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Von der Erde zum Mond

Von der Erde zum Mond

Titel: Von der Erde zum Mond
Autoren: Jules Verne
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gleiches Wetter. Drei Viertheil der Erde wurde von Ungeduld verzehrt. Man kam darauf, die unsinnigsten Mittel vorzuschlagen, um die in der Luft gesammelten Wolken zu zerstreuen.
    Am 7. schien der Himmel ein etwas anderes Aussehen zu bekommen. Aber die gefaßte Hoffnung währte nicht lange, und am Abend verhüllte ein dichter Wolkenvorhang das bestirnte Himmelsgewölbe allen Blicken.
    Dieser Umstand wurde nun bedeutend. In der That, am 11. um neun Uhr elf Minuten Vormittags mußte der Mond in sein letztes Viertel treten. Nach Ablauf dieser Frist sollte er stets abnehmen, und wäre auch das Wetter wieder völlig heiter, so würden doch die Aussichten für die Beobachtung immer geringer; denn der Mond würde dann nur einen stets geringer werdenden Theil seiner Scheibe zeigen, und am Ende Neumond werden, d.h. er würde zugleich mit der Sonne unter-und aufgehen, so daß die Strahlen derselben ihn völlig unsichtbar machten. Dann müßte man bis zum 3. Januar um zwölf Uhr vierundvierzig Minuten warten, um beim Vollmond die Beobachtungen wieder aufzunehmen.
    Die Journale veröffentlichten diese Erwägungen mit tausend Commentaren, und verhehlten dem Publicum nicht, daß es sich mit einer Engelsgeduld waffnen müsse.
    Am 8. Nichts. Am 9. zeigte sich die Sonne wieder einen Augenblick, als wolle sie der Amerikaner spotten. Lautes Hohngeschrei empfing sie, und ohne Zweifel dadurch beleidigt, zeigte sie nur um so spärlicher ihre Strahlen.
    Am 10. keine Aenderung. Maston wäre bald zum Narren geworden, und man hegte ernstliche Besorgnisse für das Gehirn des würdigen Mannes, welches bisher unter seinem Gutta-Percha-Schädel sich gut conservirt hatte.
    Aber am 11. entluden sich fürchterliche Stürme, wie sie zwischen den Wendekreisen vorkommen. Starke Ostwinde fegten die so lange gehäuften Wolken hinweg, und am Abend stieg das Nachtgestirn mit halb angenagter Scheibe majestätisch zwischen den übrigen Sternen hinan.
Achtundzwanzigstes Capitel.
Ein neues Gestirn.
    In derselben Nacht verbreitete sich die so ungeduldig erwartete Nachricht zuckend wie ein Blitzstrahl in allen Staaten der Union, und durchlief über den Ocean springend alle Telegraphendrähte des Erdballs. Das Projectil war durch den Riesenreflector zu Longs Peak bemerkt worden.
    Es folge hier die vom Director des Observatoriums zu Cambridge gegebene Meldung. Sie enthält den wissenschaftlichen Schluß dieses großen Experiments des Gun-Clubs.
    Longs Peak, 12. December.
     
    An die Herren Mitglieder des Bureau des Observatoriums zu Cambridge .
     
    »Das vermittelst der Columbiade zu Stone’s-Hill abgeschossene Projectil ist von den Herren Belfast und J.T. Maston am 12. December um acht Uhr siebenundvierzig Minuten Abends wahrgenommen worden, als der Mond eben in sein letztes Viertel trat.
    Das Projectil ist nicht an seinen Zielpunkt gelangt, sondern neben vorbei, doch ziemlich nahe, so daß es von der Anziehungskraft des Mondes festgehalten wird.
    Seine Bewegung in gerader Richtung hat sich in eine Kreisbewegung mit reißender Schnelligkeit verwandelt, und es ist in eine elliptische Bahn um den Mond herum fortgerissen worden, so daß es ein wirklicher Trabant desselben ist.
    Die Elemente dieses neuen Gestirns festzustellen, ist noch nicht möglich gewesen. Man kennt weder die Schnelligkeit seiner Fortbewegung, noch der Bewegung um seine Achse. Seine Entfernung von der Mondoberfläche läßt sich auf etwa zweitausendachthundertdreiunddreißig Meilen anschlagen.
    Jetzt sind zwei Fälle als möglich anzunehmen, welche eine Aenderung im Stand der Dinge herbeiführen.
    Entweder die Anziehungskraft des Mondes wird überwiegen, und die Reisenden gelangen dann an ihr Ziel.
    Oder unveränderlich festgehalten wird das Projectil bis zum Ende der Jahrhunderte um die Mondscheibe herum kreisen.
    Darüber werden die Beobachtungen einmal Auskunft geben, aber bis jetzt hat der Versuch des Gun-Clubs nichts weiter erzielt, als daß unser Sonnensystem mit einem neuen Gestirn ausgestattet worden ist.
     
    J. Belfast .«
     
    Wie viele Fragen wurden durch diese unerwartete Lösung angeregt! Welche geheimnißvolle Lage blieb den Forschungen der Wissenschaft vorbehalten! Dank dem Muth und der Hingebung dreier Männer hatte dieser dem Anschein nach ziemlich unbedeutende Versuch, eine Kugel nach dem Mond zu schleudern, ein unermeßliches Ergebniß von unberechenbaren Folgen bekommen. Hatten auch die in dem neuen Trabanten eingeschlossenen Reisenden ihr Ziel nicht erreicht, so gehörten
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