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Vollmeisen

Vollmeisen

Titel: Vollmeisen
Autoren: Klein Kerstin
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ja noch von Glück reden, dass ich nicht ohne Abendbrot ins Bett musste. Von dort aus rief ich gleich Britt an und verabredete mich mit ihr abends in der Red Hot Chili Bar .
    Hier schüttete ich ihr dann spätabends mein Herz aus, was ihr Herz allerdings nicht im Mindesten rührte. Genau genommen lachte sie sich halb tot, besonders über die Anwandlungen des Herrn Eckel und über mich gemeinsam mit meinen Eltern vor der Glotze: »Ich sehe euch drei direkt vor mir, alle in den gleichen Jogginganzügen von Tchibo , mit Lederpuschen an den Füßen und wild am Mitraten.« Sie kriegte sich vor Lachen gar nicht mehr ein und erntete von anderen Gästen missbilligende Blicke, in diesem Club war Coolness angesagt.
    Â»Freut mich, dass ich zu deiner Erheiterung beitrage«, zischte ich, »aber hilf mir lieber, aus diesem Horrorhaus rauszukommen. Du kennst doch Gott und die Welt, weißt du nicht jemanden, der einen Job zu vergeben hat? Am besten einen, wo mir niemand die Schuhe ablecken will.«
    Britt sah mich verwirrt an. »Hast du heute mit Hubert telefoniert?«
    Â»Nee, hab ich nicht, wieso?«
    Â»Ist ja witzig«, sagte sie, »vorhin hat er mir gesagt, ich soll über einen Job mit dir sprechen. Ich weiß nicht, ob das was für dich ist, aber du bist ja zum Glück nicht pingelig.«
    O Gott, was kam jetzt? Klos putzen in einer Großraumdiskothek? Rinderhälften tragen im Schlachthof? Ich guckte Britt entsetzt an und seufzte: »O doch, ich bin pingelig. Ich mag keinen Dreck unter den Fingernägeln, und ich fische keine Kondome aus versifften Disco-Klos.«
    Â»Hä? Was für Disco-Klos? Nee, Hubert hat da an einen Klienten von sich gedacht, der sucht schon länger eine Assistentin und findet keine. Super Arbeitszeiten und noch bessere Bezahlung.«
    Ich schaute meine Freundin böse an. »Ach ja? Und wo ist der Haken? Wenn der Job so gut ist, warum will den denn keiner machen, hä?«
    Britt wand sich ein bisschen und entschloss sich dann zum Gegenangriff: »Meine Güte, sei doch nicht immer so misstrauisch. Außerdem kannst du es dir nicht leisten, wählerisch zu sein, oder?«
    Okay, das stimmte.
    Â»Der Mann ist Produzent für, na ja, also, gewissermaßen Filme für Erwachsene, okay? Und er braucht jemanden, der für ihn tippt, ans Telefon geht und all solche Assistenten-Sachen macht eben.«
    O nein. Vom Lack und Leder -Versand rein in die tiefste Pornobranche. Aber wo Britt recht hatte, hatte sie recht. Ich konnte es mir nicht leisten, wählerisch zu sein, und anschauen konnte ich mir diesen Typen ja mal. Außerdem, wenn selbst meine Mutter mich für ein gefallenes Mädchen hielt, was hatte ich zu verlieren? Also instruierte Britt ihren Hubert, und zwei Tage später sollte ich mich bei einer Firma namens Big Balls vorstellen.
    Am nächsten Tag versuchte ich wieder, Simon oder seine Firma zu erreichen, beides Fehlanzeige. Also würde ich mal persönlich an meine alte Wirkungsstätte zurückkehren. Ich brauchte eine Stunde, um mich so zu stylen, dass es Simon bei meinem scharfen Anblick sofort bitter bereuen würde, mich abserviert zu haben. Während ich über den Parkplatz von Lack und Leder stöckelte, musste ich immer wieder an meinem Stretchmini herumziehen. Vielleicht waren es mittlerweile schon mehr als zwei Kilo zu viel, jedenfalls rutschte der Mini ständig meine Oberschenkel hoch. Die mir irgendwie stämmig vorkamen. War aber bestimmt nur Einbildung.
    Am Empfang saß nicht wie üblich Kristin, sondern ein Stripper in Polizei-Uniform. Simon hatte kurz vor meinem Rauswurf sein Angebot noch um eine Stripper-Abteilung erweitert, über die man scharfe Typen für Partys und so weiter buchen konnte. Das hätte ihm auch ruhig schon früher mal einfallen können. So süße Typen wie den da gab es früher in der Firma nicht.
    Â»Hallo Süßer«, schnurrte ich ihn an, »krieg ich eine Gratisvorstellung?« Der Mann starrte mich an. »Oh, Sie nicht sprechen Deutsch, ja? Ich bin Alice. Ich mag Stripper.«
    Der Mann stand auf und sagte nur: »Ihren Ausweis, bitte.«
    Â»Aha, doch der deutschen Sprache mächtig, wie? Gehört das zur Show?«
    Er kam mir bedrohlich näher, und auf einmal fiel mir auf, dass die Uniform ziemlich echt aussah. Oje, das war kein Stripper, das war ja wirklich ein Polizist! »Ach herrje, Entschuldigung. Sie sind wohl gar keiner der
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