr gewartet hat?«

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    »Wir sind gerade gekommen«, sagte George.
    »Laß
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