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Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Titel: Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben
Autoren: Aufbau
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anspruchsvoll, ehrgeizig, unverzichtbar. Das werden wir uns gründlich vornehmen. Ohne auf die Uhr zu sehen.
    Welches Thema?
    Halt. Nicht so schnell.
    Bedenkt, in diesem Augenblick, da ich mit euch spreche, treibt ihr total entspannt, geradezu aufgeweicht im leisen Geplätscher der Bucht. Und ich glaube, euch in dieser Verfassung ein so kompaktes Themawie das meine einfach so hinzupfeffern, würde einen viel zu großen Schock für euch bedeuten. Ich halte es für feinfühliger und vor allem klüger, die Sache aufzuschieben und schrittweise an euch heranzutragen.
    Halten wir zunächst einmal fest, dass die Natur in ihrem Hang zum Unendlichen nicht vorgesehen hat, dass wir irgendwo an einen Schlusspunkt gelangen. Ihr habt sicher bemerkt, dass, sobald etwas hinter uns liegt, sich auch vor uns schon wieder etwas abzeichnet, und immer so weiter. Zerbrecht euch nicht den Kopf darüber, ich sage euch die Antwort, dieses irritierende Phänomen nennt sich das Leben. Und ohne euch in der Abgeschiedenheit eurer Bucht aufstören zu wollen, erlaube ich mir, euch darauf hinzuweisen, dass just das Leben da vor uns liegt. Ja, so ist es, c’est la vie. Seht doch selbst hin, wenn ihr mir nicht glaubt. Ich verlange ja nicht viel von euch, nur dass ihr mal kurz den Kopf zum Horizont hin wendet, statt immer nur selig in den Himmel zu starren. Eine Vierteldrehung nach rechts, damit ihr den Horizont ins Visier kriegt. Genau so.
    Ich sehe, niemand rührt sich, euer Gleichmut freut mich, wie er mich andererseits ernsthaft beunruhigt. Es war höchste Zeit, einzuschreiten. Ja, denn Gelassenheit führt zu Langeweile, also zu Melancholie undin der Konsequenz zu Angst. Ihr seid mir viel zu entspannt. Ich glaube, ihr habt ein etwas übersteigertes Vertrauen in die Wohltaten des Kleinen Ratgebers gesetzt. Nicht dass ich auch nur ein Wort davon verleugnen würde, aber immerhin. Habt ihr, so frage ich mich, es mit dem Bändchen vielleicht ein wenig übertrieben? Gewiss, ich hatte euch seinerzeit wärmstens geraten, es beim geringsten Zweifel, der unerwartet in eurem Dasein auftauchen sollte, zu konsultieren, aber möglicherweise habt ihr zu viel darin gelesen. Und planscht nun dort in einem beängstigenden Zustand von Gelöstheit im blauen Wasser herum.
    Ich mache euch keinen Vorwurf, ich versuche euch nur sanft an den Schultern zu rütteln. Ich fürchte, ihr habt dieses kleine Kompendium etwas exzessiv genutzt und ein unverhältnismäßig hohes Vertrauen in mich gesetzt. Tut so was nie! Hört niemals blindlings auf den ersten Besten, selbst wenn ich dieser erste Beste wäre. Außer, das versteht sich von selbst, wenn ich euch sage, dass ich ein Thema habe. Logisch. Ein echtes Thema, zumal mit einer Idee dahinter, einer ehrgeizigen Idee, so schwer zu finden wie das Edelweiß in den ozeanischen Tiefen. Wenn manche Leute glauben, das erstbeste Thema unterm Busch auflesen zu können nach dem Motto, dass der Teufel in derNot Fliegen frisst – bitte schön. Mein Ding ist das allerdings nicht. Darin bin ich eisern.
    Ganz nebenbei, ich weiß nicht, wie man dieses Problem mit dem »ersten Besten« in sprachlicher Hinsicht lösen könnte, denn es ist ja keine sehr glückliche Formulierung. Genauso verhält es sich mit dem ätzenden »Ich geh mal ins Café einen Kaffee trinken«, das ich in vier Jahren Forschung nicht habe lösen können und das mit vielen anderen unerledigten Angelegenheiten in der Schwebe verblieben ist. Ich kann schließlich nicht alles lösen, und das ist nur eines unter tausend Beispielen. Doch sosehr diese kleinen Formulierungsnöte einen auch nerven, ich habe keine Sekunde Zeit, mich ihnen zu widmen. So ist es nun mal. Denn ich habe ein Thema zu behandeln, ein ehrgeiziges, anspruchsvolles Thema, das meine ganze Aufmerksamkeit verlangt. Wenn ihr euch jetzt davonmachen wollt unter dem Vorwand, dass ich nicht alles lösen kann, bitte, es steht euch frei. Dann hättet ihr euer Geld aus dem Fenster geworfen, als ihr dieses Buch kauftet, aber diese unbesonnene Geste, die im Übrigen einer gewissen Poesie, ja Anmut nicht entbehrt, geht allein euch etwas an. Ihr seid widerspenstig, auch das gehört zur Freiheit, ich habe nichts dagegen. Ich bin nicht dagegen, dass man ein Buch wegwirft, solange man esmit Grazie tut und schon gar in einer blauen Bucht unter milder Märzsonne. Erinnert euch, dass ich die Freiheit des anderen in einem Maße achte, das man sich kaum vorstellen kann, ja, ich frage mich, ob ich es mit dieser Haltung nicht
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