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Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Titel: Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
Autoren: Andreas M. Sturm
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unterbrach ihre Arbeit nur kurz, um ein Telefonat zu führen und die Keksdose zu öffnen, die sie in bequeme Reichweite stellte.
    Als nach Stunden das Telefon klingelte, schreckte sie hoch und stellte fest, dass es dunkel geworden war. Wie üblich hatte sie die Zeit beim Arbeiten vergessen. Karin rief mit ihrem Handy an und teilte ihr mit, dass sie nicht extra ins Büro zurückkomme und fragte, ob Sandra noch etwas erfahren konnte.
    »Wir haben morgen 9 Uhr einen Termin bei Frau Adler, das ist die Ex des Opfers. Sie wohnt in Dresden-Plauen. Ist dir das recht?«
    »Ja, das ist okay. Wo wollen wir uns treffen? Und in welcher Ecke wohnst du eigentlich?«
    »In Klotzsche. Da ist es vielleicht am günstigsten, wir treffen uns im Büro.«
    »Einverstanden. Mach nicht mehr so lange und einen schönen Abend noch. Tschüss.«
    Mit ihrer Suche in den einschlägigen Datenbanken war Sandra fertig und in Anbetracht der späten Stunde packte sie schnell zusammen, um Feierabend zu machen. Da fiel ihr Blick in das Innere der geöffneten Keksdose. Von Keksen war keine Spur mehr vorhanden. Sie hatte, ganz in die Arbeit versunken, alle aufgegessen. Trotzdem verschloss sie die Dose sorgfältig und stellte sie an den alten Platz zurück. Das würde sie Karin morgen schonend beibringen müssen.
    Wie immer war es schwer gewesen, in der Neustadt einen Parkplatz zu finden. In einer engen Seitenstraße stellte Karin nach längerem Rundendrehen ihren Fiesta ab. Bevor sie den Wagen verließ, steckte sie sich ihre Pistole in den Hosenbund der Jeans. Da sie eine legere Jacke trug, würde niemand die Waffe bemerken. Karin vermied es, wo es nur ging, ihre
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einzusetzen. In ihrer gesamten Dienstlaufbahn war sie noch nie gezwungen gewesen, auf einen Menschen zu schießen, worüber sie sehr dankbar war. Bisher hatte sie die Waffe nur zur Einschüchterung von sehr verstockten Straftätern angewandt. Aber da, wo sie jetzt hinwollte, die Pistole nicht griffbereit zu haben, das wäre Leichtsinn, wenn nicht gar selbstmörderisch gewesen. Wenn Haupt morgen von ihrem jetzigen Himmelfahrtskommando Wind bekäme, stand sowieso Ärger ins Haus.
    Bei der Steuerfahndung hatte sie sich mit dem beruflichen Werdegang von Joachim Haase vertraut gemacht. Nach der Wende fing der studierte Ökonom in einem Steuerbüro an und Anfang 2000 wagte er den Sprung in die Selbstständigkeit. Zu Beginn arbeitete er scheinbar auch noch redlich. Später fand er heraus, dass mit krummen Geschäften mehr zu verdienen war, und verschrieb sich dem einträglichen Geschäft der Geldwäsche. Er rutschte immer tiefer in den Sumpf der Illegalität und geriet ins Visier der Steuerfahndung. Ende letzten Jahres sollte die Schlinge um seinen Hals zugezogen werden, aber Joachim Haase verschwand von der Bildfläche. Einer derjenigen, für die er diverse Geschäfte erledigte, war René Witkowski. Er war der Grund, weshalb Karin spät abends der Dresdner Neustadt einen Besuch abstattete. Ihre Beziehung zu Witkowski reichte schon über zehn Jahre zurück. Witkowski wurde ›Das Krokodil‹ genannt. Der Name rührte von seiner Vorliebe für Krokodilklappmesser her, die er zu Beginn seiner Karriere gern verwendete, um Konkurrenten und andere ihm missliebige Personen einzuschüchtern oder zu foltern. Durch Gewissenlosigkeit und den Einsatz von Gewalt gepaart mit Schläue arbeitete sich ›Das Krokodil‹ vom Türsteher bis zum Chef einer Organisation hoch, die ihr Geld mit Prostitution, Schutzgelderpressung und Drogen machte. Karin wusste, dass er in mindestens drei Tötungsdelikte involviert war. An das menschenunwürdige Leben, das er den meist aus Osteuropa stammenden jungen Frauen bereitete, die er zur Prostitution zwang, wollte Karin gar nicht denken. Es wurmte sie sehr, dass es ihr bis jetzt noch nicht gelungen war, ihn eines der von ihm begangenen Verbrechen zu überführen. ›Das Krokodil‹ war Karins Wunschkandidat Nummer eins für einen schönen Platz in einer kargen Zelle. Dass die Welt und vor allem ihre geliebte Stadt Dresden ein schönerer Ort sein würde, wenn Witkowski gesiebte Luft atmete, davon war Karin fest überzeugt. Deshalb machte ihr Herz einen Freudensprung, als sie bei der Steuerfahndung erfuhr, dass Witkowski der Hauptklient von Joachim Haases Steuerbüro gewesen war. Nun war ihr auch klar, wo das viele Geld, welches der Tote in seiner Wohnung versteckt hielt, seinen Ursprung hatte. Joachim Haase hatte ›Das Krokodil‹ bestohlen, und da er sich denken konnte,
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