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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst
Autoren: Amy Plum
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Umarmungen aufeinander.
    Ich bin völlig überwältigt. Mir schlägt das Herz bis zum Hals, als mir bewusst wird, dass all diese untoten Wesen bereit sind, mir blind zu folgen. Um sich jeder Schlacht zu stellen, die die Zukunft noch für uns bereithält. Ich lasse den Blick über die Arena schweifen, bis mir eine einsame Gestalt auffällt, die neben dem Feuer kniet. Vincent zurücklassend, mache ich mich auf den Weg dorthin. Er muss sein Haargummi verloren haben, denn statt in einem strengen Pferdeschwanz zu stecken, umgeben ihn seine Haare wie ein schwarzer Nimbus.
    »Was ist passiert, Gaspard?«
    »Bevor … bevor ich sie aufhalten konnte …«, stammelt er und sieht mich dann mit leeren Augen an. »Die Numa. Sie haben seine Leiche ins Feuer geworfen, bevor ich es verhindern konnte. Jean-Baptiste. Er ist fort«, sagt Gaspard.
    Dann senkt er das Gesicht in seine Hände und fängt an zu weinen.

D as Schlachtfeld ist ein Bild der Verwüstung. Ein leichter Wind bläst beißenden Rauch von giftiger gelblicher Farbe über den Platz der Arena. Waffen und Körperteile liegen überall verstreut und der sonst staubige Boden ist von tiefrotem Blut getränkt. Alle Verbliebenen arbeiten mit Feuereifer daran, die Spuren der Schlacht zu verwischen, bevor die Sonne aufgeht und die ersten sterblichen Besucher dieses Ortes Hinweise auf das Massaker vorfinden können, das hier mitten in Paris stattgefunden hat.
    Alles Brennbare wird ins Feuer geworfen. Die ersten Krankenwagen treffen ein, Vincent und Arthur übernehmen die Organisation und lassen die Leichen der Bardia zu den wartenden Fahrzeugen vor den Parkeingängen bringen. Sanitäter – alle Bardia, sehe ich – kümmern sich um die Leichtverletzten.
    Ein Sani kommt auf mich zu, doch ich nicke zu Vincent. »Kümmere dich zuerst um ihn«, sage ich.
    »Ritterlichkeit?«, fragt Vincent mit gehobener Augenbraue.
    »Nein, Feigheit. Ich hasse Spritzen und Nadeln«, gestehe ich lächelnd.
    Ich schaue zu, wie Vincents kleinere Schnittverletzungen gereinigt und verpflastert werden. Dann beginnt der Sani, die größeren Wunden am Arm und im Rippenbereich zu nähen. Vincent zuckt nicht einmal, als die Nadel Mal um Mal seine Haut durchsticht. Fleischwunden sind nichts Besonderes für Bardia, auch ich werde mich daran gewöhnen.
    »Geneviève ist fort. Die Numa haben sie gleich zu Anfang ins Feuer geworfen«, erzählt Vincent, während er geflickt wird. Er macht eine Pause und sieht nachdenklich aus. »Wahrscheinlich klingt das jetzt schlimm, aber ich bin froh, dass mir diese Entscheidung abgenommen wurde.«
    Mir fährt ein Stich ins Herz, als ich einen Blick zu dem Feuer werfe, das eine Freundin verschluckt hat. Trotzdem bin ich für sie erleichtert. »Dann hat sich ihr Wunsch erfüllt. Dann ist sie jetzt bei Philippe.«
    Ein weiterer Sanitäter steuert uns an. Ich sitze neben Gaspard, meinen guten Arm um seine Schultern gelegt. Gaspard hat aufgehört zu weinen und ist still geworden. Seine sonst übliche Nervosität ist einer Ruhe gewichen, die mehr von Leblosigkeit denn von Benommenheit hat. So als wäre ein Teil von ihm mit seinem Lebensgefährten vernichtet worden.
    Mein verletzter Arm hängt schlaff in der Schlinge. Aus der Stichwunde in meiner Schulter sickert noch immer frisches Blut. Der Sanitäter hilft mir aus dem Mantel, reißt den Ärmel meines Oberteils ein Stück auf und widmet sich dann schweigend dem Verarzten der Verletzung. Erst säubert er die Wunde, dann näht er sie. Gaspard lehnt seinen Kopf gegen meine Schulter. Dass nur etwa zwanzig Zentimeter von seiner Stirn entfernt jemand sitzt, der immer wieder mit einer Nadel in meine Haut sticht und einen Faden hindurchzieht, scheint er gar nicht mitzubekommen.
    Da mein Herz aus Mitgefühl für Gaspard geradezu überläuft, stehen in meinen Augen schon so viele Tränen, dass der reale, physische Schmerz dagegen nicht mehr als ein lästiges Ziepen ist. Zum Schluss bandagiert der Sanitäter meine Schulter, legt mir den Mantel wieder um und hängt den Arm in eine richtige Schlinge. »Sind Sie verletzt, Monsieur Tabari?«, fragt er.
    Doch Gaspard schüttelt nur benommen den Kopf, weshalb der Sanitäter uns zurücklässt und sich dem nächsten Verletzten widmet. Vincent fängt meinen Blick auf. Ich verstehe, dass er mich damit auffordert, mich um Gaspard zu kümmern. Geht klar , sage ich telepathisch. Tu du, was du tun musst. Vincent steht auf und bittet alle Anwesenden, sich um das Feuer zu versammeln.
    Während wir dabei
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