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Vögelfrei

Titel: Vögelfrei
Autoren: Sophie Andresky
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heute zum letzten Mal tun. Die Zeit, in der mich derartige Konventionen interessiert haben, ist vorbei.
    Sie war vorbei in dem Moment, als mein Mann seine Beichte beendet hatte und ich langsam, ganz langsam wieder Luft bekam. Was an diesem Abend sonst noch passierte, mag ich jetzt nicht erzählen, aber schließlich kam es zu folgendem Deal: Ein Jahr habe ich von ihm gefordert. Eine Revanche, einen Ausgleich, eine Buße. Ein Jahr, in dem ich alles tun darf, was ich will. Am Anfang war es nur Rache, dann Neugierde, inzwischen aber ist es
Lust, denn seitdem weiß ich, dass »nur Sex« nie »nur Sex« ist, auch für mich nicht. Es hat immer in mir gesteckt, diese Kraft, diese Gewalt, dieser Hunger. Ich bin auf meine Kosten gekommen, könnte man sagen.
    Da muss ich lächeln, während der Caterer mit kurzen, harten Stößen in meine Möse fickt und ich mich auf der Fensterbank abstütze und auf die Uhr sehe, ob uns gleich die Gäste überraschen. Im Grunde ist der Fick mit dem Caterer genau der richtige Aperitif, denn heute wird vieles zum letzten Mal passieren.
    Es ist ein folgerichtiger, fast symbolischer, dazu wirklich angenehmer, ich möchte nicht sagen Höhepunkt, da würde ich den schnaufenden Caterer überbewerten, aber ein schöner Abschluss. Und ein gelungener Auftakt für den Abend und die Gäste, die jetzt prompt klingeln. Das passt mir gut, so muss ich keine Konversation mehr betreiben, sondern nur noch den entladenen Catererschwanz aus meiner Muschi entlassen, mir das Kleid zuknöpfen, die Kapuze zurückschlagen und den guten Mann mit einem freundlichen Kopfnicken verabschieden.
    Er rafft seine Jeans in der Taille zusammen, dreht sich im Kreis, schaut nach, ob er irgendetwas vergessen hat, verbeugt sich mehrmals im Rausgehen, stößt dabei an einen Stuhl und macht einen so konfusen Eindruck wie diese hektisch durch Labyrinthe irrenden Figuren in Computerspielen. Jannik greift sich die Papiere und die Blechkronen von der Fensterbank und führt den Caterer Richtung Küche. Möge er sich dort wieder herrichten, damit er draußen nicht als Exhibitionist verhaftet wird.

    Barfüßig, mit aufgetürmtem Haar, orientalisch geschminkten Augen und einem Glas Champagner in der Hand streiche ich mir über die feuchte Stirn. So erwarte ich die Gäste meiner Soiree, die, da bin ich sicher, ganz anders werden wird, als einige von ihnen erwarten.
    Ich gehe in Gedanken noch einmal durch, wen ich eingeladen habe. Sechs Gäste, vier Männer und zwei Frauen, die alle etwas gemeinsam haben, nämlich mich. Allerdings wissen sie das nicht. Ich habe sie alle innerhalb dieses einen Jahres kennen-, manche lieben und manche hassen gelernt. Als ich daran denke, wer nicht mit uns am Tisch sitzen wird, steigt ein bitteres Gefühl in mir hoch wie schwarze Seifenblasen. Ich wäre gern abgebrüht, aber ich vermisse ihn in solchen Momenten immer noch, meinen Mann. Ich nippe am Champagner, doch die Dumpfheit in der Magengrube bleibt. Mit allen meinen Gästen habe ich geschlafen. Sex ist etwas, das ich kann; mein Körper ist dafür gemacht. Und mein Geist auch. Ich halte nichts davon, Sex mit viel Theorie zu überfrachten. Ficken soll man fröhlich - und fertig. Für mich ist es wie ein großer Energietank, den ich anzapfen kann und der mich am Leben hält.
    Aber es gibt Nächte, da breiten sich Träume in meinem Kopf aus, die mich beunruhigen. Meine gespreizten Beine in Großaufnahme, in meine Möse schlüpfende Finger, Zungen auf meiner Klit und zwischen den Arschbacken, immer mehr Hände. Schwänze, die in mich eindringen, von vorn und von hinten, Muschis, die sich an mir reiben, die sich an mich pressen, Ströme von Saft und Sperma, Menschen, die zusehen, Anweisungen geben, alles kommentieren. Ich mittendrin, wie ich mich aufbocke,
winde, anbiete. Und die Erregung ist so groß, dass ich glaube zu platzen. Die Szene wird immer wilder; ich bin in einem Bett, mitten in einem Lokal, auf der Bühne eines Theaters, man streichelt mich, fickt mich, mit Zungen, Fingern, Schwänzen. Und immer komme ich an den Punkt, wo es sich entladen muss, all diese aufgestaute Geilheit, am höchsten Punkt der Achterbahn, wo man nur noch die Hände hochreißt und sich hinunterstürzt mit schrillem Geschrei. Doch bei mir passiert in diesen Träumen nichts. Nichts.
    Das Gefühl der Erregung scheint sich bis ins Unendliche steigern zu können, aber ich spüre keine Erlösung. Die Finger, die Zungen, die Schwänze stoßen heftiger, die Schnitte zwischen den einzelnen
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