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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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fragte ich noch einmal, um nicht den Faden zu verlieren. „Wegen des Vorstellungstermins … Ich hatte doch einen Vorstellungstermin.“
    Der Mann in dem Ohrensessel lachte kurz und kehlig. „Das hier ist der Vorstellungstermin, Dodo! Aber du musst keine Angst haben. Es wird bestimmt nicht langweilig.“
    „Warum … warum sollte ich denn Angst haben?“, fragte ich misstrauisch.
    „Sollst du doch gar nicht! Du musst mir schon genau zuhören.“
    Es klang vorwurfsvoll, also sagte ich: „Entschuldigung, kommt nicht wieder vor“, während ich mit dem Fuß die Tür aufstieß und versuchte, mitsamt dem Telefonhörer dem gelben Backofen zu entfliehen, doch dafür war das Kabel zu kurz. Mit der Nasenspitze auf Höhe der Türschwelle atmete ich tief ein, um die frische Luft einzusaugen. „Um was für einen Job geht es überhaupt?“
    „Das ist ganz einfach: Ich habe meinen Löffel verloren und brauche jemanden, der ihn mir zurückbringt.“
    Ich hörte auf, an dem Stahlkabel zu ziehen und legte den Kopf schief. „Sie haben … Ihren Löffel verloren …“
    „Na ja … streng genommen wurde er mir geklaut.“ Der große Mann lachte anerkennend. „Dir kann man aber auch nichts vormachen!“
    „Was denn für ein Löffel? Ich dachte, es geht um einen Job bei den Stadtwerken …“ Ein Verdacht waberte träge durch meinen ausgedorrten Verstand und erreichte meinen Mund. „Ist das … ein Witz?“
    „Nein, Dodo, das ist alles andere als witzig“, sagte der Mann bestimmt. „Wenn du mir meinen Löffel zurückbringst, dann bekommst du von mir eine monatliche Sofort-Rente in Höhe von 5000 Euro.“ Er machte eine Pause und fügte dann hinzu: „Wobei 4000 Euro allein die Gefahrenzulage sind.“
    Ich atmete flach durch den Mund. „Gefahrenzulage“, wiederholte ich matt.
    „Ja, klar. Wenn ich da nur an die fiesen Klammer-Mutschkas denke …“
    „An die was?“
    „Ach nix … Also, willst du nun den Job?“
    Ich wusste, dass irgendetwas mit diesem Vorstellungstermin nicht stimmte. Ich war nur noch unsicher, ob sich das Problem vor oder hinter meiner Stirn befand.
    „Also, Junge, das Erste, was du lernen musst, ist Entscheidungen zu treffen!“ Es klang mehr nach einem Befehl als nach einem Rat. „Sag einfach ja! Ja, ich will die Sofortrente!“
    Es klang überzeugend. „Wo finde ich diesen geheimen Löffel denn?“
    „Wenn du vor ihm stehst, erkennst du ihn sofort. Er ist rot-gelb gestreift. Wie Zahnpasta. Nur halt nicht rot-weiß, sonder rot-gelb gestreift. Verstehst du?“
    „Klar.“ Ich nickte und versuchte, mich zu erinnern, wie man sich bei einem Hitzeschlag verhalten sollte. „Na, dann … dann mach ich den Job natürlich.“
    „Deswegen willst du jetzt den Job?“, fragte der Mann in dem Ohrensessel. Ich bildete mir ein, eine leichte Irritation herauszuhören. „Weil der Löffel rot-gelb gestreift ist?“
    „Nee“, sagte ich langgezogen. „Aber ich wollte auch mal was Bescheuertes sagen.“
    Einige Augenblicke lang war es still. Der große, schwere Mann atmete hörbar aus. „Du findest das also lustig? Du hast gar kein Interesse an dem Abenteuer deines Lebens?“
    Ich überlegte. Lange rosa Fäden verklebten mein Gehirn „Doch … eigentlich schon. Aber wenn ich ehrlich bin, dann klingt das alles schon ein bisschen durchgeknallt. Finden Sie nicht?“
    „Ich kann deine Bedenken durchaus verstehen, Junge. Aber du wirst schnell merken, dass ich keinen Mist erzähle …“ Der Mann lehnte sich mit einem Ächzen nach vorne und senkte seine Stimme zu einem Flüstern. „Hör mir jetzt gut zu. Da unten, unter den Telefonbüchern, siehst du da eine Steckdose?“
    „Eine Steckdose? Hier?“
    „Ja, da muss eine sein“, beharrte er flüsternd.
    „In einer Telefonzelle?“, fragte ich sicherheitshalber.
    Er gab das Flüstern auf. „Ja, verdammt! Schau einfach nach!“
    Ich drehte mich um – weg von der geöffneten Tür, hin zur Zuckerwattesauna. „Tatsächlich … da ist eine!“ Die Steckdose befand sich schräg unter den herabhängenden Telefonbüchern, etwa auf Schnürsenkelhöhe. „Wer baut denn eine Steckdose in eine Telefonzelle?“
    „Ich.“
    „Und … und was soll das?“
    „Sag mal, was ist denn los mit dir?“, fuhr mich der Mann an. Ich konnte hören, wie er in seinem Sessel nach vorne rückte. „Redest du auch so mit deiner Omi?“
    „Nee“, antwortete ich kleinlaut. „Nee, natürlich nicht.“
    „Na also! Dann reiß dich mal zusammen!“ Er lehnte sich wieder zurück. „So
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