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Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Titel: Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben
Autoren: Aufbau
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darum nicht fair, alles einem Einzelnen aufzubürden. Also schreibt eure Idee auf einen Zettel und steckt ihn in die Urne. In einer Viertelstunde machen wir uns ans Auswerten, mehr Zeit braucht es nicht. Und wenn ich »Idee« sage, so meine ich ebenso gut einen »Stoff«, ein »Thema«, einen »Inhalt«, alles Bausteine, die sich problemlos ineinanderfügen. Also lasst eure Ideen hören, redet frei von der Leber weg.
    In begrenztem Umfang. Denn es geht hier nicht darum, dass ihr mir eine Idee für das heutige Abendessen andreht und was genau wir eigentlich essen könnten (obwohl ich euch für ein wenig Unterstützung in diesem Punkt dankbar wäre). Nein, es handelt sich darum, mir eine Idee für ein Buchthema zu liefern, wir spielen hier doch in einer ganz anderen Liga.
    Aber keine Sorge, an Themen herrscht kein Mangel, die wachsen wie Unkraut, das ist ein Glück. Und da wir schon alle Freiheit haben, peilen wir doch gleich etwas ganz Besonderes an, was meint ihr? Nehmen wir uns ein schwieriges, handfestes, nach Möglichkeit unerschöpfliches Thema vor. (Und ich glaube, genau so eins habe ich zufälligerweise.) Lassen wir Themen fallen, die nur Schein und Bling-Bling sind und sich allenfalls für einen Smalltalk eignen. Ich binentschieden gegen Smalltalk, ich denke, das habt ihr begriffen, schon gar, wenn es bei der Sache um ein Buch geht. Suchen wir nach tiefgründigen, ja abgründigen Themen, solchen, die echtes Nachdenken erfordern, also Arbeit bedeuten. Wenn möglich, kolossal viel Arbeit. Je kolossaler der Arbeitsaufwand ist, desto mehr schwindet die Langeweile. Leider sind derlei Themen nicht leicht zu finden, sie machen sich rar wie das Edelweiß im Hochgebirge, wie der Quastenflosser in den ozeanischen Tiefen. Nur wirklich hartnäckige Naturen können hoffen, ihrer habhaft zu werden. Ich selbst habe zwei Jahre gebraucht, den seltenen Vogel aufzuspüren, und das war ein Kreuzesweg, kann ich euch sagen. Aber ich beklage mich nicht. Ich bin der Meinung, wenn jemand sich in den Kopf setzt, ein abgründig tiefes Thema zu suchen, ohne dass ihn irgendein Mensch dazu gezwungen hat, sollte er sich lieber nicht beklagen. Das wäre ja der Gipfel.
    Die Bequemen, die Sprunghaften, die Maßlosen will ich gleich beruhigen: Auch die Verknüpfung flüchtiger kleiner Themen, die man aufs Geratewohl hier und da zusammengeklaubt und irgendwie aneinandergereiht hat, ergibt eine ganz passable Verteidigungsstrategie gegen die Langeweile, wenn allerdings auch ungeeignet für die Literatur. Das sage ich ausBeobachtung, nicht aus eigener Erfahrung, da ich durch meine rigorose Veranlagung kaum zu solcherart intellektueller Schamlosigkeit neige, das könnt ihr euch sicher denken. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die bis zum Morgengrauen über alles und nichts schwafeln können. Ich wäge meine Worte, ich rede wenig, und wenn ich spreche, dann aus gutem Grund. (Beeilt euch, eure Zettel in die Urne zu werfen, ihr scheint mir nicht sehr bei der Sache zu sein.) Ich habe auch nichts mit Witzbolden, Schmierenkomödianten oder Schaumschlägern zu tun, die sich forsch in jedes Unternehmen stürzen, ohne überhaupt eine Idee zu haben, die aufs Geratewohl ihre Pirouetten drehen, ohne Netz noch Thema, einzig zu dem Zweck, sich ein wenig zu unterhalten. In diesen Dingen verstehe ich nicht viel Spaß, das gebe ich zu. Schon gar nicht, wenn es sich um die Idee zu einem Werk handelt. Und da wir gerade davon reden – ihr drängt mich ja regelrecht –, ich denke, wer so ein Opus verfassen wollte und ohne Sinn und Verstand einfach drauflosquasseln würde, der täte etwas Nichtswürdiges. Reiner Dilettantismus wäre das, und den verurteile ich. Darin bin ich eisern, geradezu stur. Vielleicht ein bisschen zu sehr.Ihr enttäuscht mich.
    Die Urne ist leer.
    Man kann nicht gerade sagen, dass ihr mir sehr helft, ehrlich. Ihr bringt mich in die schreckliche Lage, dieses Opus allein verfassen zu müssen, was eine Heidenarbeit bedeutet. Mit anderen Worten, ihr halst mir alles auf, das ist gar nicht christlich.
    Doch da wir nun schon an dem Punkt sind, ist es ein unverhofftes Glück, dass ich schon ein Thema habe. Ein glücklicher Zufall, der wie gerufen kommt, damit sind wir aus dem Schneider. Denn was würde sonst aus unserem Werk? Es ginge geradewegs den Bach runter.
    Aber sicher habe ich ein Thema. Und, da könnt ihr mir vertrauen, kein modisches Blabla, das ich mir für den Anlass schnell zusammengebastelt hätte. Nein. Es ist ein handfestes Sujet,
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