Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Visionen Der Nacht: Der Tödliche Bann

Visionen Der Nacht: Der Tödliche Bann

Titel: Visionen Der Nacht: Der Tödliche Bann
Autoren: Lisa J. Smith
Vom Netzwerk:
doch in seinen Augen blitzte wieder das blanke Eis, ein kalter, klirrender Wahnsinn, der schrecklicher war als jeder Zorn. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, von dem Kaitlyn Gänsehaut bekam.
    »Ich weiß schon lange, was ich bin«, sagte er im Plauderton. »Der Kristall hat mich nicht verändert, er hat meine Kräfte nur verstärkt. Und dank ihm kann ich mich so akzeptieren, wie ich bin.« Sein Lächeln wurde noch breiter, und Kaitlyn verspürte den Drang zu fliehen. »Wenn du von Natur aus auf der dunklen Seite stehst, kannst du ebenso gut das Beste daraus machen. Dann gehst du am besten gleich dahin, wo du hingehörst.«
    »Also zu Mr Zetes«, flüsterte Anna. Widerwille huschte über ihr hübsches Gesicht.
    Gabriel zuckte mit den Schultern. »Er hat eine Vision. Er glaubt, dass Leute mit meinen Kräften ihren Platz in der Welt haben, und zwar ganz oben. Ich bin dem Rest der lausigen Menschheit haushoch überlegen. Ich bin klüger, stärker, besser. Mir steht die Herrschaft zu. Und ich werde es nicht zulassen, dass ihr mich daran hindert.«

    Kaitlyn rang kopfschüttelnd nach Worten. »Gabriel, das nehme ich dir nicht ab. Du bist doch nicht …«
    »Doch. Und wenn ihr glaubt, ihr könnt verhindern, dass ich mir den Kristallsplitter hole, dann werdet ihr staunen.«
    Wieder wanderte sein Blick zu dem Mahagonitisch. Kaitlyn riss sich zusammen. Rob lag noch immer hilflos am Boden, Lewis und Anna standen da wie versteinert. Niemand außer ihr würde sich ihm in den Weg stellen.
    »Du bekommst ihn nicht«, sagte sie.
    »Geh mir aus dem Weg.«
    »Ich sagte, du bekommst ihn nicht.« Zu ihrer eigenen Überraschung klang ihre Stimme fest und entschieden.
    Er kam näher. Seine grauen Augen waren alles, was sie noch sah. Sie erfüllten die gesamte Welt um sie herum. Zwing mich nicht dazu, Kaitlyn. Ich bin nicht mehr euer Freund, ich bin euer Jäger. Geht nach Hause und haltet euch von Mr Z fern, sonst stößt euch noch etwas Schlimmes zu.
    Kaitlyn sah in sein leichenblasses Gesicht. Wenn du den Kristall haben willst, musst du ihn dir holen.
    »Wie du meinst«, murmelte Gabriel. Ein spinnennetzartiger Schleier legte sich über seine Augen. Kaitlyn spürte seinen Geist wie eine sengende Liebkosung. Dann zerriss sie der Schmerz.

KAPITEL ZWEI
    »Kaitlyn!«
    Kait hörte Rob aus der Ferne rufen, spürte, wie er sich mühsam aufrappelte und, da er nicht auf die Beine kam, auf allen vieren zu ihr kroch. Doch der unerträgliche Schmerz in ihrem Kopf blockte alles andere ab.
    Anna und Lewis waren näher bei ihr. Auch sie hörte Kait rufen.
    »Lass sie los!«
    »Was machst du da mit ihr?«
    Gabriel schob sie beiseite und hörte nicht auf. Der Schmerz wurde stärker, brannte wie Feuer. Kaitlyn hatte so etwas erst einmal erlebt, als sie mit dem Kristall in Verbindung gestanden hatte. Dem großen Monstrum, das Mr Zetes nutzte, um paranormale Kräfte zu verstärken, und mit dem er Menschen folterte.
    In weiß glühenden Wellen erreichten die Qualen rasch ihren Höhepunkt und ließen dann wieder nach, ehe sich die nächste Welle aufbaute. Kaitlyns Muskeln waren so gespannt, dass sie stocksteif dastand, unfähig zu fliehen oder auch nur zu schreien. Sie schwieg nicht aus Heldenmut – sie bekam einfach keinen Ton heraus.

    Hör auf damit, verdammt noch mal! Hör auf!
    Rob hatte sich irgendwie zu ihr durchgeschlagen. Er legte ihr die Hände auf, und seine goldene Heilkraft nahm den Kampf gegen den roten Schmerz auf. Seine Kräfte schützten sie.
    »Lass sie in Ruhe«, rief Rob heiser. Er zog Kaitlyn von Gabriel weg aufs Bett.
    Gabriel betrachtete nachdenklich den nunmehr freien Weg zum Schreibtisch. »Mehr wollte ich doch gar nicht«, murmelte er.
    Er öffnete die mittlere Schublade des Mahagonitisches und nahm den Kristallsplitter heraus.
    Kaitlyn rang nach Luft. Rob legte sie sanft aufs Bett, den einen Arm fest um sie geschlungen. Kait spürte seinen Zorn, Annas Entsetzen und Lewis’ Wut. Überrascht stellte sie fest, dass sie Gabriel gegenüber keinerlei bittere Gefühle hegte. Kurz bevor er sie angegriffen hatte, war etwas Merkwürdiges in seinen Augen gewesen – als müsse er in seinem Innern etwas ausschalten, um es überhaupt über sich zu bringen. Als müsse er seine Gefühle betäuben.
    Gabriel drehte sich zu ihnen um. Der Kristall glitzerte im Halogenlicht der Deckenbeleuchtung. Er hatte die Form des Horns eines Einhorns, war etwa dreißig Zentimeter lang und hatte unzählige scharfe Facetten. Er glitzerte wie ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher