Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
ruhig. »Wir bleiben hier.«
    »Warum?« erwiderte sie.
    Victor gestikulierte vage. »Wir können die Höhle erst verlassen, wenn alle anderen fort sind. So verlangt es die Magie von Holy Wood. Wir benutzen sie, aber sie benutzt auch uns. Außerdem: Möchtest du nicht sehen, wie alles endet?«
    »Ja. Aber nicht aus unmittelbarer Nähe.«
    »Nun, laß es mich anders ausdrücken: Es dauert einige Minuten, bis alle draußen sind. Wenn wir uns bis dahin gedulden, versperrt uns bei der Flucht niemand den Weg.«
    Sie hörten Schreie im Foyer, als sich die ehemaligen Zuschauer in den Tunnel drängten.
    Victor ging durch den jetzt leeren Mittelgang zur hintersten Sitzreihe und nahm dort Platz.
    »Ich hoffe, der gute alte Detritus hat Grips genug, um sich diesmal nicht damit aufzuhalten, die Decke zu stützen.«
    Ginger seufzte und setzte sich neben ihn.
    Tugelbend legte die Füße auf den Stuhl vor sich und kramte in den Taschen.
    »Möchtest du ein paar Knallkörner?« fragte er.
    Der Goldene stand unter der Leinwand und hielt den Kopf gesenkt. »Weißt du, er sieht tatsächlich wie mein Onkel Oswald aus«, murmelte Ginger.
    Das weiße Rechteck wurde so plötzlich dunkel, daß die heranströmende Finsternis zu rauschen schien.
    Auf diese Weise ist es sicher oft geschehen, dachte Victor. In vielen anderen Universen. Die wilde Idee kommt, und dann erwacht der goldene Mann namens Oswald. Um sie unter Kontrolle zu bringen. Oder so. Ganz gleich, wo ein Holy Wood entsteht – Osric ist immer in der Nähe.
    Ein Punkt aus purpurnem Licht erschien und dehnte sich aus. Victor glaubte, in einen Strudel zu stürzen.
    Die goldene Gestalt hob den Kopf.
    Der düstere Glanz zitterte, und es wogte darin. Die Leinwand existierte nicht mehr. Etwas versuchte, ins Diesseits zu gelangen. Es war kein Bild am anderen Ende des Saals, sondern ein Ding, das sich verzweifelt bemühte, in die Wirklichkeit zu wechseln.
    Der Goldene holte mit seinem Schwert aus.
    Victor berührte Gingers Schulter.
    »Jetzt sollten wir besser gehen«, sagte er.
    Die Klinge des Wächters traf das Ziel. Goldenes Gleißen füllte die Höhle.
    Victor und seine Begleiterin stürmten bereits die Treppe zum Foyer hinunter, als es zur ersten Erschütterung kam. Sie starrten zur dunklen Tunnelöffnung.
    »Dort bringen mich keine zehn Pferde hinein!« sagte Ginger. »Ich möchte nicht noch einmal da drin festsitzen.«
    Vor ihnen führten andere Stufen ins Meer. Bestimmt brauchte man nur wenige Meter zurückzulegen, um jenseits des Hügels aufzutauchen, aber das Wasser war schwarz wie Tinte und wirkte ausgesprochen unheimlich.
    »Kannst du schwimmen?« erkundigte sich Victor. Hinter ihnen kippte eine Säule und schmetterte auf den Boden. Schrilles Heulen drang aus der Kino-Höhle.
    »Nicht sehr gut«, antwortete Ginger.
    »Ich auch nicht.« Das Heulen wurde zu einem ohrenbetäubenden Kreischen, und irgendwo donnerte es.
    »Wie dem auch sei…« Victor griff nach Gingers Hand. »Dies ist eine gute Gelegenheit, um schnell zu lernen, besser zu schwimmen.«
    Sie sprangen.
     
    Fünfzig Meter vor dem Strand kehrte Victor an die Wasseroberfläche zurück und schnappte nach Luft. Dicht neben ihm prustete Ginger. Sie schwammen und sahen zum Land.
    Die Erde bebte.
    Man hatte Holy Woods Gebäude mit Hilfe von nicht abgelagertem Holz und kurzen Nägeln errichtet. Sie stürzten nun wie Kartenhäuser ein. Hier und dort wiesen kleine Explosionen auf Vorräte an Okto-Zellulose hin. Die Städte aus bemaltem Leinen und Berge aus Gips zeigten nur wenig Stabilität, als der Boden unter ihnen zitterte.
    In dem Chaos liefen die Bürger von Holy Wood um ihr Leben. Sie wichen Planken aus, sprangen über Balken hinweg und ließen sich durch nichts aufhalten. Kurbeldreher, Schauspieler, Alchimisten, Kobolde, Trolle und Zwerge… Sie rannten wie Ameisen, deren Haufen in Flammen steht, hielten den Kopf gesenkt, während die Beine wie Kolben stampften und der Blick am Horizont festklebte.
    Ein Teil des Hügels gab nach.
    Zwei oder drei Sekunden lang glaubte Victor, die riesige goldene Gestalt von Osbert zu sehen, so substanzlos wie Staubkörner in einem Lichtstrahl. Der Wächter schwang weitausholend sein Schwert…
    Und verschwand.
     
    Victor half Ginger an Land.
    Kurze Zeit später erreichten sie die Hauptstraße. Stille herrschte dort, abgesehen von einem gelegentlichen Krachen und Knirschen, wenn lockere Bretter von Gebäuderesten herabfielen.
    Sie traten an zerfetzten Kulissen und auseinandergebrochenen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher