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Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt

Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt

Titel: Von ängstlichen Drachen, halben Mänteln und zahmen Wölfen - die schönsten Heiligenlegenden neu erzählt
Autoren: Patmos
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alte Geschichte, das war damals passiert, als Jesus noch lebte. Heute würde das winzige Brot einfach nicht reichen, damit alle satt wurden. Die Schwestern seufzten und machten sich auf eine weitere schlaflose Nacht gefasst, in der ihnen der Hunger wieder in den Bauch und ins Herz kriechen würde. Dennoch nahmen sie die Brotkörbe und teilten den Brotlaib in möglichst kleine Stücke, damit jeder zumindest etwas bekommen würde, auf dem er für einen Augenblick herumkauen konnte. Klara sprach den Segen über den Brotstücken und dann verteilten die Schwestern alles. Sie saßen zusammen und sprachen über das, was Klara eben gesagt hatte. Und je länger siesaßen, desto fröhlicher wurden sie. Die Zeit flog dahin und plötzlich schlug die Glocke zur letzten Betzeit des Tages. „Komisch, irgendwie habe ich gar keinen Hunger mehr“, sagte die eine zur anderen. „Und ich habe das Gefühl, als hätte ich lange nicht mehr so viel zu Abend gegessen!“, meinte die andere. Schnell sammelten sie die Brotkörbe ein, um dann gemeinsam in die Kirche zu gehen.
    „Das kann nicht sein!“, hörte man plötzlich eine Schwester sagen. „Schaut! Nicht nur, dass überhaupt von diesem winzigen Brotlaib noch etwas übrig ist, es sind mehr als drei Körbe voll! Und nicht eine von uns muss hungrig ins Bett gehen!“ Die Schwestern standen wie angewurzelt und schauten Klara aus großen Augen an. Doch Klara lächelte nur. „Habe ich es euch nicht gesagt? Wer teilt, bekommt mehr zurück, als er gegeben hat. Und wer sich nicht zu viele Sorgen macht, der bekommt so oft alles geschenkt. Und jetzt: Seid nicht weiter traurig. Morgen, wenn die Sonne aufgeht und euch warm auf das Gesicht scheint, wenn ihr spürt, wie der neue Tag erwacht, werdet ihr merken, dass Gott euch in seiner Hand hält bei allem, was ihr tut, und ihr werdet lächeln.“ Und dann gingen alle gemeinsam zum letzten Gebet des Tages. Dabei lag ein Schimmer auf ihren Gesichtern, der heller strahlte als alle Kerzen in der Kirche.
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    Namenstag:
    11. August

Wie Hubertus seine Trauer verjagte
    Hubertus war wütend. Und traurig. Und dann beides zusammen. „Wie kannst du das zulassen, Gott?“, brüllte er. Hubertus stand auf seinem Lieblingsberg und schaute auf das Tal unter ihm. Weit hinten am Horizont konnte er den Rauch aus den Hütten seines Dorfes aufsteigen sehen. Doch dahin würde er nicht mehr zurückkehren. Sein Platz war jetzt hier in der Einsamkeit des Waldes. Denn da unten, noch hinter den Hütten, war der kleine Friedhof, wo seine Frau jetzt in einem kalten Grab lag. „Wie konntest du nur?“, brüllte Hubertus noch einmal über das ganze Tal. Der Priester und alle hatten ihm gesagt, dass er nur feste und oft genug beten müsse, dann werde seine Frau wieder gesund. War sie aber nicht! Sie war in seinem Arm gestorben und hatte ihn allein zurückgelassen. Dabei hatte er so viel gebetet! Alles tat ihm weh, sein ganzer Körper und vor allem seine Seele. Er konnte es noch immer nicht so wirklich begreifen, was da geschehen war.
    Nach der Beerdigung hatte er ein Bündel mit Vorrat gepackt, sein Pferd gesattelt, seinen Bogen umgehangen und war aus dem Dorf geritten. „Hubertus, wohin willst du?“, hatten ihn die Nachbarn besorgt gefragt. „Weg!“, hatte er sie angebellt, „weg von diesem Grab, weg von euch, weg von diesem Priester. Ihr alle habt gelogen! Hier kann ich nicht mehr leben.“ Und damit hatte er seinem Pferd die Sporen gegeben. Nun lebte er in seiner kleinen Jagdhütte auf seinem Lieblingsberg mitten in den Ardennen. Aber die Wut blieb. Und traurig war er noch immer. Und es tat ihm auch immer noch alles weh.
    „Wenn es dir so egal ist, was mit deinen Geschöpfen passiert, dann spielt es doch auch keine Rolle, ob sie tot oder lebendig sind!“, rief Hubertus in den Wind. Ob Gott ihn wohl hörte? Das wollte er ausprobieren!
    Er sattelte sein Pferd und schnallte sich den Köcher mit den spitzen Pfeilen auf den Rücken. Dann nahm er den Bogen und saß auf. Hubertus ritt tief in den Wald hinein und erlegte mit seinen Pfeilen innerhalb von kurzer Zeit einen Fuchs, drei Kaninchen und einen Frischling, der so dumm gewesen war, sich am Tag auf die Suche nach etwas zu fressen zu machen. Bei jedem tödlichen Schuss dachte Hubertus: „Das ist für meine Frau! Wenn sie nicht leben darf, dann du auch nicht!“
    An diesem Tag nahm er seine Beute mit nach Hause und zog allen das Fell ab. Dann machte er Feuer und kochte eines der Kaninchen in einem Kessel darüber.
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