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Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Titel: Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
Autoren: Sylvester Walch
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Freunde oder anregende Milieus, die zum Lernen herausfordern. Es ist eine ungewohnte Sprache, die wir lernen müssen, wenn wir uns darauf einlassen. Unser eigener Geist wird dann zum Ort radikaler Veränderung. Gelingt dies, so ändern sich auch die Umstände. Wenn wir diese Einstellung, die mit dem Satz »Alles ist zum Besten« ausgedrückt werden kann, inmitten des Alltags verwirklichen, werden Furchtlosigkeit, Gelassenheit und tiefer Frieden unser Leben mit neuen Qualitäten bereichern. Das Leben mit seinen Krisen und Übergängen wird dann zu einem täglichen Abenteuer, getragen von einem universalen, zeitlosen und beständigen Wesensgrund, von dem her sich Polaritäten und Bewertungen in das Ganze einordnen und ihre Gegensätze auflösen. Das individuelle Leben existiert nicht mehr für sich alleine, sondern ist mit dem Seinsganzen verwoben, das beständig in die Wesensnatur des Menschen einfließt und sich durch ihn verwirklicht. So erscheint auch das Schicksal in einem anderen Licht, denn es will den Menschen darauf vorbereiten, dem Ganzen zu dienen, was seine eigentliche Lebensaufgabe ist. Im Dasein verwirklicht sich das Sein, und in der Person entfaltet sich die innere Weisheit, die Kraft des Universalen. Wenn wir dem vertrauensvoll zustimmen, vollzieht sich im Alltag der schöpferische Wille.

Die Weisheit liegt im Inneren
    H erausragende Erfindungen, künstlerische Werke, psychotherapeutische Prozesse oder spirituelle Übungen sind das Ergebnis vielfältigster Erkenntnisprozesse. Ohne die Fähigkeit, zu erkennen, gäbe es keine kulturelle Entwicklung. Um aus Erfahrung zu lernen, Erlebnisse zu verarbeiten und sich seiner selbst bewusst zu werden, braucht es den Blick nach innen.
    Wenn wir etwas verstehen wollen, sollten wir es nicht nur beobachten, sondern müssen tief hineintauchen, es durchdringen und mit ihm eins werden. Im gewöhnlichen Erkennen werden die Sinnesorgane von Reizen erregt und die Empfindungen mit Hilfe von Bewusstseinsakten interpretiert und in einen größeren Zusammenhang integriert. So können wir unser Leben vortrefflich organisieren und funktional einrichten. Ohne lange nachzudenken, steigen wir beispielsweise ins Auto, fahren eine bestimmte Strecke, achten dabei auf die Verkehrsregeln, und legen die letzten Meter zum Büro zu Fuß zurück. Dass dabei unzählige Eindrücke verarbeitet werden, beschäftigt uns nicht weiter. Erst wenn Schwierigkeiten auftreten, wird bewusst, wie viele automatisierte Routinen unseren Alltag steuern. Die Evolution hat den Menschen mit Anlagen, Ressourcen und Potenzialen ausgestattet, die sein Überleben sichern können. Nur jene Informationen, die dafür benötigt werden, passieren die inneren Filter. Das, was wir von der Welt und uns selbst mitbekommen, ist nur ein Bruchteil dessen, was sich wirklich ereignet, und somit immer begrenzt und selektiv. Nie erfassen wir die ganze Wirklichkeit. Würden alle verfügbaren Informationen auf uns einströmen, wäre das eine Überforderung. Wenn wir jedoch vor komplexeren Lebensfragen stehen, wie etwa Berufsentscheidungen oder der Wahl eines Partners, führt erst eine Erweiterung und Vertiefung von Wahrnehmungsprozessen zu guten Resultaten. Dazu muss ich meine Fähigkeiten, Schwächen und Talente kennen, über mein Temperaments- und Persönlichkeitsprofil Bescheid wissen und herausfinden, wohin sich meine Interessen richten. Erst durch die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis sind wir in der Lage, den richtigen Lebensweg einzuschlagen. Es ist nur dem Menschen möglich, sich selbst zu erforschen und über sich selbst nachzudenken. Die älteste aller Wissenschaften, die Philosophie, ist eine Frucht der Selbsterkenntnis. Sie war der Ausgangspunkt für die Entstehung von Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften, Kunst und Kultur. Ganzheitlich betrachtet, sind Mensch und Natur miteinander verbunden, so dass sich Selbst- und Naturerkenntnis ergänzen.
    Will man herausfinden, wie wir genau erkennen, stößt man jedoch auf unüberwindliche Hürden. Wir können die Bedingungen, die auf die Erkenntnis einwirken, nicht gänzlich hinter uns lassen, so wie wir mit der rechten Hand nicht die rechte Hand ergreifen können. Wenn es unmöglich ist, die Erkenntnisse von den sie bedingenden Strukturen zu befreien, tappen wir im Grunde im Dunkeln. Um redlich zu sein, müssen wir uns das eingestehen, denn sonst ergeht es uns wie den vier Blinden, die unabhängig voneinander einen Elefanten beschreiben wollen. Der eine hat einen Fuß in
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