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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis
Autoren: Jessica Martinez
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war in meine Träume geschlüpft und sie war immer noch da gewesen, als ich am nächsten Morgen aufgewacht war.
    Ich hätte wissen müssen, dass es so kommen würde, wenn ich ihn wiedersah. Seit dem Guarneri-Fiasko hatte ich nicht mehr Geige gespielt. Ich hatte meine Geige seit acht Wochen nicht mehr angerührt! Ich besaß nicht mal mehr eine. Ich – Carmen Bianchi!
    Ich hatte die Strad in Chicago zurückgelassen und Thomas und Dorothy Glenn einen Brief geschrieben.
    »Vielen Dank, aber ich brauche die Violine nicht mehr« war alles, was darin stand. Das war genug. Falls sie mehr wissen wollten, mussten sie Diana fragen.
    Ich grinste. Mir diese Unterhaltung vorzustellen entlockte mir jedes Mal ein Lächeln.
    Rechts-links, rechts-links, rechts-links. Ich liebte es, mich ganz dem Rhythmus zu überlassen, das Tempo zu erhöhen und meine Beine dazu zu bringen, noch schneller über den Strand zu wirbeln. Der Nebel vor mir lichtete sich und schob sich langsam auf das Landesinnere zu. Jetzt konnte ich auch den Pfad sehen, der zu Gigis Häuschen führte und die hüfthohe Steinmauer durchteilte, die den Strand umgab.
    Und dort saß Jeremy, mit den Ellenbogen gegen einen Felsen gelehnt.
    Ich wurde langsamer und ging jetzt fast, aber mein Herz machte nicht mit und schlug immer noch wild. Als ich dicht genug war, rief ich: »Ich dachte, du schläfst noch.«
    »Das dachte ich auch.«
    »Bist du immer noch in der Bangkok-Zeitzone?«
    »Ich weiß schon gar nicht mehr, in welcher Zeitzone ich gerade bin, aber die Vögel vor meinem Fenster scheinen sowieso keinen Respekt vor Jetlag zu haben.«
    Ich hielt ein paar Meter vor ihm an. Ihn sehen zu können, zu wissen, dass er bei mir war, dass ich ihn anfassen und ihm in die Augen blicken konnte, schien unwirklich. Mein Blut pochte am Hals und an den Schläfen, pulsierte bis in die Fingerspitzen.
    »Wieso stehst du so weit weg?«
    »Ich bin ganz verschwitzt.«
    »Ist mir egal.«
    Ich kam die letzten paar Schritte auf ihn zu. Er beugte sich vor, legte die Hände um meine Taille und zog mich zu sich. Er hielt mich zwischen seinen Knien. Seine Finger waren warm auf meiner feuchten Haut.
    »Ein Monat war viel zu lang«, sagte er. »Ich habe dich vermisst.«
    Sag das noch mal . »Ich kann nicht fassen, dass du nur zwei Wochen hierbleibst. Dein nächstes Konzert ist in Buenos Aires, habe ich recht? Weißt du schon, was du spielst?«
    Er starrte über meine Schulter hinweg aufs Meer. »Keine Ahnung. Was sollen wir heute machen?«
    Ich beugte mich vor, bis meine Stirn an seiner Schulter ruhte. »Das musst du nicht.«
    »Was?«
    »Du musst nicht jedes Mal das Thema wechseln.« Ich sah zu ihm auf, legte eine Hand auf seine Wange und drehte sein Gesicht zu mir, sodass er mir wieder in die Augen sehen musste. »Du schaffst es doch gar nicht, nicht über das Geigespielen zu reden.«
    »Carmen … Ich will dir nicht wehtun.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das tust du nicht. Echt nicht.«
    Stimmte das? Ich glaubte es zumindest. »Es ist wirklich wahr. Nicht zu Anfang. Da habe ich meine Violine so sehr vermisst, dass mein ganzer Körper schmerzte und ich nur laufen und laufen konnte, bis ich das Gefühl hatte, mich übergeben zu müssen.«
    »Das tut mir leid«, antwortete er und sah zu Boden.
    »Nein, das muss dir überhaupt nicht leidtun.«
    »Mir tut leid, dass dir das alles passiert ist.«
    »Aber jetzt geht es mir doch besser. Ich vermisse es, ja klar, aber … Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll.«
    Er küsste meine Stirn und ich zitterte.
    »Ist dir kalt? Hier, setz dich.« Er machte mir Platz und ich setzte mich vor ihn, sodass er seine Arme um mich legen konnte. Vor uns schimmerte die Sonne und schob den letzten Nebel über uns hinweg.
    Jetzt, Carmen. Sag es ihm jetzt.
    »Ich muss dir was sagen«, begann ich. Ich holte tief Luft. Ich hatte mir jedes einzelne Wort zurechtgelegt, mich dann entschieden, dass ich es ihm nie erzählen würde, dann meine Meinung geändert und dann wieder. Aber jetzt war die Unentschlossenheit endgültig vorbei. Es war das Richtige, nicht, weil ich den Drang danach hatte, es zu beichten oder weil ich dachte, dass er verdient hatte, es zu wissen, sondern weil ich wollte, dass er es verstand.
    »Hast du schon mal was von Inderal gehört?«
    Stille. Sie schien minutenlang zu dauern. Dann antwortete er. »Natürlich. Ich kenne ein paar Leute, die es nehmen. Vielleicht mehr als nur ein paar.«
    Ich blickte auf das Meer hinaus, weil ich nicht die Enttäuschung
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