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Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt

Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt

Titel: Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt
Autoren: Patmos
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für andere. Besonders aber liebte sie ihre Mitschwestern im Kloster, und auch wenn sie dort bald zur Priorin gewählt wurde und den anderen vorstehen sollte, war sie wie eine Mutter zu ihnen. Für viele war das Leben im Kloster ganz schön schwierig, denn einige der Mitschwestern von Klara kamen wie sie aus reichen Familien. Sie waren es gewohnt, alles zu haben, was sie sich denken konnten: schöne Kleider, genug zu essen, Freunde und Familie. Hier im Kloster schliefen sie nun auf Strohsäcken auf der Erde, hatten nur ein Kleid, das außerdem noch ziemlich rau war, und sie mussten arbeiten, um etwas zu essen zu haben. Aber auch die Schwestern, die die Armut gewohnt waren, fühlten sich oft einsam, so ganz ohne ihre Familie.
    Daher klopfte es häufiger nachts an die Zellentür von Klara – und davor stand eine weinende Schwester, die vor Heimweh nicht schlafen konnte. Klara nahm sie in den Arm und tröstete sie. Sie hörte sich allen Kummer an. Und wenn dann die Tränen ein wenig getrocknet waren, schickte Klara sie wieder in ihre Zelle mit den Worten: „Sei nicht traurig. Morgen, wenn die Sonne aufgeht und dir warm auf das Gesicht scheint, wenn du spürst, wie der neue Tag erwacht, wirst du merken, dass Gott dich in seiner Hand hält bei allem, was du tust, und du wirst lächeln.“ Und so war es dann auch.
    Je mehr Frauen nach San Damiano kamen, desto schwieriger wurde es oft für Klara, genug zu essen für alle zu beschaffen. Und so kam es vor, dass sie über Tage nichts mehr als ein Stückchen Brot hatten und oft genug hungrig ins Bett gehen mussten. An einem solchen Tag waren die Schwestern der Verzweiflung nah, weil sie am Abend nichts weiter auszuteilen hatten als einen winzigen Brotlaib, der selbst für zwei Menschen schon wenig gewesen wäre. „Klara, was sollen wir tun?“, fragten sie. „Wir haben seit drei Tagen so gut wie nichts gegessen. Nachts können wir vor Hunger nicht schlafen. Und wenn es so weitergeht, können wir nicht mal mehr im Garten arbeiten, weil wir zu schwach sind dafür! Wenn wir jetzt dieses winzige bisschen Brot verteilen, bekommt keiner genug. Sollen wir es nicht lieber nur an zwei Schwestern ausgeben, die dann morgen stark genug sind, um Vorräte zu beschaffen? Sie könnten morgen zu den Dorfbewohnern gehen und sie um Hilfe bitten.“
    „Das kommt überhaupt nicht in Frage“, antwortete Klara streng. „Entweder bekommen alle etwas oder keiner!“ Die Schwestern zogen die Köpfe ein. Klara wurde eigentlich nie laut, das waren sie nicht gewohnt. Dann begannen sie untereinander zu tuscheln: „Wie soll das denn gehen? Von Gottvertrauen allein ist noch keiner satt geworden“, sagten die einen, „will sie uns alle verhungern lassen? Wir sind kein Friedhof, sondern ein Kloster!“ die anderen.
    Klara hatte gute Ohren und jede Menge im Kopf. „Kommt alle malher und setzt euch, ich muss euch etwas erzählen.“ Widerstrebend kam eine nach der anderen herbei. Dann sagte Klara ganz ruhig: „Ihr seid alle hier, weil ihr leben wollt wie Jesus. Jesus hatte kein Zuhause – ihr habt eines. Ihr seid hier, weil ihr seine frohe Botschaft verkünden wollt – erinnert ihr euch denn, was diese Botschaft war? Jesus hat einmal gesagt: ‚Sorgt euch nicht, was ihr morgen essen und trinken sollt, wo ihr sein werdet und was ihr anziehen sollt. Seht die Lilien auf dem Feld und die Vögel am Himmel: Sie sorgen sich auch nicht, und doch haben sie ein Kleid, das sie tragen können, und jeden Tag genug zu essen.‘ Erinnert ihr euch daran? Und es gibt noch eine zweite Geschichte in der Bibel, in der auch viel von seiner frohen Botschaft steckt: Da kommen fünftausend Menschen, um Jesus zuzuhören, und als es Abend wird, haben alle Hunger. Die Jünger gehen zu Jesus und sagen zu ihm: ‚Du, wir haben nur zwei Fische und fünf Brote, davon können nicht alle satt werden. Schick die Menschen weg, sie sollen bei den Bauern in der Umgebung nach Essen fragen.‘ Aber Jesus schickt keinen Einzigen weg. Er bricht das Brot und zerteilt die Fische und spricht einen Segen darüber. Dann verteilt er alles – und sie werden satt! Fünftausend Menschen! Und das nur, weil sie Jesus vertraut haben und weil sie bereit waren zu teilen. Ihr seid hier, um wie Jesus zu leben – dann lasst uns das auch tun! Und jetzt teilen wir das Brot an alle aus, so klein es auch ist.“
    Die Schwestern sahen ein wenig betreten auf den Boden – Klara hatte ja recht! Aber das mit dem Brot und den fünftausend Menschen, das war eine
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