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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest
Autoren: Rainer Nikowitz
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dann aus seinem Trichter nach oben.
    «Brav ist er!», gurrte Suchanek dämlich und winkte dem geplagten Tier. Der Schwanz des Hundes bewegte sich sachte hin und her. Er wedelte schon wieder! War das nicht allerliebst? Der arme Kerl war so lange im Haus eingesperrt gewesen. Und Suchanek hatte nicht den Eindruck, dass seine Schuld ihm gegenüber schon beglichen war. Zeit genug, bis seine Eltern kamen, war noch. Da ging sich auf jeden Fall noch ein netter Belohnungsspaziergang aus.
    Eine Viertelstunde später bog Suchanek, einen diesmal durchaus erfreuten Hund an der Leine, aus der Sackgasse auf die Gstettenstraße hinaus. Und der Hund zog energisch Richtung Lacke. Wahrscheinlich konnte er den Willi immer noch riechen. So oft kam man ja als Wulzendorfer Haushund nicht in den Genuss, echtes Menschenaas in der Nase haben zu dürfen. Also gab Suchanek dem Ziehen nach.
    Tatsächlich steuerte der Hund ohne Umschweife das Rohr an und begann begeistert herumzuschnüffeln, wo gestern die mit Willi-Aroma gewürzte Gatschsuppe versickert war.
    Über dem schmalen Schilfstreifen am linken Ufer thronte ein Hut. Ein sehr charakteristischer Hut, mit ganz vielen Wandernadeln, Wappen und sonstigen Trophäen drauf. Der Schneckerl war sicherlich heilfroh, dass an seinem Wasser wieder Ruhe eingekehrt war. Und dass die Fische überlebt hatten, weil die befürchtete Wasserverschmutzung durch den Inhalt des Rohres dann doch nicht eingetreten war. Und nur der Willi kurz in der Lacke auf Tauchstation gegangen war. Quasi sein ganzes Auto besuchen.
    «Suchanek!»
    Schneckerl war aufgestanden, winkte Suchanek übers Wasser her zu und deutete dann auf die bauchige grüne Flasche, die er in der anderen Hand hielt. «Komm her! Nimm einen Hacker!»
    Suchanek mühte sich hoch, deutete dem Hund mit einer Kopfbewegung, er solle mitkommen. Dann gingen sie am Ufer entlang zu Schneckerl. Der hielt Suchanek die Flasche entgegen.
    «Danke. Ist sehr nett von dir, aber ich muss heute noch nach Wien fahren», sagte Suchanek. Es war eine Sache, zugekifft zu fahren. Aber besoffen auch noch?
    Schneckerl zog die Hand mit der Flasche zurück. «Dann kriegst du nichts», sagte er ernst. «Mit der depperten Fahrerei passiert eh so viel.»
    «Beißen sie?», fragte Suchanek.
    Schneckerl schüttelte den Kopf.
    «Ach so, ja», lächelte Suchanek. «Seit dem Atom nicht mehr.»
    Schneckerl nickte erregt. «Genau. Und wegen dem ganzen Dreck, der da drinliegt.»
    «Aber jetzt ist aus dem Rohr eh nichts Schlimmes rausgekommen», beruhigte ihn Suchanek. «Außer dem Willi.»
    «Da war vorher schon genug drin.»
    Suchanek schaute über das Wasser hinweg zu Willis Werkstatt. Das war natürlich ausnehmend praktisch gewesen für den Feinmechaniker. Von seiner Ausfahrt zehn Meter geradeaus – und da war das Loch.
    «Das hat der Bertl auch gesagt», schob Schneckerl nach.
    Der Bertl? Wieso der Bertl?
    «Wieso der Bertl?»
    «Na, wie er da mit seiner Flasche und den Flossen herumgetaucht ist.»
    Flasche, Flossen …? Ach, der Bertl war also der verrückte Feuerwehrtaucher gewesen, der hier allein einen Tauchgang gemacht hatte! Das sah ihm ähnlich. Wobei es ja ein Wunder war, dass es Taucherbrillen gab, die man auf diese Kopfgröße einstellen konnte. Da musste man der Wirtschaft einmal wirklich ein Kompliment machen.
    «Um den Bertl tut’s mir leid», sagte Schneckerl betrübt.
    «Wer weiß, Schneckerl, vielleicht ist ihm ja gar nichts passiert. Vielleicht sitzt er nur irgendwo herum, und der Neuner verrät der Polizei, wo er ist, und morgen kannst du mit ihm ein Viertel trinken darauf, dass eh noch alles gutgegangen ist.»
    Schneckerl schob die Unterlippe vor, nahm einen langgezogenen Schluck aus seinem Doppler und stellte ihn dann wieder ins Wasser.
    «Um den Bertl tut es mir leid», wiederholte er trotzig. «Schon allein wegen den Hasen. Ohne ihn keine Hasen.»
    Nun wollte der Suchanek nicht tiefer in den Schneckerl dringen, um Näheres über Bertls besondere Beziehung zu den Hasen herauszufinden. Mit einem Gesprächspartner wie dem Schneckerl kam man ja leicht einmal vom Hundertsten ins Tausendste. Er wickelte sich die Leine einmal um die Hand und sagte dann: «Ich muss weiter, Schneckerl. Wir werden uns jetzt wieder länger nicht sehen. Mach’s gut.»
    Er streckte ihm die Hand entgegen. Schneckerl schüttelte sie abwesend. «Auf Wien fahrst du also», sagte er. «Was machst du denn leicht dort?»
    «Wohnen.»
    «Ah eh.»
    Suchanek kletterte die Böschung hinauf und ging
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